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Автор: Marlin Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738009705
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      Marlin Schenk

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1. Kapitel

       2. Kapitel

       3. Kapitel

       4. Kapitel

       5. Kapitel

       6. Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9. Kapitel

       10. Kapitel

       11. Kapitel

       12. Kapitel

       13. Kapitel

       14. Kapitel

       Impressum neobooks

      1. Kapitel

      Die Menschen haben seit jeher alles versucht, um an etwas Süßes heranzukommen. Selbst Unannehmlichkeiten, die mit der Mühe in unmittelbarem Zusammenhang stehen, hat man dafür gerne akzeptiert. Schon die Steinzeitmenschen vor fünftausend Jahren zum Beispiel schätzten den süßen Bienenhonig so sehr, dass sie sich bei der Ernte das gelichtete Fell zerstechen ließen. Damit nicht genug, denn da sie das Rad noch nicht kannten und folglich auch nicht wussten, dass etwas rund sein oder gar im Kreis bewegt werden kann, verzichteten sie aufs Schleudern und lutschten den Blütensaft mitsamt der Wabe auf.

      Tausende Jahre später, genauer gesagt: Mitte des 19. Jahrhunderts, war es zwar einfacher, Zuckerware zu ergattern, aber nicht ungefährlicher. Max und Moritz Busch, zwei Spitzbuben aus dem Harz, riskierten gar ihr Leben, um dem Zuckerbäcker des Dorfes ein paar Brezel abzuluchsen. Doch da die beiden große Hitze gut vertragen konnten, entkamen sie dem Backofen des Meisters, ein wenig verkrustet, aber heil.

      Nun schreiben wir das Jahr 1991 und das Thema „Zuckerware“ ist immer noch ein Problem, zumindest für unsere Freundin Veronika Kleinschmidt, von deren andauerndem Pech die nächsten Zeilen berichten, hatte sie es doch niemals leicht, wenn sie sich etwas Süßes für ihren Gaumen besorgen wollte. Zwar trachtete ihr niemand nach dem Leben, wenn sie bei Bäcker Boltersdorf ihre Kaffeestückchen erstehen wollte, aber kurz vor dem Herzkasper war sie dann fast garantiert und fast immer.

      Diesmal war es drei Uhr nachmittags, als sie sich durch die Mehlgasse der Domstadt Limburg schleppte. Ihr Ziel war, wie so oft, die Bäckerei Boltersdorf, deren Aushängeschild mit der geschmiedeten Brezel majestätisch in die Straße hineinragte. ‘Brot- und Feinbackwaren’ stand darunter geschrieben, und Frau Kleinschmidt wollte sich ihren Teil davon abholen, weil sie für fünf Uhr ein paar Freundinnen zum Kaffee erwartete (zum Gräuel ihres Mannes Herbert, der sich mit drei Zigarren und einer Flasche Wein in seine Werkstatt zurückziehen würde).

      Als Veronika sich dem Schaufenster näherte und - schon in der Sekunde, in der sie es erreichte - erwartungsvoll hineinschaute, konnte sie nur zwei Apfelmustaschen auf den Blechen ausmachen, die von zahlreichen Wespen angeflogen wurden wie ein Landeplatz von Hubschraubern. Frau Kleinschmidt zog die Augenbrauen hoch und trat in den kleinen Laden ein, wo Lotte Boltersdorf damit beschäftigt war, frische Abendbrötchen in die Kästen zu schütten.

       „Guten Tag“, sagte Veronika in das Klimpern der Türglöckchen hinein.

       Lotte drehte sich um. „Ach, guten Tag Frau Kleinschmidt. Kann ich Ihnen helfen?“

       „Machen Sie nur weiter. Ich hab’ Zeit.“

       Lotte raffte die letzten Brötchen aus dem Weidenkorb. „Haben Sie einen Spaziergang gemacht?“ fragte sie.

       „Das habe ich. Und nun bin ich auf dem Heimweg und will mir noch ein paar Kleinigkeiten mitnehmen.“

       „Schön“, sagte Lotte. Sie nahm den leeren Weidenkorb, stellte ihn in die angrenzende Küche und zog die Schiebetür wieder zu. Sie deutete nach draußen. „Haben wir nicht einen fantastischen Spätsommer dieses Jahr? Es ist noch richtig warm.“

       „Ja“, sagte Veronika gedehnt. „Tadelloses Flugwetter.“

       „Flugwetter?“ Lotte schaute Frau Kleinschmidt fragend an, und diese deutete ins Schaufenster. „Ach, Sie meinen die Wespen. Grausige Biester. Ich kann sie nicht ausstehen. Erst gestern habe ich -zig davon mit dem Staubsauger von den Kaffeestückchen entfernt. Und nun schauen Sie sich das an. Wieder alles voll. Was soll ich denn da noch machen?“

       „Das ist ja wirklich unappetitlich“, sagte Veronika. „Aber gottlob haben Sie ja die meisten Sachen im Haus, wo keine Wespen drankommen, nicht wahr?“ Es musste eine rein rhetorische Frage sein, denn die Vergangenheit hatte gezeigt, dass es meistens anders war, worin sich der Grund für Veronikas Anfälle wiederspiegelte, die hin und wieder bei solchen Gelegenheiten auftraten. Sie glaubte selbst nicht daran, dass es außer diesen beiden, von Wespen angenagten Exemplaren noch irgendwo Kaffeestückchen gab, aber sie hatte die Hoffnung, dass es nur dieses eine Mal anders sein würde. Diese Hoffnung wurde mit einem einzigen Wörtchen zerstört.

       „Nein“, sagte Lotte.

       „Nein? Wieso!“

       „Was da liegt, sind die beiden letzten, Frau Kleinschmidt.“

       „Aber ich wollte doch zehn Teilchen haben, (so wie jeden verflixten dritten Freitag im Monat, wenn meine Freundinnen kommen).“

       „Tut mir leid. Morgen wieder.“

       „Machen Sie Witze?“

       Lotte stützte ihre Fäuste in die Seiten. „Liebe Frau Kleinschmidt, wenn ich sage, dass wir keine Teilchen mehr haben, dann meine ich das auch so, hm?“

       „Aber heute kommen doch meine Freundinnen zum Kaffee. Das wissen Sie ganz genau.“

       Lotte hob gelassen die Schultern. „Auch diese Tatsache vermehrt diese beiden Stücke nicht. Am sichersten wäre es gewesen, wenn Sie vorbestellt hätten. Wir sind ein kleiner Laden, und was wir unseren Kunden anbieten, wird täglich frisch gebacken. Aber kalkulieren Sie mal die Lust der Menschen auf Kaffeestückchen richtig. Es gibt Tage, da bleiben zwanzig oder gar dreißig übrig, und dann wieder sind es zehn zu wenig. Hätten wir täglich einen Umsatz von, sagen wir, einhundert Teilchen, dann wäre die Sache einfach. Aber so ist es nun mal nicht.“

       Frau Kleinschmidt bekam einen weinerlichen Gesichtsausdruck. Stress dieser Art konzentrierte sich bei ihr immer auf die Tränensäcke. Eine unbekannte Kraft beschwerte dann ihre Mundwinkel, zerrte an den Backen und brachte die Lippen in Schwingung. In diesem Zustand war sie kaum zu verstehen, wenn sie mit viel Rotz und Sabber ihren Standardsatz hervorzubringen versuchte. „Mein Gott,