Dame ohne König. Sigrid Ellenberger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sigrid Ellenberger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847652700
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stand um neun Uhr in der Hotelhalle des „Hotel Marie“, einem sehr gepflegten Mittelklassehotels in einer der besseren Gegenden der Stadt, und hoffte, meinen Unfallgegner zu treffen. Ich wusste gar nicht, wo ich hinschauen sollte.

      „Zappel nicht so!“, ermahnte mich Klein-Ego.

      Konnte dieser Kerl nicht einfach mal die Schnauze halten?

      Ich fühlte mich wie bei einem Blind-date, es fehlte nur noch die Rose oder die Zeitung in der Hand.

      „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“, wandte sich eine freundliche Dame von der Rezeption an mich.

      „Äh, nein. Ich warte hier auf jemanden.“

      Keine Ahnung, wie er heißt! Gast Marke Traummann.

      Von Minute zu Minute wurde ich nervöser. Zeitung wollte Rose eventuell gar nicht treffen?

      Dann kam er. Lässig eine Hand in die Hosentasche gesteckt, schlenderte er die Treppe herunter. Die Szene erinnerte mich an „Titanic“, als Jack vor der Uhr auf Rose wartet.

      Mein Jack streckte mir schmunzelnd die Hand entgegen.

      „Ich fürchte, ich hatte völlig vergessen, mich vorzustellen“, begann er das Gespräch.

      „Hallo. Ich hatte aber auch vergessen, Sie nach Ihrem Namen zu fragen. Ich war heute morgen so wahnsinnig in Eile.“

      "Constanze Holm."

      Die Röte schoss mir ins Gesicht.

      „Du siehst aus wie eine Flasche Ketchup“, lästerte Klein-Ego schon wieder.

      „Klaus-Dieter Fröhlich“, holte Traummann mich aus meinem Disput mit Klein-Ego.

      Ich wurde blass. Nicht schon wieder ein Klaus in meinem Leben!

      „Wollen wir?“ lud er mich mit einer Handbewegung in Richtung Bar ein.

      Er bestellte, ohne mich zu fragen, was ich eigentlich trinken wollte, einen Martini für mich und einen Cognac für sich.

      Ich nahm mir mit einem entzückenden Lächeln den Cognac und prostete ihm zu. Herr Fröhlich staunte nicht schlecht, trank aber ohne zu zögern den Martini aus. Das passierte ihm sicher nicht mit jeder Frau, mit der er ausging!

      „Constanze, komm' zurück auf den Teppich, du gehst nicht mit ihm aus. Du bist nur hier, weil du ihm heute morgen in seine Karre gefahren bist!“ Klein-Ego konnte einem aber auch wirklich den ganzen Spaß verderben!

      Ich war froh, dass Klein-Ego so leise sprach, dass nur ich es hören konnte, beim Wort „Karre“ wäre für Herrn Fröhlich der Abend vermutlich zu Ende gewesen. Männer sind ja ein wenig eigen, wenn es um ihr geliebtes Auto ging.

      Klaus-Dieter Fröhlich sah wirklich blendend aus. Er war ungefähr Mitte dreißig, hatte dunkelblonde, kurz geschnittene Haare, traumhaft braune Rehaugen, einen schier immer lächelnden Mund und kleine Grübchen. Ich schätzte ihn auf etwa eins achtzig bei nahezu Idealgewicht. Und er hatte einen sexy Hintern.

      „Pfui, Constanze, schäme dich.“ Klein-Ego hob den Zeigefinger in meine Richtung. Quatsch, ich schämte mich kein bisschen. Die Wahrheit darf man doch schließlich denken. Männer dachten noch ganz andere Dinge!

      „Haben Sie denn schon einen anderen Wagen bekommen?“, eröffnete ich den geschäftlichen Teil des Abends. Ich hoffte inständig, dass es auch einen nicht-geschäftlichen Teil geben würde.

      „Ja, das hat reibungslos geklappt. Mein Auto wird ungefähr drei Tage in der Werkstatt bleiben müssen, der Kotflügel und die Tür müssen ausgebeult und neu lackiert werden.“

      „Das alles tut mir schrecklich Leid. Ich hätte besser hinschauen sollen!“

      „Ist schon gut. Dafür gibt es schließlich Versicherungen. Apropos, haben Sie da schon angerufen?“

      Oh, ich Schusselchen. Jetzt hatte ich den Zettel, auf dem die Schadensnummer, die mir die Mitarbeiterin gegeben hatte, stand, zu Hause auf dem Esszimmertisch liegen lassen.

      „Die liegt leider zu Hause. Können wir vielleicht den Rest schon mal erledigen? Was schreiben wir denen denn?“

      30 Sekunden Schweigen später …

      „Ich habe ja hier die Bilder, die könnten wir doch per Mail schicken, oder? Und dann erklären wir noch, wie Sie aus der Einfahrt kamen und ich da entlangfuhr.“

      Spitzenidee, Junge. Wäre Jack auf der Titanic auch so ein Held gewesen, wäre Rose längst abgesoffen...

      Zwei Ahnungslose – ich war gespannt, was da wohl herauskam.

      „Können Sie denn malen?“

      Ich schaute ihm tief in seine Rehäuglein. „Wegen der Skizze, meine ich. Sie wissen schon, die Einfahrt ...Ich bin in so etwas ziemlich schlecht.“

      „Es ist zwar nicht gerade mein Beruf, aber ein Auto bekomme ich schon noch hin.“

      Er kritzelte ein rundes Etwas mit Rädern auf zwei Striche, die wohl die Straße darstellen sollte. Nun, Picasso war er nicht gerade. Aber das musste er auch nicht, wenn er aussah wie Brad Pitt.

      Mehr erfuhr ich nicht. Daher versuchte ich es erneut.

      „Kann ich dann bitte Ihre Personalien und Fahrzeugangaben haben? Für das Formular“, setzte ich schnell hinzu.

      Stand im Personalausweis eigentlich der Familienstand? War der Typ verheiratet?

      „Das geht DICH doch nichts an!“, mischte sich Klein-Ego wieder ein.

      Nein, aber es interessierte mich. Basta.

      Herr Fröhlich reichte mir seinen Personalausweis. Ich hatte übrigens gut geschätzt, er war vierunddreißig Jahre alt. Geschäftig schrieb ich seinen Namen, sein Geburtsdatum und die Adresse auf ein leeres Blatt. Himmel, schade, dass er so weit weg wohnte.

      „Wieso? Hä?“, kläffte Klein-Ego mich an.

      Würde dieser kleine Stinkkäfer doch endlich mal Ruhe geben. Kaum musste ich mir nicht mehr die mahnenden Worte meiner Mutter gefallen lassen, schon regte sich das eigene schlechte Gewissen in Form von Klein-Ego.

      „O.K., das wär's dann wohl.“

      Ich schob ihm das Blatt zur Unterschrift hin.

      „Ich trage nur zu Hause noch die Schadensnummer ein, dann schicke ich das Blatt an die Versicherung. Ich rufe Sie dann an, wenn ich Bescheid bekomme.“

      Damit beendete ich, wenn auch ungern, das Gespräch. Leider gab es nichts mehr zu besprechen, was den Unfall betraf.

      „Aber bleiben Sie doch noch einen Moment. Wir haben uns ja kaum unterhalten.“

      Ein Mann, der sich unterhalten wollte? War dies ein Fantasyfilm oder was?

      „Gerne“, lächelte ich zuckersüß und merkte, dass ich schon wieder rot anlief.

      Der Typ musste ja denken, ich sei schon im Klimakterium. Peinlich!

      „Sie sind nicht von hier?“ begann ich unverfänglich den nicht-geschäftlichen Teil.

      „Nein, ich bin freier Handelsvertreter für Spielsachen. In der Hauptsache besuche ich Kindergärten, Tagesstätten und Grundschulen. Vom Bauklötzchen bis zum Klettergerüst für den Spielplatz vertrete ich alles. Pädagogisch wertvoll – Sie verstehen? Ich bin die ganze Woche unterwegs und komme nur am Wochenende nach Hause. Das ist aber o.k.“

      Sah ich etwa aus, als wollte ich das alles wissen? JA!

      „Und Sie?“ wandte er sich an mich.

      „Ich habe gerade einen Job als Übersetzerin angenommen. Freie Zeiteinteilung. Sehr praktisch. Bis vor zwei Stunden habe ich noch an einer Übersetzung für eine Kühl-Gefrier-Kombination gearbeitet. Sehr interessant!“ Mein Gesichtsausdruck sprach für sich.

      Und mein