„Hmm!“ brumme ich müde und genieße gleichzeitig ihre Liebkosungen.
„Zieh‘ dich schon mal an und ich schaue mich unterdessen bei den Schwestern um.“ sagt sie und drückt mir einen letzten dicken Kuss auf die Lippen.
„Aber warum soll ich mich denn anziehen?“ frage ich sie matt.
„Wir sind doch in einem Krankenhaus und Dr. Spector schickt mich wahrscheinlich ohnehin gleich zu den Untersuchungen, da wäre es wahrscheinlich ohnehin besser wenn ich gar nicht frühstücken würde…“
„Da haben Sie verdammt Recht!“ ertönt Dr. Spectors Stimme von der Tür her im Raum und ich fahre vor Schreck zusammen, denn ich habe ihn gar nicht hereinkommen hören.
„Es wäre besser, wenn Sie zunächst auf ein Frühstück verzichten! Guten Morgen erst einmal!“ lächelt er verhalten und setzt sich neben mich auf die Bettkante.
„Übrigens für Sie Miss Dunaway habe ich bereits ein Frühstück bestellt, das bereits unterwegs sein dürfte.“ sagt er zu Saundra gewandt und dreht den Kopf mit einer steilen Stirnfalte wieder zu mir und schaut auf seine Armbanduhr, welche acht Uhr a.m. anzeigt.
Sagte er nicht er wolle erst um zehn Uhr a.m. hier sein?
„Ich bin leider zwei Stunden zu früh dran … ich weiß, aber das ganze Szenario heute Nacht hat mir keine Ruhe gelassen und ich konnte gar nicht richtig schlafen deswegen.
Deshalb habe ich heute Morgen in aller Frühe schon die Unterlagen aus Ungarn angefordert.“
„Aber wie konnten Sie die Unterlagen anfordern?“ fragt Saundra erstaunt.
„Sie wussten doch gar nicht in welchem Krankenhaus wir waren?“
Dr. Spector sieht abermals zu Saundra und antwortet mit ruhigen Worten.
„Sie hatten heute Nacht kurz Sárvár erwähnt und da es dort nur ein einziges Krankenhaus gibt, hatte ich bei meiner Nachfrage auch gleich Glück und die Unterlagen in Sekundenschnelle per E-Mail erhalten.“ antwortet er, schaut mir wieder besorgt in die Augen und fährt fort.
„Allerdings lassen die Ergebnisse tatsächlich nichts Gutes hoffen, deshalb dachte ich mir ich fange Sie noch vor dem Frühstück ab.
Am besten ziehen Sie sich ein T-Shirt über und vielleicht eine Jogginghose. Dann begleite ich Sie zur Blutabnahme und danach möchte ich gerne ein Ganzkörper-MRT machen um festzustellen, ob es eventuell auch andere Ursachen für die vermehrte Produktion der Leukozyten gibt.“
„Aber…“ unterbricht ihn Saundra mit Tränen in den Augen und leichtem Kopfschütteln.
„… was könnte es denn sonst noch sein?“
Dr. Spector wendet sich wieder zu Saundra, welche auf mich zustürzt, vor meinem Bett auf die Knie geht und meine Hand an ihr heißes Gesicht zieht.
„Da kann es viele Ursachen geben Miss Dunaway! Es könnte sich auch um eine ganz banale Entzündung im Körper handeln, wie zum Beispiel um eine Blinddarmentzündung.
Ein Tumor oder HIV sind nicht ausgeschlossen, ebenso wenig wie eine Abwehr des Körpers gegen Parasiten, denn soviel ich weiß waren Sie doch vor ein paar Monaten in Mexiko?“ fragt er nach.
„Ja!“ antworte ich erstaunt.
„Dort hatte ich mich an einer Pflanze vergiftet und an der wäre ich fast über die Klinge gesprungen, aber nach meiner Genesung war wieder alles in Ordnung und es gab keinerlei Nachwirkungen davon.“
Dr. Spector presst kurz die Lippen zusammen und atmet tief aus bevor er weiter spricht.
„Das meine ich nicht Mr. Bolder. Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe Ihre Geschichte Interessehalber im Internet etwas nachrecherchiert, vor allem was in der Presse so alles geschrieben wurde.
Dort wurde unter anderem auch erwähnt, dass Sie sich tagelang auf einem Fluss im Urwald aufgehalten haben?“ konstatiert er fragend.
„Ja, das ist richtig! Aber was hat das mit meinen Blutwerten zu tun?“ frage ich verständnislos.
„Sie haben dort sicherlich auch Kontakt mit dem Wasser gehabt, eventuell sogar mit einer Hautverletzung oder Sie haben vielleicht auch Fische gegessen die Sie gefangen haben?“ stellt er weiter fragend fest.
„Ja, natürlich! Beides.“ antworte ich wahrheitsgemäß.
„Auf diese Weise könnten sich unter Umständen auch Parasiten in Ihrem Körper eingenistet haben, welche es in Mexikos Flüssen zu Tausenden gibt und sich normalerweise kaum bemerkbar machen.
Erst wenn der eigene Körper sie aufgespürt hat reagiert er mit einer erhöhten Produktion von sogenannten eosinophilen Granulozyten, welche auch eine Art von Leukozyten sind. Aber das werden wir jetzt genauestens in unserem eigenen Labor feststellen.
Die Ungarn haben natürlich nur eine einfache Blutuntersuchung gemacht, weil sie lediglich die Blutgruppe für eine Transfusion bestimmen wollten und haben dabei Ihre Leukozytose nur am Rande entdeckt.“ führt er beruhigend aus, aber seine Besorgnis weicht dennoch nicht von seinem Gesicht.
„Womit hätte Matt denn die besseren Chancen?“ fragt Saundra weinend.
„Mit einer echten Leukämie oder mit den Parasiten?“ presst sie kaum verständlich hervor.
„Mit keiner von beiden Miss Dunaway. So ehrlich muss ich sein.“ flüstert Dr. Spector kaum hörbar, streicht Saundra mit der rechten Hand über das Haar und drückt gleichzeitig mit der Linken meine Hand, wobei er tief Luft holend nach oben blickt.
„Vielleicht könnten Sie schon einmal eine Liste machen mit Verwandten von Mr. Bolder, die notfalls für eine Stammzelltransplantation in Frage kommen könnten.
Eltern, Geschwister, Onkeln, Tanten, Cousins, entfernte Verwandte … rufen Sie am besten seine Mutter dazu an.
Gleichzeitig können wir uns auch an die ‚Bone Marrow Donors Worldwide‘ wenden, die fast auf der ganzen Welt mit möglichen Spendern vernetzt ist.
Aber jetzt sollten wir zuerst genau feststellen, woher die erhöhten Leukozyten kommen.
So und nun sollten wir so langsam los! Ich habe das MRT extra für Sie heute Vormittag reservieren lassen und vielleicht wissen wir morgen dann schon mehr. Ich warte vor der Tür auf Sie.“ sagt er bedrückt.
Leise steht er auf und geht vor die Tür, welche er ebenso lautlos hinter sich schließt.
„Neeiin!“ ruft Saundra aus und schlägt nun auf dem Boden hockend beide Hände vor ihr schönes Gesicht und schüttelt dabei unablässig den Kopf.
„Nein! Ich will das nicht! Nein, das kann doch nicht sein. Ich will, dass du gesund bist und bei mir bleibst. Ich will das nicht! Bitte nicht!“ ruft sie aus und bricht schluchzend zusammen.
Schnell springe ich aus dem Bett und knie mich neben sie auf den Boden, schlinge sacht meine Arme um sie herum und spreche beruhigend auf sie ein obwohl mich die Nachricht von Dr. Spector genauso geschockt hat wie Saundra und ich reagiere nur noch reflexartig.
„Nicht doch Saundra! Nicht weinen! Bitte!“ flüstere ich in ihr Ohr.
„Vielleicht ist es ja doch ganz harmlos. Wir sollten einfach die Tests abwarten und auf das was dabei herauskommt. Mach‘ dich jetzt nicht verrückt, Darling!“
Nachdenkend mache ich eine kurze Pause und wiege ihren bebenden Körper in meinen Armen, bis mir eine Idee kommt.
„Wie wäre es, wenn du eine Runde mit Dr. Perez sprichst bis ich wieder da bin. Vielleicht hilft dir das ja schon etwas hmm. Was meinst du?“ raune ich sanft und Saundra sieht mich mit verweinten Augen an, wobei sie apathisch nickt und sich langsam beruhigt obwohl ihr Körper vor Anspannung und Angst immer noch