Pariser Nächte. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844247787
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die Tablette und das Glas entgegen, schluckte die Pille und trank das Glas leer. Er wischte sich den Mund mit der Hand sauber.

      »Wieso haben dich deine Eltern Doktor-Doktor genannt? Das ist ein wirklich komischer Name! Ich bin Cedric«, grinste der junge Vampir.

      »Freut mich sehr, dich kennenzulernen, Cedric. Nenne mich einfach nur Amanda, okay? Doktor ist nicht mein Name, sondern ein Titel. Einer für Medizin und der andere für Molekularbiologie. Ich möchte eine kurze neurologische Untersuchung bei dir machen. Würdest du dich bitte wieder auf das Bett setzen?« Mit freundlicher Geste deutet ihre Hand auf das Bett. Sal war beruhigt, dass Amanda ihre sanfte Seite zeigte.

      Cedric nickte eifrig und nahm auf dem Bett Platz und wirkte ein wenig verunsichert. Die Unsicherheit ihres jungen Patienten blieb Amanda nicht verborgen. Jetzt wurde es auf dem Bett ein wenig eng, denn sie setzte sich auf die anderes Seite, sodass Cedric zwischen Sal und Amanda saß.

      »Es passiert jetzt nichts Schlimmes, ich werde dir weder Schmerzen zufügen, noch dich erschrecken, oder Ähnliches. Bitte, schließe deine Augen und führe erst den rechten, dann den linken Zeigefinger auf deine Nasenspitze.«

      Gebannt wartete sie auf das Ergebnis. Leider holte der Junge etwas zu weit dabei aus und pikte mit seinem Finger in Sals Auge. Vielleicht war der ein oder andere in Cedrics Verwandtschaft ein Dirigent. Das zumindest dachte Amanda. Sal dachte im Moment gar nichts, außer, dass ihm sein Auge weh tat. Und als ob Cedrics Fingerzeig nicht schon reichte, war ihm auch noch die Kontaktlinse unter das Augenlid gerutscht. Schnell sprang er auf und verschwand im Bad. Und das alles ohne Ton, denn er wollte Cedric nicht verunsichern.

      Amanda dagegen konnte sich kaum vor Lachen beherrschen. »Ja, das war schon mal ganz gut, nur war das nicht deine Nase, sondern Sals Auge. Gut, nun bitte mit der linken Hacke auf das rechte Schienbein, vom Knie bis zum Fuß streichen«, sie rutschte ein wenig zur Seite, damit Cedric ihr nicht aus Versehen ins Gesicht trat. Diese ganze Aktion war dem Kleinen mehr als peinlich. Verwirrt sah er Sal hinterher und bedauerte zutiefst, dass er ihm weh getan hatte. Er würde sich bei Sal entschuldigen. Verwirrt versuchte er Amandas Anweisungen zu folgen. Sollte er jetzt mit seiner Hacke auf sein Schienbein oder auf das von der Doktor-Doktor? Bevor er sie noch fragen konnte, klopfte es an die Tür …

      ***

      Wie gesagt, es wurde Zeit, Amanda zu betrachten. Ich klopfte kurz an Sals Zimmertür und streckte den Kopf ins Zimmer. Und das war sie - und sie sah wieder einmal umwerfend aus ... Von vorn, genauso wie von hinten. Schnell legte ich mir ein lockeres Sprüchlein zurecht.

      »Alles klar bei dir? Amanda? Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick? Oder soll ich noch einmal rausgehen und wieder reinkommen?«, fragte ich sie ganz charmant.

      Sie warf mir nur einen vernichtenden Blick zu. »Alles klar, außer, dass ich wegen dieses kleinen Kerls ein Symposium über Meeresbiologie verpasst habe. Klar, geh doch noch einmal raus, dann auf die Straße und lass dich von einem Bus überfahren«, entgegnete sie schnippisch.

      … Habe ich schon erwähnt, dass ich das mag? Vielleicht sollte ich sie mal fragen, ob sie mit mir einen Drink nehmen will. Wenn sie so auf Meeresbiologie steht, könnte ich sie zu mir ins Hotelzimmer einladen und mit ihr ein gemeinsames, anregendes Bad nehmen. Dann können wir "Free Willy" spielen und ich würde ihr einen glückselig machenden Ritt auf meinem Schwertwal spendieren, den sie nie wieder vergessen wird ...

      »Okay, Amanda, meine Zimmernummer ist die 403, komm doch mal vorbei. Ach ja, weitermachen!« Diskret zog ich mich zurück.

       Amanda grunzte. »So ein Idiot!«

      »Äh, Amanda? Soll ich mit meiner Hacke mein, oder dein Schienbein berühren?«, fragte Cedric nach. Ihm war es anscheinend sehr wichtig.

      Amanda schüttelte den Kopf. »Bemühe dich nicht, du bist okay, ich denke es ist kein neurologisches Problem, sondern hat eher etwas mit zu viel Alkohol und ungeschicktem Fleisch zu tun.«

      »Was ist ein Bus, und warum sollte Ragnor sich davon überfahren lassen?«

      »Er sollte sich wirklich nicht von einem Bus überfahren lassen. Er würde wahrscheinlich nur einen sehr großen Schaden anrichten. Dafür hat er nämlich ein echtes Händchen. Sal wird dir erklären, was ein Bus ist.«

      Die Badezimmertür öffnete sich und Sal kam heraus. Sein Auge war leicht gerötet. Vorsichtig peilte er die Ärztin an. »Alles in Ordnung mit Cedric?«

      Amanda nickte. »Eigentlich wollte ich ihn noch rückwärts von zwanzig minus drei zählen lassen, aber ich befürchte, dass er es genauso macht wie Ragnor. Der zählte nämlich: 20-3, 19-3, 18-3 und so weiter, außerdem kann ich es nicht verantworten, dass noch jemand verletzt wird. Er ist soweit okay, ich lasse euch jetzt allein«, sie nickte Cedric zu. »Gute Nacht, Cedric, wir sehen uns dann.«

      Auch Sal nickte ihr zu. »Gute Nacht, Amanda.«

      »Gute Nacht, Amanda! Schön dass ich dich kennenlernen durfte!«, winkte Cedric ihr hinterher.

      Nun wandte er sich wieder Sal zu. »Oh, das wollte ich nicht, mein Finger ist einfach in dein Auge geflogen, tut es sehr weh?«

      »Ach, ist halb so schlimm, mir war nur diese verfluchte Kontaktlinsen unter das Augenlid gerutscht, das artet immer in ein ziemliches Gefummel aus.« Sal setzte sich auf das Bett. Und natürlich war da noch dieser Anruf, der ihm zusetzte. Eine Horde Orks war spurlos verschwunden, einfach vom Radar verschollen, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Doch von dem Anruf, den er im Bad empfangen hatte, erwähnte er nichts, er wollte Cedric nicht beunruhigen, außerdem müsste er dann alles wieder erklären ...

      »Wenn du bereit bist, dann können wir los ... Cedric?«, ratlos kratzte sich der Ältere am Kopf. »Wir können nicht einfach so auf die Gasse gehen. Ich dachte mir, dass ich dich hypnotisiere und dann werde ich dir alles erklären. Ist das in Ordnung für dich?«

      »Hypnotwas?«, fragte der Junge. »Okay, wenn das nicht weh tut, machen wir es so. Wenn wir so nicht raus gehen können, müssen wir es eben so machen!«, überlegte er laut.

      »Glaube mir, es wird gar nicht weh tun. Niemals würde ich dir weh tun. Also dann los.«

      Als Magier und Thaumaturge hatte Sal schon seine Erfahrungen gemacht. Der alte Vampir löste seine Taschenuhr und hielt sie dem Jüngeren vor das Gesicht. »Du musst auf diese Uhr schauen und auf meine Stimme hören.«

      Aufmerksam nickte Cedric und sah gebannt auf die Uhr, die Sal vor ihm hin und her pendeln ließ. »Du bist ganz entspannt, deine Muskeln werden schwerer und schwerer, und du fühlst dich trotz allem leicht wie eine Feder ...

       Um dem Jungen nicht unnütz zu verängstigen, bega nnen sie ihre Reise dort, wo Cedric zuletzt gewesen war. In der Epoche des Mittelalters. Da die Straßen matschig und vom Regen durchnässt waren, hatte sich Sal ein paar Gummistiefel angezogen. Cedric stand neben ihm und betrachtete die Umgebung.

      »Nimm meine Hand, ich werde dir alles zeigen, du brauchst keine Angst haben, denn mit mir an deiner Seite, wird dir nichts zustoßen.«

      Vorsichtig griff Cedric nach Sals Hand. Sie gingen gemeinsam die mittelalterliche Straße hinauf.

      »Wenn du genau beobachtest, wird dir die ein oder andere Neuerung auffallen, so wird es immer weitergehen, bis wir unsere jetzige Zeit erreicht haben. Fürchte dich nicht, denn es ist völlig normal, dass sich alles verändert, so etwas bringt der Fortschritt mit sich«, sagte Sal.

      »Oh, ja! Ich sehe, dass dort keine Ochsen mehr vor dem Pflug gespannt sind, sondern Pferde!«, bemerkte der kleine Vampir und zeigte auf das Feld, das die Straße säumte. Er war so begeistert, dass ihm nicht einmal auffiel, dass sich das Feld inmitten der Stadt befand.

      Mittlerweile hatte sich auch die Kleidung der Leute verändert. Menschen führten Krieg und das anscheinend sehr lange. Und sie hatten Waffen, die Lärm machten und qualmten. Überhaupt schien sich der Fortschritt darauf zu beschränken, wie ein Mensch den anderem am effizientesten das Licht ausblasen konnte. Das machte Cedric schon ein wenig Angst, sodass er Sals Hand beinahe zerdrückte. Es gab noch viele Kriege, doch auch Schönes. Sie blickten einem