Das Geheimnis der Schatten. Viktoria Vulpini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Viktoria Vulpini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742791047
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vielleicht hätten anders sehen können, auf der anderen Seite war es nun einmal fertig und man konnte daran nicht mehr viel ändern.

      „Ich weiß wirklich nicht, wie ich das wieder gut machen soll.”

      Vanessa schüttelte den Kopf. „Ist schon okay.” Wieder breitete sich eine unangenehme Stille aus, wie sie nur dann existierte, wenn keiner mehr etwas zu sagen wusste.

      „Ich werde gleich Mittagessen kochen. Mögen sie lieber Spaghetti mit Pesto oder Kartoffelauflauf?” Allein der Gedanke, schien bei Ramon schon fast Begeisterung auszulösen. Er bot ihr sogar an zu helfen doch Vanessa lehnte dies direkt ab. „Sie ruhen sich lieber noch ein wenig aus, ich will sowieso kochen.” Für einen Moment glaubte sie eine Spur Misstrauen in seinem Blick zu sehen, doch dann nickte er.

      Diesmal aßen sie in der Küche. Es fiel kein Wort, außer den üblichen Höflichkeiten. Schließlich lehnte er sich mit einem wohligen Laut, nach dem zweiten Teller, auf seinem Stuhl ein wenig zurück und schien rundum satt zu sein.

      Da während des Essens schon die Post gekommen war, konnte sie diese direkt im Anschluss in die Küche holen. Drei Briefe, etwas Werbung, die sie sofort zur Seite sortierte und einen Zettel. Der Zettel interessierte Vanessa am meisten also klappte sie ihn direkt auf und las: „Der Mann, der sich auf ihrem Hof versteckt ist ein Jäger. Verhalten Sie sich unauffällig und verständigen Sie uns. Versuchen Sie auf keinen Fall wegzulaufen.” Dann folgte eine Handynummer. Eine tiefe, steile Falte entstand auf ihrer Stirn. War das eine Nachricht von den späten Störenfrieden? Was sollte sie bedeuten? Ramons Haltung war wieder angespannt und er musterte sie aus wachsamen Augen.

      Schließlich schüttelte sie leicht den Kopf. „Diese beiden komischen Gestalten von gestern Abend scheinen sehr hartnäckig zu sein.” Bei diesen Worten schob sie den Zettel zu dem Mann hinüber, der ihn las und deutlich blasser wurde. Interessiert und ohne wirklich zu verstehen, was genau hier lief, beobachtete sie die Reaktion von Ramon.

      Verunsicherung lag in seinem Blick und wieder eine Spur Furcht, als er sie wieder anblickte. „Ich werde Ihnen nichts tun, ich bin wenn Sie wollen sofort weg. Ich nehme meine Sachen und gehe.”

      Sie verzog ein wenig das Gesicht und stellte dann fest: „Ich mag keine Jäger.” Es war die Wahrheit und es war kein Geheimnis, schon einmal hatte sie sich mit den örtlichen Jägern angelegt, ob der Wind womöglich von daher wehte?

      Der Mann lachte frustriert und es klang fast schon verbittert: „Es gibt kaum jemanden der uns mag.”

      Ihr Mitleid hielt sich nun wirklich in Grenzen. „Nun ja, es gibt denke ich einfach Menschen, die der Meinung sind, dass man keine Bambi-Mörder mehr braucht. Die Luchse sind wieder da, die Wölfe auch und wenn ich mir die ständigen Jagdunfälle in der Zeitung so ansehe… ”, sie unterbrach sich als sie den verwirrten Blick des Mannes bemerkte, der offenbar nicht wirklich verstand, was sie ihm sagen wollte. „Irgendwie habe ich den Eindruck wir reden hier nicht von einem schießwütigen Irren, der nachts die Wälder unsicher macht und Jagd auf Bambis, Wildschweine und Kaninchen macht.”

      Ramon schien sich nicht sicher zu sein, was er darauf sagen sollte, er wirkte ein wenig überfahren, gedachte aber offenbar nicht, sie aufzuklären.

      Vanessa beendete das Thema dann einfach mit einem Schulterzucken, nahm den Zettel, zerknautschte ihn und warf ihn dann in die Tonne. „Ist ja aber auch eigentlich egal, ich habe keine Lust mich in Ihre Probleme oder die der Störenfriede von gestern Nacht reinzuhängen.” Die Art wie Ramon sie daraufhin anstarrte zeigte ihr deutlich wie merkwürdig ihr Verhalten offenbar war. Vielleicht waren ihr aber auch kleine, grüne Antennen aus dem Kopf gewachsen. Eine Erklärung für dieses Verhalten hatte sie nicht, aber sie sparte es sich auch dabei nachzuhaken.

      Nachdem sie noch einen Nachschlag angeboten hatte, den Ramon aber ablehnte, begann sie die Sachen wegzuräumen. Ihn schickte sie, als er Anstalten machte ihr helfen zu wollen, auf die Couch zurück mit dem ganz klaren Auftrag sich auszuruhen, dem dieser auch nach kurzem Zögern nachkam.

      Nachdem sie die Küche fertig aufgeräumt hatte, sah sie kurz nach Ramon, der aber lang ausgestreckt auf der Couch lag und schlief. So holte sie sich ein Buch von oben und setzte sich in die Küche um zu lesen.

      Erst kurz vor der üblichen Abendessenszeit wurde sie bei ihrer Lektüre unterbrochen, als die Tür zur Küche geöffnet wurde. Sie war nicht sonderlich überrascht, dass es Ramon war, sie hatte ihn bereits kurz zuvor gehört - doch Ramon war nicht allein. Für den Bruchteil einer Sekunde meinte sie hinter ihm einen Schatten auszumachen, doch er war verschwunden bevor sie ihn wirklich ganz erfassen konnte. Sofort verlor sie alle Farbe aus dem Gesicht und spürte wie ihre Hände leicht zu zittern begangen.

      „Ich wollte Sie nicht erschrecken”, entschuldigte sich Ramon sofort.

      Eilig schüttelte sie den Kopf. „Das Buch war nur so spannend…”, erwiderte sie, sah aber das Stirnrunzeln, welches sich kurz auf seiner Stirn abzeichnete. Diese Erklärung war natürlich völlig unsinnig, denn ein einziger Blick auf den Titel des Buches offenbarte jedem, dass es sich um ein Sachbuch handelte, das versuchte dem geneigten Leser die neuesten Entdeckungen in der Biologie verständlich zu machen. Damit war es nicht unbedingt die passende Lektüre um daraus aufzuschrecken. Sie holte schon Luft um dem etwas hinzuzufügen, entschied sich dann doch dagegen, ihr fiel auf die Schnelle so absolut gar nichts ein, was geeignet gewesen wäre.

      Themawechsel, das war genau der richtige Zeitpunkt dafür. Sie klappte das Buch zu. „Haben Sie Hunger?”

      „So einfach zu durchschauen, was?”, er verzog das Gesicht zu einem Grinsen, das einfach nur ansteckend wirkte.

      „Was sonst sollte man in einer Küche wollen?” Der verlegene Ausdruck in seinem Gesicht entging ihr nicht.

      Ramon nickte. „Ein wenig. Ich hatte gehofft die Reste vom Mittag zu finden”, gestand er und fühlte sich dabei offensichtlich etwas unwohl.

      Schnell erhob sich Vanessa, holte einen Teller aus dem Schrank, tat die Reste auf und schob sie in die Mikrowelle. Unterdessen betrat er vollständig die Küche, schloss die Tür wieder hinter sich und setzte sich auf den Stuhl auf dem er heute Mittag schon gesessen hatte.

      Sie selbst hatte keinen Appetit nach der Situation gerade. Krampfhaft versuchte sie sich zu beruhigen, vermutlich war das nur ein ganz harmloser, optischer Effekt gewesen. Eine kleine Unschärfe beim schnellen Wechsel vom fixierten auf-die-Buchstaben-starren hin zur Tür. Natürlich, das klang logisch und vermutlich war es nichts anderes. Vermutlich war das nur wieder eine ihrer Überreaktionen. Wenn es um diese Schatten ging, brannten bei ihr immer irgendwelche Leitungen durch und sie benahm sich offensichtlich merkwürdig.

      „Sie wirken nervös. Möchten Sie, dass ich gehe?”

      Erschrocken blickte sie zu ihm. Sie hasste es, wenn Menschen ihre Unsicherheit in solchen Momenten wahrnahmen. Eilig schüttelte sie den Kopf und erwiderte: „Nein, ich bin nur gerade irgendwie - etwas aufgekratzt.”

      „Von der Lektüre?” Die Skepsis in den Worten erkannte selbst sie sofort, sie fühlte sich ertappt und irgendwie gar nicht mehr wohl in ihrer Haut. Eilig suchte sie nach einer plausiblen Erklärung, doch noch bevor ihr etwas Passendes eingefallen war, was sie hätte sagen können, entschuldigte er sich für seine Neugier und schien das Thema damit ruhen lassen zu wollen.

      Irgendwie entbehrte dieses um-einander-herum-Tanzen, nicht einer gewissen Komik, fand Vanessa. Sie würde ihre Geheimnisse genauso hüten, wie er die Seinigen, soviel stand fest.

      Schweigsam beobachtete sie ihn bis die Mikrowelle diese unangenehme Situation kurz unterbrach. Doch bevor das unangenehme Schweigen in dieser Situation überhand nehmen konnte, ergriff er das Wort: „Wenn Sie erlauben, bleibe ich noch diese Nacht und verlasse Sie dann morgen früh.”

      Überrascht blickte sie ihn an. „Natürlich, Sie stören mich nicht und auf einen Tag kommt es nicht an. Kurieren Sie sich ruhig aus.”

      „Das wäre zu gefährlich. Ich fürchte, ich würde Sie in Schwierigkeiten bringen, wenn ich zu lange hier verweile.”

      Sie setzte sich zu ihm an