Reginald. Johs. Georget. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johs. Georget
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738004113
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Magen. „Wie hab ich doch schön und lange an jedem Morgen in den letzten Mondvierteln ohne diesen nervigen Vogel, äh, nee, Säuger, oder Nager besser gesagt, ausschlafen können.“ Innerlich grinsend dachte er jedoch bei sich, wie gern er darauf verzichtet hätte und für immer darauf verzichten würde, wenn es seinem lieben Freund nur immer so gut gehen möge und er an jedem Morgen so aufgeregt und fröhlich keckerte, wie gerade jetzt. Indessen rappelte er sich auf und stiebte sein zu diesem Zweck weit abgesträubtes Gefieder, dass es nur so staubte, räkelte sich noch einmal so richtig ergiebig, indem er seine Schwingen drei Mal kräftig durchschwingen ließ und sagte dann „Los, Kleiner, aufsitzen. Ab durch die Lüfte!“. Das ließ Regi sich nicht zweimal sagen, sprang „Juhuuu“ dem Ader ins Genick, raufte sich ein Federbüschel zusammen, an dem er sich festhielt, murmelte so etwas wie „Ready for take off“ und ab ging es. Mit seinen gewaltigen Schwingenschlägen hatte Enno im Nu an Höhe gewonnen, und der Wald breitete sich unter ihnen aus. Sie kreisten so segelnd einige Runden über den Wald und um ihn herum, dass sie ihn in aller seiner Schönheit in sich aufnehmen konnten. „Sieh dich nur um, Reginald Eichhorn, hier ist dein Platz, hier ist alles, was du brauchst und hier sind auch alle, die dich brauchen. So wie ich“.

      Sie sahen den Wohnbaum, der alle anderen Bäume überragte, die Lichtung, wo so gern die Rehe ästen, die Wildschweinsuhle und den Weiher mit der Biberburg. Sie sahen Tannen, Fichten, Kiefern und Lärchen, sie sahen Eichen, Birken und Buchen, Ahorne, Erlen und Eschen und Ulmen, sie sahen Hagebutten, Schlehen, Haseln, Rotdorn und Holunder. „Ach“ seufzte Reginald „dass ich mir das so lange habe entgehen lassen.“ und gemeinsam freuten sie sich, dass die schwere Zeit nun endlich vorbei war.

      Langsam ließ Enno sich zum Weiher hinab gleiten, an die Tränke, wo schon einige Tiere versammelt waren, die allesamt Reginald freudig begrüßten und keine Zweifel daran ließen, wie wichtig ihnen ihr kleiner Freund war. Nachdem sie ausgiebig getrunken hatten, legte sich Regi rücklings ins Gras, knabberte genüsslich an einer Eichel, von denen er sich einen kleinen Vorrat aus einem seiner Verstecke ausgegraben und neben sich gelegt hatte, und Enno drückte sich eine gemütliche Kuhle ins Gras.

      „Du, Enno, ke-ke-kann ich dich mal was fragen? Was wegen der Geschichte? Wegen dem ES?“

      „Nur zu, Regi, frag nur immer zu. Wenn ich dir antworten kann, will ich das gern tun.“

      „Ja, also, das ES, gibt es das wirklich?“

      „Nun, du weißt doch sicher, dass es Dinge gibt, die gibt es einfach. Obwohl wir sie nicht sehen.“

      „Ja? Und was soll da sein?“

      „Grab mal hier ein Loch.“

      „Wozu denn das?“

      „Wirst du schon sehen“ erwiderte Enno „grab nur zu.“

      Regi erhob sich und begann mit seinen Vorderpfoten ein Loch zu graben. „Halt an“ rief Enno „guck mal in dein Loch. Hast du das schon mal gesehen?“

      „Natürlich nicht. Ist doch ke-ke-klar. Habe ich doch eben erst gerade aufgegraben!“

      „Siehst du. Aber was du da freigegraben hast, war schon vorher da. Grab weiter.“

      Regi grub weiter bis Enno erneut rief „Halt an“.

      „Ja, ja, schon ke-ke-klar, das habe ich auch noch nicht gesehen. Meinst du vielleicht, ich sollte das ES hier ausgraben?“

      „Nun, das gerade nicht, aber was denkst du, wie lange, wie tief kannst du hier graben?“

      „Ganz schön tief ke-ke-kann ich graben!“

      „Und dann? Noch tiefer?“

      „Na ke-ke-klar kann ich noch tiefer!“

      „Und dann? Oder ist irgendwann Schluss?

      „Naja“ Reginald kratzte sich am Kopf. „Sicher, irgendwann ke-ke-kann ich dann nicht mehr tiefer. Weil ich ja auch irgendwohin muss mit dem Abraum.“

      „Und was meinst du, ist dann nichts mehr da drunter?“

      „Na ke-ke-klar ist dann auch noch was darunter!“

      „Also Dinge, die wir nicht zu erkennen vermögen? Dinge, die da sind, zu denen wir aber nicht vordringen können, weil wir die Möglichkeit dazu nicht haben? Entweder weil wir nicht tief genug graben können? Oder weil uns die Sinne dazu fehlen?“

      „So meinst du das! Ja, ke-ke-klar. Sowas gibt es.“

      „Und so ist das auch mit dem ES. Es ist uns einfach nicht gegeben, das ES zu erkennen. Wir können nicht wissen, was es ist, weil uns die Sinne dazu fehlen, weil wir nicht zu ihm vordringen können. Aber irgendeine ordnende Hand muss es doch geben, die unsere schöne Welt, den schönen Wald und all die rätselhaften Wesen geschaffen hat. Und geben muss es diese Hand auch heute noch, die das Geflecht des Lebens weiterhin strickt und webt, klöppelt und flichtt, spinnt und häkelt. Irgendetwas, was dafür sorgt, dass alles ist, wie es ist. Manche nennen es Zufall. Andere nennen es Schöpfung, Schicksal, Karma. Oder Gott.“

      Eine lange Pause trat ein. Enno beobachtete seinen Freund, und schon bald wurde ihm klar, dass dieses, junge, kleine Wesen das Wesen eines übergeordneten Wirkens nicht erfassen, nicht begreifen konnte. Woher denn auch. Wer konnte das schon?

      Aber Regis Gedanken blieben nicht verzweifelt bei diesem Gott, Zufall oder ES hängen. Zu vieles beschäftigte ihn, so dass er Enno schließlich fragte „Und sag mal, Enno, hattest du auch ein Vorbild? Ich meine, du bist doch der größte und stärkste im ganzen Wald, alle haben Respekt vor dir, achten und ehren dich und außerdem bist du auch noch so klug und weise. Bist du so geworden, weil du ein Vorbild hattest?“

      Enno versank in seiner Erinnerung, aber nur für einen Moment, und begann dann mit verklärtem Blick zu schwärmen. „Ach ja, mein erstes Vorbild, das war mein Vater. Was war der groß und stark und mächtig! Und sein Federkleid war prächtig! Sobald er in Sichtweite kam, verstummte der Wald. Wenn er seinen Adlerschrei ertönen ließ, suchten alle Feinde das Weite. Ja, auch Adlerhorste haben Feinde, wenn sie unbewacht sind. Aber nie, nicht ein einziges Mal hat sich einer der Nesträuber in die Nähe unseres Horstes gewagt. Wenn er auf das Nest zugeflogen kam, verdunkelte sich der Himmel, finster wurde alles weit und breit und ein Brausen hub an! Alles starrte vor Ehrfurcht und vor seiner Macht und Stärke! Ach ja, was war er groß!“

      „Enenenenno, ke-ke-kek, nu halt aber mal an. Bleib mal auf dem Moosteppich! So maßlos übertreiben musst du wirklich nicht. Viel ke-ke-größer als du ke-ke-kann er ja nun wirklich nicht gewesen sein!“ holte Reginald seinen großen Freund in die Wirklichkeit zurück.

      „Tja, je nun, hast ja Recht, aber bei den meisten ist es doch wohl irgendwie so, dass die Eltern die ersten und wichtigsten Vorbilder sind. Und, nun ja, ich war eben damals noch klein und zart und schutzbedürftig. Ein Küken eben.“

      „Ein Ke-ke-Küken, ich ke-ke-kek lach’ mich ke-ke-kaputt“ kugelte sich Reginald.

      „Lach nicht! Was denkst denn du, wo ich herkomme? Oder hast du schon mal ein Ei gesehen, das groß genug für mich wäre? Na, nichts für ungut. Woher solltest du das auch besser wissen. Ja, und später hatte ich dann auch andere Vorbilder. Andere Adler, andere Vögel, zum Beispiel den Storch und die Eule, auch andere Waldtiere wie Fuchs, Biber und Ameise...“

      „Ja, aber Enno, du ke-ke-kannst doch nicht so viele auf einmal werden wollen. Das ke-ke-geht doch schon praktisch nicht. Eine Ameise mit deinem Schnabel würde ja schließlich nicht nur irgendwie ke-ke-komisch aussehen, sondern höchstwahrscheinlich den großen Schnabel gar nicht tragen können.“

      „Nein, Regi, so ist das auch gar nicht gemeint. Wie ich schon sagte, geht es bei Vorbildern nicht darum, etwas zu kopieren, sondern bestimmten herausragenden Eigenschaften nachzueifern. So war zum Beispiel ein Onkel von mir der beste Jäger weit und breit! Der elegante Segelflug der Störche ist mir Vorbild, die Weisheit der Eule, die unverdrossene Emsigkeit der Ameisen, der Fleiß der Biber, die List der Füchse und vieles, vieles mehr.“

      „Wie ke-ke-kann denn so vieles Vorbild sein?“

      „Nun