Eine zweite Chance. Carmen Sommer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Carmen Sommer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750223066
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Julie wollte ihnen nicht sagen, dass Rae jetzt eine andere Frau hatte. Es wäre für sie noch schlimmer gewesen. Vielleicht wären sie dann böse auf ihren Vater. Oder sie hätten sich selbst die Schuld gegeben, dass wollte sie auf jeden Fall verhindern. Sie benötigten alle Zeit, um es zu verarbeiten. Den Kontakt wollte sie Rae zu seinen Kindern nicht verbieten, dass wäre das allerschlimmste für die beiden gewesen.

      „Wollen wir zusammen das Essen zubereiten?“, fragte Julie.

      „Ich habe gar keinen Hunger“, schüttelte Jason den Kopf.

      „Komm schon. Wir müssen etwas essen. Dann kommen wir auch auf andere Gedanken.“

      „Aber ich vermisse meinen Papa“, weinte er wieder.

      „Jason, ich vermisse ihn auch. Glaube mir. Trotzdem. Lass uns in die Küche gehen.“

      Julie nahm seine Hand und ging mit ihm und Charlott in die Küche. Diesmal war es stiller als sonst. Alle saßen ruhig am Tisch und schauten auf den leeren Platz. Obwohl Rae selten mit ihnen zusammen aß, war es jetzt etwas anderes. Sie wussten, dass er nicht mehr hier wohnte. Julie versuchte alles, um die Kinder aufzuheitern, aber es war schwierig. Sie aßen kaum etwas.

      Am nächsten Morgen brachte Julie ihre Kinder zur Schule. Sie wollte sie diesmal begleiten. Unterwegs bekam sie einen Anruf. Es war Vicky, die ihr mitteilen wollte, wann die Beerdigung von ihrem Vater stattfand. Julie hatte ja versprochen, sie zu begleiten. Julie redete noch ein paar Worte mit ihr, dann war sie auch schon in ihrem Büro. Sie arbeitete als Innenarchitektin. Die Arbeit machte Julie Spaß. Sie hatte sehr nette Kollegen und Kolleginnen. Inzwischen wurde Freundschaft daraus. Während der Arbeit konnte sie so wenigstens für ein paar Stunden ihre Gedanken beiseite schieben. Trotzdem bemerkten auch die anderen, dass etwas mit Julie nicht stimmte. Sie war schon seit ein paar Tagen abwesend und nicht recht bei der Sache, aber keiner wollte sie darauf ansprechen. Doch jetzt machten sie sich richtig Sorgen. Heute war sie ganz anders und sah richtig schlecht aus.

      „Was ist los mit dir, Julie,“ fragte Katrin.

      Mit ihr und Linda hatte sie ein besonders freundschaftliches Verhältnis und sie trafen sich auch oft privat. Sie wussten, dass Rae oft unterwegs war und Julie manchmal traurig darüber war.

      „Hat es mal wieder mit der Arbeit von Rae zu tun?“

      „Diesmal nicht“, gab sie nur kurz zurück.

      „Diesmal nicht? Mit was denn dann. Nun sag schon. Mit dir ist doch irgendetwas?“

      „Ich habe mich von Rae getrennt“, schaute sie Katrin an.

      In diesem Moment kam auch Linda hinzu und blieb erstarrt stehen.

      „Was? Aber warum? Ihr ward doch so glücklich.“

      Katrin schaute Linda und dann Julie verständnislos an.

      „Das sah vielleicht nach außen so aus. Aber wir hatten schon seit einigen Wochen Schwierigkeiten. Ich dachte, wir würden es wieder hinbekommen, aber ich habe mich geirrt.“

      „Hast du nicht mit ihm darüber gesprochen. Kann er nicht etwas weniger arbeiten? Das muss doch möglich sein. Er hat Familie. Es muss ihm doch daran gelegen sein, dass er mehr Zeit mit euch verbringt?“

      Linda schüttelte ungläubig den Kopf.

      „Ich sagte ja schon, es ist diesmal nicht die Arbeit und die vielen Geschäftsreisen. Da ist noch etwas anderes.“

      „Was? Was willst du damit andeuten? Nein, sag, dass das nicht wahr ist? Das glaube ich nicht. Ist etwa eine andere Frau im Spiel?“, erschrak Katrin.

      „Doch.“

      „Nein. Das ist doch nicht möglich. Doch nicht Rae. Du musst dich irren.“

      Katrin konnte es nicht glauben.

      „Doch. Leider irre ich mich nicht. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen und er hat es zugegeben.“

      Julie hatte Tränen in den Augen.

      „Wie lange weißt du es schon?“, umarmte Katrin sie.

      „Seit ein paar Tagen. Den Verdacht hatte ich schon etwas länger, aber ich hatte es ignoriert und verdrängt. Er hat eine Affäre mit seiner Kollegin. Beim ersten mal dachte ich mir noch nichts dabei, obwohl es da schon seltsam war. Sie hatten sich umarmt. Aber dann sah ich beide in einer eindeutigen Situation, da war es mir klar.“

      „Dann hast du ihn darauf angesprochen?“, fragte Linda.

      „Klar. Er wollte es beenden. Für ihn hätte diese Affäre keine Bedeutung. Doch ich habe genug, es ist ja nicht das erste mal. Damals habe ich ihm eine Chance gegeben und es lief auch lange Zeit wirklich gut, aber, dass es jetzt wieder passiert ist, geht mir nicht in den Kopf. Ich habe einfach genug.“

      Julie musste die Tränen unterdrücken.

      „Du hast nie etwas gesagt. Ich wusste ja nicht, dass da schon mal was gelaufen war. Das tut mir so leid. Was geht in Raes Kopf vor. Sieht er denn nicht, was für eine wunderbare Frau er hat. Und seine Kinder? Die beiden sind so toll. Was sagen die beiden denn dazu? Wissen sie schon Bescheid?“, wollte Katrin wissen.

      „Seit gestern. Sie verstehen es nicht. Als ich es ihnen mitteilte weinten beide. Ich versuchte sie zu trösten, aber es gelang mir nicht ganz. Sie hängen sehr an Rae. Sie werden ihm bestimmt auch fehlen, denn er liebt sie, sehr, dass weiß ich.“

      „Und du, was empfindest du noch für ihn?“, schaute Linda sie an.

      „Natürlich bin ich enttäuscht und wütend auf ihn. Aber trotzdem fehlt er mir. Wenn ich ins Schlafzimmer komme und sehe, dass seine Sachen weg sind, bin ich traurig. Ich vermisse ihn, denn ich liebe ihn immer noch.“

      Katrin und Linda umarmten sie.

      „Es tut uns wirklich so leid. Wir hoffen, dass sich alles wieder einrenkt und Rae zur Vernunft kommt. Das wünschen wir dir und deinen Kindern. Da spreche ich, denke ich, für uns beide“, drückte sie Katrin nochmal.

      „Ich glaube nicht mehr dran. Auch wenn er wirklich die Affäre beendet, weiß ich nicht, wie lange es dauert, bis es wieder geschieht. Ich habe das Vertrauen zu ihm verloren. Was sucht er eigentlich? Eine lange Zeit lief es wirklich gut zwischen uns, in jeder Beziehung. Immer wieder hat er mir seine Liebe gestanden, hat er mich verwöhnt, war ein liebevoller Partner und Vater. Doch schon seit ein paar Wochen habe ich eine Veränderung festgestellt. Er sah mich gar nicht mehr. Er hat mich nicht mehr wahrgenommen. Ich war einfach nur da. Da hätte ich schon hellhörig werden müssen, aber ich dachte, es hätte etwa mit seinem neuen Projekt zu tun. Doch das war es nicht. Ich verstehe es nicht. Blind war ich.“

      Was sollte Katrin dazu sagen? Sie verstand es ja auch nicht. Ebenso wie Linda. Welche Ratschläge sollten sie ihr geben? Zum Glück hatte Katrin keinen festen Freund. Nur einen Bekannten. Katrin war 30 Jahre und seit drei Jahren kannte sie jetzt Nat schon. Es war für beide reine Freundschaft, dass hatten sie rechtzeitig festgestellt. Nat war, genau wie Rae, beruflich sehr eingespannt. Trotzdem verbrachten die beiden soviel Zeit wie möglich miteinander. Also konnte sie Julie keine Tipps geben. Linda war etwas jünger und hatte sich gerade von ihrem Freund getrennt. Aber nicht weil er eine Andere hatte. Sie merkten ebenfalls beide, dass sie ganz unterschiedliche Ziele und Erwartungen hatten. Man trennte sich in Freundschaft. Hatte aber immer noch Kontakt.

      „Ich bin immer für dich da, Julie. Du kannst immer mit mir reden.“

      „Danke Katrin. Ich weiß. Aber momentan kann mir keiner helfen.“

      Schweigend arbeiteten alle wieder weiter.

      Rae war wütend auf sich selbst. Warum habe ich sie betrogen, schon wieder? Ich liebe sie doch, über alles. Und ich liebe meine Kinder. Gerne möchte ich sie in die Arme nehmen und um Verzeihung bitten, dachte er. Doch er konnte auch Julie verstehen. Sie hatte es nicht leicht mit ihm. Er musste die Sache beenden und zwar heute noch. Er saß an seinem Schreibtisch und sah zu Sharon. Ihre Büros waren nur durch eine Glasscheibe getrennt. Ein richtiger Idiot war ich, dachte er. Es stand fest, er musste es tun. Er musste mit Sharon Schluss