Stadt ohne Licht. Ernst Meder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ernst Meder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737526371
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klammerten. An diesem Tag das fühlte ich, wurde der Samen für ein neues Leben in mich gepflanzt.

      Als ich es aussprach, hat er mich angelächelt, noch enger an sich gezogen und gesagt, ich freue mich auf unser Kind, dann liefen ihm plötzlich Tränen über sein Gesicht. Als er sagte, auch wenn es nie unser Kind sein darf, wusste ich, weshalb er traurig war.

      Wir trafen uns in dieser Woche jeden Tag in dieser Wohnung, für die ich inzwischen einen Schlüssel besaß. Wir redeten über unsere Ehen, auch er war verheiratet und hatte bereits einen Sohn. Da dieser Sohn behindert war, hatte sich seine Frau geweigert die Ehe weiter zu vollziehen, er durfte nicht mehr zu ihr ins Bett. Wir redeten über unsere Zukunft, die es nie geben würde, unser gemeinsames Kind, das nie unser Kind sein durfte.

      Wir trafen uns, so oft es ging, immer wenn er oder ich mich frei machen konnten, trafen wir uns in der Wohnung und liebten uns. Er erzählte mir wie sehr er mich begehrte, als er mich zum ersten Mal gesehen hat und er war begierig zu wissen, was ich gefühlt habe. Inzwischen weiß ich was ich an jenem Tag im Innenhof gefühlt habe, es war die viel beschworene Liebe auf den ersten Blick.

      Als Heinrich am Montag zurückkam, hab ich ihn verführt, habe ihm vorgemacht, dass heute ein fruchtbarer Tag sei, wenn er einen Sohn will. Als er sich von mir runter gerollt hat und zu schnarchen begann, bin ich in das Badezimmer gegangen und habe versucht, alles herauszuwaschen. Ich wollte nicht, dass sich sein Samen mit dem Samen der Liebe vermischt.

      Ein paar Wochen später erhielt ich die Bestätigung dessen, was ich bereits wusste, ich war schwanger. Ich sagte es dem richtigen Vater zuerst, erzählte ihm, nachdem wir uns geliebt haben, dass sein Kind in mir wächst. Er hatte Tränen in den Augen, dieses Mal jedoch Tränen der Freude. Heinrich erzählte ich ein paar Tage später von meiner Schwangerschaft, er hielt es für selbstverständlich. Er sagte, deshalb habe ich es aufgeschrieben, eine deutsche Frau hat ihrem Führer und ihrem deutschen Mann einen Sohn zu schenken.

      Elisabeth blickte überrascht auf, als sie eine bekannte Stimme vernahm. »Frau Schlüter ist bei Ihnen alles in Ordnung«.

      Ja, verwirrt blickte sie auf das vor ihr liegende Buch, auf die losen Blätter dann zu dem Bankangestellten, der die Box aus dem Schließfach entnommen hatte.

      »Ich habe mir Sorgen gemacht, Sie sind bereits seit drei Stunden hier unten, kann ich Ihnen einen Kaffee oder ein Wasser bringen«.

      Etwas ruckartig wischte sie sich über die Stirn, »nein danke, ich habe nur eine Bitte, könnten sie die Box wieder ins Schießfach stellen, das hier werde ich mitnehmen«. Damit zeigte sie auf die Papiere, die sie gerade gelesen hatte, den Rest wollte sie heute nicht mitnehmen.

      5. Kapitel

      Seine Reise nach Karachi war über Umwege erfolgt, schließlich sollte niemand den Bestimmungsort seiner Reise kennen. Nachdem er in Delhi eintraf, musste er vier Tage warten, da sein Flug nach Gujarat erst am zwölften Dezember erfolgen sollte. Natürlich hatte er sich, als er aus der Kälte von Berlin über München abreiste viel zu warme Kleidung angezogen. Beim Verlassen des Flugzeugs spürte er sofort, wie sich der Schweiß unter seinen Schultern selbstständig machte und langsam am Körper entlang lief, bis er von dem noch locker sitzenden T-Shirt aufgefangen wurde. Obwohl die Temperatur nur dreiundzwanzig Grad betrug, wollte er augenblicklich den dicken Pullover loswerden.

      Auf der Suche nach der Gepäckausgabe musste er sich eingestehen, dass er den Begriff Chaos neu definieren sollte, da er sonst weder sein Gepäck noch den Ausgang des Flughafens finden würde. In dem Flugzeug der Air India hatte er in einer Broschüre gelesen, dass auf dem Indira Gandhi International Airport mehr als dreißig Millionen Fluggäste abgefertigt werden. Die Frage, die er sich stellte, war, warum musste ein Großteil dieser Fluggäste heute hier ankommen.

      Sein Transport nach Karachi war erst ab Gujarat organisiert, deshalb blieb es ihm überlassen, sich selbst mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Endlich sah er in dem Gewühl der angekommenen Flugreisenden ein Schild, auf dem fortwährend München blinkte. Mit seinem Handgepäck, sowie dem inzwischen entledigten Pullover in der Hand stürzte er sich in die Massen, in der Hoffnung von diesen in die angestrebte Richtung geschoben zu werden. Vor dem Gepäckband angekommen blickte er in fremde Gesichter, beunruhigt blickte er sich um, bis er endlich ein bekanntes Gesicht zu sehen glaubte.

      Nach fast einer Stunde stand er am Ausgang, als er von einer Horde Taxifahrern überfallen wurde, die nur eins wollten, ihn in eines der abenteuerlich anmutenden Fahrzeuge zu ziehen. Von der Heftigkeit der anstürmenden Meute überrascht suchte er die Flucht zurück in das Flughafengebäude. Er erinnerte sich in Vorbereitung auf die Reise gelesen zu haben, dass es in der Ankunftshalle einen Schalter der Delhi-Traffic Police geben sollte, an dem er eine Taxi-Fahrkarte zu einem Festpreis kaufen konnte.

      Im Hotel angekommen fühlte er noch den klebrigen Schweiß seiner Ankunft, obwohl die jetzigen Temperaturen sehr angenehm waren. Nach einer Dusche, die ihre Temperatur nach Belieben wechselte, fühlte er sich erfrischt, endlich konnte er das Treiben auf der Straße mit der Distanz eines Touristen betrachten, obwohl sein Ziel mit Tourismus wenig gemein hatte.

      Er überprüfte seine Unterlagen inzwischen zum dritten oder vierten Mal auf Vollständigkeit, ehe er sie wieder in den Koffer in das präparierte Versteck zurücklegte. Nichts wäre schlimmer als das diese Unterlagen entwendet und durch Zufall bei der deutschen Botschaft landen würden. Die Wissbegierde der Sicherheitsbehörden könnte die gesamte Planung über den Haufen werfen. Viele Jahre der Vorbereitung wären durch Zufall oder seine Nachlässigkeit vergebens gewesen.

      Der Totensonntag stand ihm noch vor Augen, als er in dieser Villa im Grunewald die Initiatoren dieser Reise kennenlernte. Das heißt, eine Person kannte er bereits, den Eigentümer dieser Villa, der ihn im August angerufen hatte.

      Von dem Anruf dieser zu jenem Zeitpunkt noch fremden Person überrascht, war mit seinen Äußerungen am Telefon vorsichtig und vage geblieben. Über den Namen Otto Held war er in den einschlägigen Tageszeitungen diverse Male gestolpert und wusste über ihn nur, dass er zu den fünfzig Reichsten Deutschlands zählte.

      Das Telefonat war nicht sonderlich lang, er sagte nur, dass er ihn am kommenden Sonntag in seiner Villa erwarte. Noch ehe er sich überlegen konnte, ob er diesem augenscheinlichen Befehl nachkommen wolle, hatte dieser Otto Held einfach aufgelegt. Offensichtlich erwartete er, dass jeder nach seiner Pfeife tanzte, hatte er noch mit dem Hörer in der Hand gedacht, aus dem bereits das Freizeichen erklang.

      Welche Nachteile konnte es für ihn nach sich ziehen, dieser Einladung nachzukommen, im schlimmsten Fall würde er den Besuch als überflüssig abhaken, im besten Fall, so hoffte er, konnte er mit einer Spende für seine Partei rechnen. Also war er tatsächlich zu diesem Otto Held zu der gewünschten Zeit gefahren, wo dieser ihn bereits erwartete. Dieser hatte tatsächlich mit seinem Besuch gerechnet, obwohl er selbst noch mehrere Tage unschlüssig darüber gegrübelt hatte.

      »Kommen Sie rein junger Mann«, lautete seine Begrüßung. Eigentlich hasste er diese joviale Form der Begrüßung, die einen immer wie einen Schuljungen wirken ließ. Trotzdem ließ er es geschehen ohne etwas zu erwidern, er hatte nur etwas gequält gelächelt. Sollte er sich doch selbst ein Bild darüber machen, wie groß seine Erwartung war.

      Zuerst plätscherte ihr Gespräch, ohne das eine Richtung erkennbar wurde, dann unmerklich fast, nahm das Gespräch eine Richtung, die er nur mit sehr guten Bekannten diskutierte. Als dieser Otto Held vermeinte seine Zurückhaltung zu spüren, griff er zu einer Mappe, die neben ihm lag, reichte sie über den Tisch und wartete ab.

      Zuerst noch verlegen die Mappe öffnend, glitt sein Blick zwischen der Mappe und der Person hin und her, die offenbar ein Spiel mit ihm spielte. Was beabsichtigte dieser, es wurde immer rätselhafter, bis er die Mappe aufschlug. Es war ein Bericht über seine Person, etwas überspitzt gesagt, von seiner Geburt bis zum heutigen Tag. All seine politischen Handlungen außerdem legale, wie weniger legale Tätigkeiten, aber auch Dinge die er bisher als sein Geheimnis betrachtet hatte, standen in dem Bericht. Er suchte gezielt nach etwas, was keiner wissen konnte, da nur ein sehr enger Kreis Kenntnis davon hatte, auch dieses Vergehen stand in dem Bericht.

      Tausend Gedanken