Stadt ohne Licht. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737526371
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erpressen, sollte er für ihn diverse Organisationen auskundschaften, oder sollte er etwas für ihn erledigen.

      »Was wollen Sie damit, glauben sie, dass mich damit in der Hand haben, dass ich jetzt mache, was Sie sagen«.

      »Gemach, gemach junger Mann, keiner will Sie erpressen«. Nachdenklich, als ob er noch überlege, ob er weiter reden soll, blickte er ernsthaft auf ihn. Dann fuhr er fort, »wenn Sie der Mann sind, als den ich Sie einschätze, dann habe ich große Pläne mit Ihnen vor«.

      In groben Zügen hatte er ihm dargelegt, was er sich, gemeinsam mit seinen Freunden überlegt hatte. Zuerst ungläubig, dann verwirrt hatte er den Worten gelauscht, die aus dem Mund von Otto Held quollen und die nicht wahr sein konnten. Als er nach mehr als einer Stunde entlassen wurde, glaubte er sich in einer Traumwelt oder einer Scheinwelt, egal wie man es bezeichnete, es konnte nicht real sein.

      Noch Tage später ließ er jedes Wort von Otto Held Revue passieren, versuchte jeden Satz zu reproduzieren. Aber auch da fühlte es sich noch irreal an, diese angebliche Planung konnte nicht existieren, es wäre längst bekannt geworden. Er wusste das nur zu gut, hatte am eigenen Leib erfahren, dass man Planungen, vor allem in dieser Größenordnung, nicht geheim halten konnte. Auch wenn er sich einen Plan dieser Größenordnung selbst nie zugetraut, nie in Betracht gezogen hätte.

      Langsam begann er sich damit auseinanderzusetzen, ließ, er wusste nicht mehr zum wievielten Mal, alles in seinem Kopf kreisen, versuchte Lücken oder Ungereimtheiten zu entdecken. Irgendwann musste er sich eingestehen, dass er noch zu wenig Details wusste, um tatsächlich über die Planung urteilen zu können.

      Als Otto Held sich nach vierzehn Tagen erneut meldete, stellte sich die Frage nach einem Treffen nicht mehr. Inzwischen waren die Fragen, die sich neu ergaben so zahlreich, dass er auf den Anruf gewartet hatte.

      Die meisten Fragen konnte dieser beantworten, ein Teil der Fragen würde bis zum Totensonntag offenbleiben, dann, davon war er überzeugt, würden seine Freunde diese Fragen beantworten.

      In der Folgezeit trafen sie noch mehrfach zusammen auch um Fragen zu beantworten, die Otto Held hatte. Sein Gefühl, dass er bei diesen Treffen mehr und mehr einer Prüfung unterzogen wurde, bestätigte sich, als er ihm im Oktober mitteilte, dass er nun gänzlich überzeugt sei. Nun läge es an ihm, auch seine Freunde am Totensonntag von seinen Fähigkeiten zu überzeugen.

      Sie hatten ihn neugierig betrachtet, als er pünktlich zum vereinbarten Termin erschien. Es sollte bestimmt locker wirken, wie sie an einem Stehtisch vor dem kalten Buffet standen, um auf den Überraschungsgast ihres Freundes Otto zu warten. Natürlich kannten sie ihn, hatten von ihm gehört, als er noch seine zum Teil kruden Thesen vertrat. Waren bestimmt neugierig geworden als er sich von bestimmten Ansichten und Personen distanzierte.

      Als er sich die Namen der hier anwesenden Personen vergegenwärtigte, stellte er zwar den immensen Reichtum dieser versammelten Wirtschaftsgrößen fest, eine Unterstützung seiner Ziele hatte er allerdings nicht feststellen können.

      Es war Dieter Kunz, der ihn zuerst angesprochen hatte, der ihn in ihrer Runde begrüßte, dann zu Otto Held sagte, »mein Lieber, diese Überraschung ist Dir gelungen«. Nach und nach begrüßten ihn alle, dann wurde über die gemeinsamen Ziele gesprochen. Im Anschluss daran erfolgte eine zum Teil lauter werdende Diskussion, wie man diese Ziele erreichen wollte. Zufriedenheit war überall zu spüren, als man über die Umsetzung sprach, wie und in welcher Geschwindigkeit, oder wie Otto Held meinte, mit welcher Vehemenz man seine Ziele umsetzte.

      Es herrschte ziemlich schnell Einigkeit, dass er in die weiteren Verhandlungen bei Sheikh Kermani eingebunden werden sollte. Er sollte im Dezember nach Karachi reisen, um die gesamte Planung mit einem Vertreter des Sheikhs abzustimmen. Vorher würden noch Kopien der gesamten Baupläne aus dem Bauamt verschafft und auf Schwachstellen untersucht werden.

      Nun befand er sich in Delhi auf dem Weg nach Karachi, hatte die gesamten Pläne mit einer professionellen Schwachstellenanalyse dabei um sie in Karachi zu übergeben. Fast genau so wichtig war die zeitliche Abfolge, in der die Umsetzung ihrer Vorgaben erfolgen sollte. Friedrich Kroeger hatte ihm noch, den für diesen Zeitraum infrage kommenden Zeitpunkt für das Besteigen des Schiffs in Mumbai genannt, da der Umschlag der Ladung unmittelbar vorher erfolgen sollte.

      In der Nacht vor dem Auslaufen der MS Harvestehude würde der Lademeister, der in alles eingeweiht war, die Reisegruppe in den speziell vorbereiteten Raum bringen. Für Nahrung und Getränke für die Überfahrt, geplant waren achtundzwanzig Tage, würde ausreichend gesorgt werden.

      Der Beginn des Abends machte sich, durch das rapide sinken der Temperatur sowie der grellen Beleuchtung an den Geschäften bemerkbar. Unbeeindruckt davon ließ die Lautstärke nur unmerklich nach, das Chaos auf den Straßen schien nur durch das Verursachen von Geräuschen zu funktionieren. Egal was sich auf den Straßen vorwärts bewegte, es gab Töne von sich. Das unterschiedliche Hupen von Autos sowie den motorisierten Rikschas wurde überlagert von dem Klingeln der Fahrradrikschas sowie dem Keifen und Zetern der Fußgänger.

      Aus diesen sogenannten Tuk-Tuks entstieg häufig eine derartige Anzahl von Personen, die nur eine Vermutung zuließ, sie mussten auf der anderen Seite permanent zugestiegen sein. Die indischen Gottheiten hatten offensichtlich alle Hände voll zu tun oder sie bewirkten Wunder, denn sonst wären bei dem vorherrschenden Chaos die Unfallzahlen ins Unermessliche gestiegen.

      Erschaudernd veränderte er die Temperatur der Klimaanlage, diese erheblichen Temperaturschwankungen innerhalb eines Tages machten sich bemerkbar. Vom schmuddeligen Berlin mit geringen Plusgraden ins weiße München mit Minusgraden folgte der erste Temperaturschock mit über zwanzig Grad. Dann das erneute Absinken auf gefühlte fünf Grad, die er bereits am Morgen in Berlin verspürt hatte. Wie sollte er dieses Chaos noch drei Tage ertragen, ohne Schaden zu nehmen.

      6. Kapitel

      Es war ein Knall, auf den eine grüne Rakete folgte, der das neue Jahr einleitete. Sein Blick durch das vergitterte Fenster fiel auf eine Vielzahl von Feiernden, die das alte Jahr mit Böllern vertrieb und das neue Jahr mit bunten Raketen begrüßte. Er sah, wie sich einige umarmten, sich auf die Wange küssten, um zum Nächsten zu wechseln, wo sich das Spiel wiederholte. Bei den Leuten, die sich unter einer Laterne eingefunden hatten, konnte er die Bewegung der Münder beobachten. Nichts davon drang bis zu ihm an sein vergittertes Fenster kein Laut drang zu ihm. Aus ihrem Verhalten schloss er, dass sie sich wahrscheinlich ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr wünschten,.

      War diese Stille sein Omen für das kommende Jahr, würde er nach der Verhandlung nur die Zelle wechseln. Nichts wies darauf hin, dass sich im neuen Jahr für ihn etwas ändern würde. Auch wenn Sebastian und Elisabeth ihm Mut zusprachen, so war ihr Handlungsspielraum nur begrenzt darin, etwas ändern zu wollen. Beide waren nicht in der Lage tatsächlich etwas an seiner misslichen Lage zu ändern.

      Die Nachricht von Sebastian, dass Elisabeth trotz Verbots nach Kiel gefahren war, hatte ihn nur kurz überrascht. Alles, was er bisher über Elisabeth erfahren oder in der kurzen Zeit erlebt hatte, zeigte ihre nicht zu bremsende Energie. Sie wäre sprichwörtlich mit dem Kopf unter dem Arm gefahren, wenn sie sich dies fest vorgenommen hätte.

      Trotzdem hoffte er, dass sie in Kiel etwas finden würde, was diesen Zeugen unglaubwürdig machte, etwas was man gegen ihn verwenden konnte. In seinen Überlegungen, er hatte hier mehr Zeit, als er sonst hätte ausfüllen können, war er immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Vorfall mit der Mutter von Elisabeth zu tun hatte und sehr weit zurückliegen musste.

      Wenn er das Alter der Beteiligten berücksichtigte, kam er zu der Überzeugung, dass es in den zehn Jahren zwischen neunzehnhundertvierzig und neunzehnhundertfünfzig geschehen sein musste. Vielleicht noch ein paar Jahre vorher, allerdings nicht später, da sonst Elisabeth sich an den Vorfall erinnert hätte, wenn sie etwas von einem Streit mitbekommen hätte.

      Als Elisabeth ihn vor ihrer Verletzung besuchte, hatte er ihr seine Gedanken mitgeteilt. Dabei hatte er ihr unverblümt gesagt, dass dieser Überfall, als auch die Einbrüche vorher, ausschließlich mit ihr zu tun haben müssen. Es war ihm damals nicht aufgefallen, wahrscheinlich war er zu sehr mit sich selbst