Ein tödlicher Job. Sylvia Giesecke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sylvia Giesecke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847617136
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stimmte ihn nicht gerade fröhlich. Das Knarren der aufpolierten Holzstufen begleitete ihn bei seinem Aufstieg, machte ihn aber keinesfalls leichter. Endlich oben angekommen brauchte er einen größeren Moment zum Verschnaufen. Smilla wirkte ehrlich besorgt, „Geht’s wieder?“

      Tiberius nickte, „Gib mir noch zwei Sekündchen.“

      „Ich will dich nicht maßregeln, Tiberius, und das weißt du auch. Aber wenn du nicht bald etwas gegen dein Übergewicht unternimmst, dann wird dich das viele Cholesterin irgendwann dahinraffen.“

      „Natürlich weiß ich das, deshalb habe ich ja auch schon einige Änderungen in die Wege geleitet“, er keuchte wie ein angeschossener Hirsch auf der Flucht, „ich bin bereits dabei meine Ernährung komplett umzustellen und ich treibe neuerdings sogar ein bisschen Sport.“

      „Hey, das ist toll und wirkt auf mich ungemein beruhigend“, sie zwinkerte ihm zu, „ich verzeihe dir sogar, dass du es nicht für mich, sondern für eine andere Frau tust.“ Smilla brachte ihren Zeigefinger in Klingelposition, „Bist du so weit?“ Er antwortete mit einem erneuten Nicken und Smilla drückte den Knopf.

      Es brauchte noch drei weitere hartnäckige Klingelversuche, ehe ein ziemlich verschlafen wirkender junger Mann die Tür öffnete und seinen Unmut deutlich kundtat, „Das ist ja wohl ‘ne absolute Frechheit. Hey, … wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?“

      Smilla versuchte ihn zu beschwichtigen, „Ja, wissen wir und es tut uns auch ehrlich leid, dass wir so früh stören. Aber wir müssen dringend mit Frau Porschke sprechen.“ Eine junge Frau im Bademantel kam aus einer der Türen und näherte sich mit fragendem Blick. Trotz Handtuchturbans erkannte Smilla sie sofort wieder, „Guten morgen, Frau Porschke. Mein Name ist Berggrün und das ist mein Kollege Preussner, wir sind von der Polizei und würden uns gerne mit ihnen unterhalten.“

      In ihren dunkelbraunen Augen blitzte ein Hoffnungsschimmer auf, „Haben sie Paula gefunden, geht es ihr gut? Wo ist sie, kann ich sie sehen?“

      Auch wenn Smilla ihre Arbeit über alles liebte, so hasste sie dennoch diesen einen Moment. Egal, ob es sich um ein Familienmitglied oder einfach nur um einen Freund handelte. Jemanden mit der Endgültigkeit des Todes konfrontieren zu müssen, war die mit Abstand schlimmste Pflicht, die der Job erforderte. „Dürfen wir reinkommen?“

      „Natürlich“, sie gab den Weg frei, „zweite Tür rechts.“ Erin folgte den beiden in die für eine Wohngemeinschaft erstaunlich aufgeräumte Küche. „Bitte setzen sie sich. Möchten sie Kaffee, … ich habe ihn gerade frisch gekocht.“ Sie machte sich daran, die Tassen aus dem Schrank zu holen.

      „Vielen Dank, aber wir möchten keinen Kaffee. Würden sie sich bitte zu uns setzen, Frau Porschke.“

      Erin kam der Aufforderung nach und zündetet sich eine Zigarette an. Es folgten ein paar hastige Züge, ehe sie den Blick in Smillas Augen wagte, „Paula ist tot, … nicht wahr?“

      Nur ungern bestätigte die Kommissarin ihre Frage, „Ja, sie wurde heute früh am Ufer des großen Perlweihers gefunden.“

      Erste Tränen liefen über das Gesicht der zierlichen Frau, „Was ist passiert? War es ein Unfall?“

      Glücklicherweise übernahm Tiberius den unangenehmen Part, „Nein, es war Mord und eben aus diesem Grund sind wir hier. Es mag ihnen gerade grausam erscheinen, aber wir müssen ihnen einige Fragen stellen. Wann genau haben sie Paula Hankenfeld zum letzten Mal gesehen?“

      Erin Porschke starrte weinend ins Leere, „Am Freitagabend. Sie wollte auf eine Party und ist so gegen zwanzig Uhr aus dem Haus gegangen.“

      Die Kommissarin hakte nach, „Was für eine Party war das und wo fand sie statt?“

      „Ich, … ich habe keine Ahnung.“ Sie erhob sich vom Stuhl, zog ein Taschentuch aus der Verpackung und ging rüber zum Fenster. „Sie hat mir nicht gesagt, wo sie hinwollte.“

      „Wir würden uns gerne mal in Paulas Zimmer umschauen.“

      Erstaunlicherweise stieß Smillas Bemerkung auf Widerstand. „Aber wozu? Dürfen sie das denn einfach so?“

      Die beiden Kollegen tauschten einen vielsagenden Blick und Tiberius kratzte sich nachdenklich am Kinn, „Wenn ich recht informiert bin, dann waren sie und Frau Hankenfeld sehr gute Freundinnen. Wollen sie denn, dass ihr Mörder am Ende ungeschoren davon kommt?“

      Sie schüttelte den Kopf, „Nein, natürlich nicht.“ Mit einem lang gezogenen Seufzen deutete sie Richtung Flur, „Es ist das letzte Zimmer auf der linken Seite.“

      Während sich Tiberius sofort auf den Schreibtisch inklusive Laptop stürzte, ließ Smilla den lichtdurchfluteten Raum auf sich wirken. Hübsche Gardinen, Grünpflanzen, Fotowand und Stofftiersammlung, der weibliche Einfluss war nicht zu übersehen. Alles in allem wurde das Ambiente einer jungen Medizinstudentin vollkommen gerecht. Sie musste demnach etwas tiefer graben und widmete sich dem Inhalt des Kleiderschranks. „Na schau mal einer an, was haben wir denn da?“

      „Was meinst du?“ Er legte den Stapel Post beiseite und kam neugierig näher.

      Die Kommissarin holte ein schwarzes, sichtlich tief dekolletiertes Cocktailkleid aus dem gut gefüllten Schrank, „Das hat mindestens zweihundert Euro gekostet und es gibt noch mehr davon. Auch ihre Schuhe und die edle Wäsche, der Kauf dieser hochpreisigen Luxusgegenstände übersteigt das Budget einer normalen Studentin bei Weitem. Das passt definitiv nicht ins Bild.“

      „Vielleicht hatte sie ja einen wohlhabenden Freund. Einer von der Sorte, der sich neben der langweiligen Ehefrau noch ein frisches knackiges Betthäschen hält.“

      „Glaub ich nicht“, Smilla machte sich daran, die Fotowand zu betrachten. Stück für Stück studierte sie die Momentaufnahmen aus dem Leben einer sichtlich glücklichen jungen Frau. „Es gibt keinerlei Hinweise auf einen gut betuchten Lover. Aber sicherheitshalber werde ich Frau Porschke gleich noch einmal dazu befragen.“ Da die weitere Durchsuchung keine neuen Erkenntnisse zutage förderte, schnappte Tiberius sich den Laptop und sie gingen zurück in die Küche. Erin stand noch immer am Fenster. „Sagen sie, Frau Porschke, hatte Paula eigentlich einen festen Freund oder möglicherweise sogar einen verheirateten Liebhaber?“

      Die Angesprochene verharrte in ihrer Position, „Nein, sie hat sich voll und ganz auf ihr Studium konzentriert.“

      „Tatsächlich? Dann stellt sich mir allerdings die Frage, wie sie den Inhalt ihres Kleiderschranks finanziert hat. Ebenfalls brennend interessieren würde mich der Zweck, dem er dient.“

      Auch jetzt reagierte sie lediglich mit einem Schulterzucken, „Ich habe nicht die geringste Ahnung.“

      Smillas Geduldsfaden stand bereits unter extremer Spannung, „Frau Porschke, wären sie wohl so nett mich anzuschauen, wenn sie mit mir sprechen.“

      Erkennbar widerwillig drehte Erin sich um und ihr Blick fiel sofort auf Tiberius’ Beute, „Was, … was wollen sie denn mit Paulas Computer? Dürfen sie den einfach so mitnehmen?“

      Bei so viel gelebter Ignoranz musste einem der Kragen irgendwann platzen. Hier ging es schließlich nicht um ein geklautes Päckchen Zigaretten. Smilla wollte ihrer aufkeimenden Wut freien Lauf lassen, deshalb schlug sie ordentlich mit der geballten Faust auf den Tisch, „Verdammt noch mal, Erin, was soll diese Lügerei und dieses ganze Schmierentheater? Damit sie endlich kapieren, worum es hier geht, werde ich es ihnen jetzt noch einmal detailliert erklären. Ihre beste Freundin Paula Hankenfeld wurde brutal misshandelt, mehrfach vergewaltigt und auf grausame Weise getötet. Anschließend hat man sie wie stinkenden Abfall entsorgt. Derjenige, der ihr das angetan hat, läuft da draußen fröhlich umher und sucht sich vielleicht gerade das nächste Opfer. Es ist unsere heilige Aufgabe den Mörder zu finden, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen. Und das am Besten, bevor noch ein weiteres Mädchen ihr Leben verliert. Anstatt uns hier in einer Tour für dumm zu verkaufen, sollten sie uns lieber helfen.“

      „Ich, … ich will nicht, dass sie schlecht über Paula denken. Sie ist, … sie war ein fleißiges und sehr anständiges Mädchen.“ Erin vermied