„Miss Dunaway!“ beschwichtigt sie Dr. Spector.
„Erstens ist es jetzt mitten in der Nacht und Zweitens arbeitet kein Labor mehr so spät für ausführliche Bluttests wenn es kein absoluter Notfall ist.
Bitte beruhigen Sie sich! Falls es wirklich so sein sollte wie Sie sagen, dann kommt es auf ein paar Stunden nicht an und Sie sollten sich und Ihrem Körper die nötige Ruhe gönnen, indem Sie ein wenig schlafen. Sie sehen beide ziemlich übernächtigt aus.“
„Aber Dr. Spector…“ unterbricht sie ihn erneut, doch er legt ihr seinen Zeigefinger auf die Lippen und sieht ihr beschwörend in die Augen.
„Glauben Sie mir Miss Dunaway! Ihr Lebensgefährte wird heute Nacht bestimmt nicht sterben. Ich bin morgen früh um zehn Uhr a.m. wieder da und dann bereden wir alles, beziehungsweise machen wir alle Tests die notwendig sind und dann kann ich auch den Bericht aus Ungarn anfordern, sofern er notwendig sein sollte.
Schlafen Sie jetzt ein paar Stunden, denn ich glaube dass Sie das beide im Augenblick sehr nötig haben.“ endet er mit einem kurzem sorgenvollen Seitenblick auf mich, verabschiedet sich freundlich und lässt uns allein zurück.
Mit dem Fuß schiebe ich die Koffer in eine Ecke des Krankenzimmers, hänge meinen Mantel über einen Stuhl und lasse mich erschöpft auf eines der beiden Betten fallen.
Müde lege ich meinen rechten Unterarm über beide Augen und flüstere ermattet.
„Das hätten wir auch zu Hause haben können und da wäre es bestimmt schöner gewesen.“
„Ach Matt!“ flüstert Saundra zurück und setzt sich neben mich auf die Bettkante.
„Tut mir leid Darling! Aber ich dachte, wir wären hier besser aufgehoben, weil Dad meinte du solltest dich sofort in eine Klinik begeben.“
Sie beugt sich zu mir herunter und schiebt meinen Arm von den Augen, wobei sie ihr Gesicht ganz nah an das meine hält und mich zärtlich auf den Mund küsst.
„Ich habe einfach nur ganz furchtbare Angst um dich und würde alles tun… nur um dich nicht wieder zu verlieren.“
Vorsichtig umrahmt sie mein Gesicht mit ihren Händen und streichelt meine Wangen leicht mit den Daumen.
Auf ihrer Stirn erscheinen zwei steile Falten zwischen den Augenbrauen und ihre Augen füllen sich erneut mit heißen Tränen.
„Bitte Darling! Das darf doch alles nicht wahr sein!“ raunt sie kopfschüttelnd.
„Ich will das nicht! Ich will mit dir für den Rest meines Lebens glücklich sein, mehr nicht! Ist das etwa vom Leben zu viel verlangt, nach all‘ der Scheiße, die ich schon durchgemacht habe?“
Betrübt lässt sie ihren Kopf auf meine Schulter sinken und beginnt leise zu weinen, während sie ihre Hände um meinen Nacken legt.
Langsam und vorsichtig umschlinge ich sie zunächst mit meinen Armen, küsse sie auf die duftenden Haare und zwinge sie mich wieder anzusehen, indem ich ebenfalls ihr Gesicht in beide Hände nehme und ihren Kopf etwas nach oben schiebe.
„Bitte Darling! Du darfst jetzt nicht weinen! Wer weiß… vielleicht stellt sich alles als falscher Alarm heraus oder als irgendetwas anderes.
Wir sollten wirklich erst abwarten, was Dr. Spector herausfindet und nicht auf die Blutwerte aus Ungarn vertrauen.
Warten wir doch einfach ab, vielleicht ist alles ganz harmlos und es war am Ende doch nur der Jetlag!“ versuche ich Saundra zu beruhigen, doch ihre Tränen fließen unablässig weiter.
Somit muss ich also versuchen sie von dem Thema abzulenken und komme auf unser Gespräch im Taxi zurück.
„Was hast du vorhin im Taxi damit gemeint, dass du lange nachgedacht hast als wir über deinen Dad und Tristan gesprochen haben?“ frage ich behutsam.
„Ach naja…!“ antwortet sie schniefend und setzt sich auf, woraufhin ihr Tränenbach fast zu versiegen scheint.
„… ich habe über die Geschichte mit Dad und Tristan nachgedacht und dass Dad mir so lange verschwiegen hat, dass er … auf Männer steht.“ schluckt sie schwer.
Sie macht eine erneute Pause um tief durchzuatmen und erzählt kopfschüttelnd weiter.
„Ich hatte mein ganzes Leben lang keine Ahnung davon und auch nie etwas davon gemerkt. Ich war einfach nur dankbar, dass er immer für mich da war, wenn ich ihn brauchte.
Über sein Liebesleben habe ich mir nie wirklich Gedanken gemacht. Ich war stets der Meinung, dass er immer noch meiner Mutter hinterhertrauert…“ sagt sie entschuldigend, macht eine Denkpause und lässt ihren Kopf sinken.
„… aber da habe ich mich offenbar grundlegend getäuscht. Er hat es scheinbar gut verstanden seine Neigung vor mir zu verstecken und nur deshalb war es erst einmal ein Schock für mich als er Tristan plötzlich an sich zog, ihn auf die Wange küsste und sagte dass er das Beste wäre was ihm in den letzten Jahrzehnten passiert ist…“
Saundra atmet erneut tief durch und spricht jetzt etwas erregt aber immer noch leise weiter.
„Ich dachte zunächst, dass ich mich im falschen Film befinde und dass das alles nicht wahr ist.
Wie kann das denn sein, dass ein Mann der eine Frau hatte, welche ihm zwar davongelaufen ist … er mit ihr aber sogar eine Tochter hat, plötzlich schwul sein soll?“
Abermals schüttelt sie leicht mit dem Kopf und ihre Stirnfalte entspannt sich wieder, als sich plötzlich ihr iPhone lautstark zu Wort meldet und sie es umständlich aus ihrer Handtasche kramt, welche am Fußende des Bettes liegt.
„Wer ist das? Vielleicht Lázló?“ frage ich aufgeschreckt und sie schaut verwirrt auf das Display ihres iPhones.
„Ja!“ antwortet sie hart schluckend.
„Aber ich kann jetzt nicht mit ihm sprechen.“
Kopfschüttelnd drückt sie den Anruf weg, wobei ich noch versuche sie aufzuhalten.
„Nein Saundra, warte! Dann gib‘ ihn mir! Ich will wissen wie es Tristan geht!“ rufe ich noch, doch sie zuckt schon mit den Schultern.
„Zu spät! Er ist schon weg! Dann soll er eben eine SMS schreiben, wenn es ihm so wichtig ist.“ zuckt sie abermals mit den Schultern und wirft das iPhone auf den Nachttisch neben uns.
„Ach Saundra! Was machst du denn?“ frage ich vorwurfsvoll.
„Warum hast du ihn denn nicht mir gegeben? Ich hätte gern mit ihm gesprochen und vor allem wüsste ich auch gerne, wie es Tristan geht und ob er überhaupt überlebt hat.“ sage ich leicht kopfschüttelnd und drehe meinen Kopf zur Seite.
Damit versuche ich meine nun feucht werdenden Augen bei dem Gedanken zu verbergen, dass es Tristan vielleicht doch nicht geschafft hat.
Tristan hat mich zwar immer gerne geneckt, aber ich habe den ‚Arizona-Man’ dadurch irgendwie lieb gewonnen.
Am Ende der Reise nach Ungarn sind wir schließlich doch noch Freunde geworden, obwohl ich kurzfristig auf ihn eifersüchtig war weil ich dachte, dass er sich Saundra verliebt hat.
Dabei ging es ihm die ganze Zeit nur um Lázló und Saundra interessierte ihn als Frau nicht die Bohne.
Der Gedanke an Tristan, seine schwere Schussverletzung und seine Liebe zu Lázló machen mir außerdem zunehmend Sorgen, weil ich immer noch nicht weiß was in Saundras schönem Kopf deswegen vor sich geht.
„Ach, der meldet sich schon wieder! Manchmal kann er fast so penetrant sein wie deine Mutter.“ meint sie mit einem leichten Lächeln und küsst mich auf den Mund.
Lange dauert der leidenschaftliche Kuss jedoch nicht, weil sich unterdessen nun mein Mobile Phone meldet und ich haste erst einmal umständlich aus dem Bett um es aus der Jackentasche zu ziehen, welche über dem Stuhl hängt.
Auf