Dame ohne König. Sigrid Ellenberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sigrid Ellenberger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847652700
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ab. Obwohl ich dann wieder mindestens zwei Monate auf einen neuen warten muss.“

      Klein-Ego ermahnte mich, in diesem Fall ausnahmsweise mal an mich zu denken.

      „Ja, es ist wichtig. Sag' ab und komm' bitte sofort hierher.“

      Ich klang wie ein Oberfeldwebel auf dem Exerzierplatz.

      Sicherlich dachte meine Mutter, ich hatte einen Herzinfarkt oder eine unheilbare Krankheit, die es nötig machten, sofort den Rettungsdienst zu alarmieren. Sicher war sie enttäuscht, wenn sie erfuhr, dass es sich nur um einen Termin bei Umberto handelte.

      14 Minuten später...

      Meine Mutter kam atemlos bei mir an, sichtlich enttäuscht, dass bei mir noch alle Gliedmaßen an den richtigen Stellen saßen. Mir blieb gerade genug Zeit, sie einzuweisen, welche Möbel wie viel kosten sollten und wann welche Interessenten kamen. In meiner Hektik hatte ich völlig vergessen, etwas Essbares auf den Tisch zu zaubern.

      „Ich habe ganz vergessen, zu kochen“, lächelte ich Mutti unschuldig an.

      „Auf gut deutsch, meine Enkelkinder haben noch nichts gegessen.“

      „Deine Tochter auch nicht!“

      Schließlich gab es mich ja auch noch.

      Sie wandte sich pikiert in Richtung Küche ab und murmelte so etwas wie „was habe ich da nur erzogen – wie konnte das nur so schiefgehen?“

      „Danke, Mutti und tschüss.“

      Während der, für meine Mutter viel zu kurzen, Konversation, war ich in ein apricot farbenes Kostüm geschlüpft, hatte meinen Augen die Bekanntschaft eines mittelgrauen Kajalstifts zuteil werden lassen, hatte einen Hauch von Rouge auf meinen Wangen verteilt, die Locken mit Haarlack versiegelt und meinen Lieblingslippenstift aufgelegt.

      Nachdem die Tür hinter mir ins Schloss gefallen war, fühlte ich mich erleichtert und aufgekratzt. Himmel, war ich nervös. Dabei holte ich doch nur meine erste Arbeit ab...

      Ich rannte aus dem Haus, setzte mich in meinen achtundneunziger Renault, Marke roter Rostbomber und fuhr los. Beziehungsweise, ich wollte losfahren, als es ganz erbärmlich krachte. Da stand, wie aus dem Nichts, ein funkelnagelneuer Audi A6, metallicblau. Vorher war von dem nicht das Geringste zu sehen gewesen und nun stand, zugegebenermaßen etwas fehl am Platz, mein Rosti mitten in seiner Seite.

      „Scheiße!“, fluchte ich wenig damenhaft.

      Der Audi fuhr, völlig legitim, auf der Straße, auf die ich auffahren wollte. Nach der geltenden Straßenverkehrsordnung hatte er ohne Frage Vorfahrt.

      „Pass doch auf!“, schimpfte Klein-Ego, der gerade sein Mittagsschläfchen halten wollte.

      Aber der sollte sich da gefälligst raushalten.

      Ich stieg schuldbewusst aus und murmelte: „Entschuldigung, war meine Schuld.“

      Ich sah kurz auf. Dann sah ich etwas länger auf und musste wohl ausgesehen haben, wie eine Kuh, wenn es donnert.

      Dieser Typ, dessen Wagen ich gerade gerammt hatte, war der reinste Augenschmaus. Ich war mir sicher, dass ich träumte. So etwas passierte nicht im richtigen Leben.

      „Ist Ihnen etwas passiert?“

      Er schmunzelte angesichts der starren Augen, die ihn anglotzten.

      „N-n-n-nein“, stotterte ich wie ein Schulmädchen. „Es geht mir gut. Und Ihnen?“

      „Ich bin o.k.“

      Er schaute lange auf sein demoliertes Auto.

      „Aber ich glaube, der hier hat leichte Probleme.“ Dabei deutete er auf seinen Audi, den eine mindestens achtzig Zentimeter lange Kratzspur zierte, die da eindeutig nicht hingehörte.

      „Ich bin natürlich schuld“, gestand ich ein und kramte im Handschuhfach nach meiner Versichertenkarte und meinem Führerschein.

      Ich schaute auf die Uhr.

      „Ich habe einen dringenden Termin. Müssen wir jetzt die Polizei rufen?“ fragte ich und deutete auf meine Armbanduhr. Bei Umberto würden sie sich schon über meine Unzuverlässigkeit Gedanken machen.

      „Den Unfallbericht für die Versicherung können wir auch selbst schreiben. Wir sind uns ja einig.“

      Diesen Augen musste man einfach glauben.

      „Ich mache nur noch ein paar Bilder, wie Ihr Renault so in meinen Audi gekuschelt ist...“

      Ich sah mich schon in seine Arme gekuschelt und säuselte: „geben Sie mir doch einfach Ihre Adresse und die Telefonnummer, ich rufe Sie sofort an, wenn ich von meinem Termin zurück bin. Wo ich wohne, wissen Sie ja.“

      „Ich bin nur auf Geschäftsreise hier aber Sie können mich heute Abend im „Hotel Marie“ erreichen. Meinen Wagen muss ich in die nächste Werkstatt bringen und mir direkt einen Mietwagen besorgen.“

      Ich hatte es schrecklich eilig!

      „Schön. Ich rufe gleich meine Versicherung an und melde das alles. Bis heute Abend dann.“

      Meine alte Gurke von Auto hatte gerade mal eine zerbeulte Stoßstange und ein paar Kratzer von dem Crash davongetragen. Ich konnte ohne Probleme damit weiterfahren. Das Renaultchen hatte ganze Arbeit geleistet: selbst kaum was abgekriegt und einem neuen Audi so zugesetzt!

      Ich musste an Klaus denken und fing an zu grinsen. Der hätte bestimmt eine schreckliche Szene daraus gemacht und mich in Grund und Boden geschimpft. Aber: es gab keinen Klaus mehr in meinem Leben und das erleichterte mich in diesem Moment gerade sehr.

      Endlich, immer noch zitternd – ob vom Unfall oder vom Mann wusste ich nicht genau – kam ich bei Umberto an. Ich meldete mich an der Zentrale und hoffte, die Dame mit den knallrot lackierten, mindestens drei Zentimeter langen Nägeln, konnte meinen Puls nicht hören.

      „Signore Castello erwartet Sie bereits“, flötete sie. Ein Wunder, dass sie nicht schnippisch hinzufügte: „seit mindestens einer Stunde!“

      Bei dem Gedanken, von dem charmanten Tonio persönlich erwartet zu werden, huschte ein Anfall von Schulmädchenröte in mein Gesicht.

      Klein-Ego ermahnte mich, diese saublöde Erröterei endlich sein zu lassen, ich sei schließlich einunddreißig Jahre alt! Das Wort EINUNDDREISSIG betonte er aber auch so was von unnötig deutlich. Korinthenkacker.

      „Hallo Constanze. Danke, dass Sie kommen konnten. Möchten Sie einen Kaffee? Einen Espresso oder Cappuccino?“

      War ich denn zum Kaffeeklatsch oder zum Arbeiten hier?

      „Nein, danke. Wo ist der Text?“

      „Oh, wie unsensibel. Du Schnepfe, was soll der denn von dir denken?“ schimpfte Klein-Ego schon wieder aus seiner Ecke.

      Konnte dieser kleine Dreckskerl sich nicht mal aus meinem Leben raushalten? Was ging ihn das überhaupt an?

      „Hier.“

      Tonio überreichte mir einen Packen Papier.

      „Der PC steht im Zentrallager zur Abholung bereit.“

      Das klappte ja wie am Schnürchen. Ich schaute mir kurz den Text an und blätterte durch das Paket.

      „Könnten Sie das bis übermorgen schaffen?“

      Eine charmant italienisch-deutsch klingende Stimme holte mich in die Realität zurück.

      „Aber ja, kein Problem.“

      Hatte ich das gesagt? Ich hielt mindestens dreißig Seiten voller technischer Details zu einem Kühl-Gefrier-Gerät in den Händen. Und das auf italienisch.

      „Schön. Ciao, Constanze und vielen Dank. Sie sind ein Schatz.“

      Tonio drückte mir die Hand und verabschiedete sich sichtlich erleichtert.

      Leider