Das Geheimnis des Gedenksteins. Hans Nordländer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Nordländer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847691907
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bleibe ich dran. Ich glaube, mein Opa hat noch ein Schrotgewehr. Damit werde ich jede Taube, die mir begegnet, vom Himmel holen und nachschauen. Da muss doch eine Story drin sein?“

      „Du willst was?“

      „Deinem Rat folgen. Na, du weißt schon, Verschwörungen aufdecken und so weiter.“

      „Bist du jetzt ....?“, sie unterbrach sich, als Theo anfing, lauthals zu lachen.

      „Du hast mir das doch nicht etwa geglaubt, oder?“, fragte er.

      „Natürlich nicht“, meinte Cornelia entschieden. „Wer würde dir einen solchen Blödsinn abnehmen.“

      „Eben, außer dir bestimmt keiner - aua!“ Cornelia hatte mit einer leeren Blumenvase ausgeholt und drohte, mit ihr nach ihm zu werfen. Seine Schmerzensäußerung und die abwehrend erhobenen Arme waren rein vorbeugende Maßnahmen. Er nahm ihr die Vase aus der Hand und küsste sie besänftigend. „So, und morgen schreibe ich einen total langweiligen Artikel über Taubenzüchter und Windmühlen. Zufrieden?“

      „Das ist auch vernünftiger.“

      „Und dann gehe ich auf die Suche nach der wirklich großen Story“, setzte er nach.

      „Dann mach `mal.“

      „Und wie war dein Wochenende in Weidlingen?“, wechselte er schließlich das Thema.

      „Unspektakulär“, log Cornelia, die immer noch nicht darüber reden wollte. „Aber ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Jäger kennengelernt.“

      „Ach so“, meinte Theo. „Wie das?“

      „Es war sogar ein unerwartet netter Jäger. Er heißt Pestacker, Ferdinand Pestacker, und hat mir das Leben gerettet.“

      „Ein richtiger Held also. Ein Held mit einem allerdings wenig heldenhaften Namen.“

      „Im Hinblick auf deinen eigenen Namen solltest du dich vielleicht nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen“, bemerkte Cornelia mit verhaltenem Spott.

      „Wie gemein von dir“, erwiderte Theo gekränkt. „Wie war er denn?“

      „Charmant, jedenfalls so charmant, wie jemand sein kann, den man im tiefsten Wald trifft.“

      „Ich verstehe kein Wort. Wie kann jemand, der Pestacker heißt, charmant sein? Und was treibst du dich im tiefen Wald herum? Wie alt ist er überhaupt?“

      Cornelia gab ihrem Theo einen Kuss und meinte verschmitzt: „Älter als du. Wie alt weiß ich nicht, aber er ist glücklich verheiratet -.“

      „Behauptet er.“

      „Und ich glaube ihm das. Er hat mir auch keine Avancen gemacht, wenn du das befürchtest. Du brauchst also nicht eifersüchtig zu sein.“

      „Dann bin ich beruhigt. Hat er gesagt, wo er herkommt?“

      „Er war einfach da.“

      „Nein, das meine ich nicht. Wo wohnt er?“

      „Irgendwo in Hannover. Mehr weiß ich auch nicht. Warum? Willst du ihn zur Rede stellen?“

      Theo überlegte.

      „Warte `mal. So ein Kleiner mit kräftiger Figur und einem graumelierten Vollbart. So Mitte fünfzig.“

      „Kennst du ihn?“

      „Kennen nicht, aber ich glaube, ich weiß, wer es sein kann. Erinnerst du dich noch an den Steintor-Mord im letzten Jahr.“

      „Es wurde ja oft genug darüber berichtet. Ach so, du meinst den Kommissar, dem die Aufklärung des Falles gelang.“

      „Genau. Ich meine, der hieß auch Pestacker.“

      „Wie blöd von mir. Da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Die Beschreibung jedenfalls passt. Wie ein Polizist kam er mir aber nicht vor.“

      „Sehr viele Polizisten mit diesem Namen wird es sicher nicht geben. Und dass du nicht darauf gekommen bist“, Theo strich Cornelia sanft durchs Haar, „du bist eben blond.“

      „Idiot“, erwiderte sie scharf und knuffte ihm in die Rippen. Theo lachte. „Und dabei habe ich versucht, ihn davon zu überzeugen, dass ich nicht so blond bin, wie ich aussehe.“

      „Aha, und wieso?“

      „Weil ich nicht sofort einwilligte, mich von ihm zurück nach Weidlingen bringen zu lassen.“

      „Man, besser Frau, kann da ja auch nicht vorsichtig genug sein.“

      „Er war der gleichen Meinung. Und er war anständig, wenn dich das beruhigt.“

      Über ihre Plauderei waren Cornelias Erinnerungen daran, was in Weidlingen noch passiert war, ein wenig in den Hintergrund getreten, und sie hatte noch kein Wort darüber verloren, was sie mit ihrem »Lebensretter« zusammengebracht hatte. Theo war nicht sicher, ob sie Pestacker nur zum Spaß so genannt hatte, um ihn aufzuziehen. Als er im Bad war, hatte er ihre schmutzige Kleidung zwar gesehen, aber sich zunächst nichts dabei gedacht, denn er wusste, dass Cornelia manchmal etwas nachlässig in diesen Dingen war. Andererseits gehörte die Jacke zu ihren Lieblingskleidungsstücken, die sie für gewöhnlich wie einen Augapfel hütete, und er überlegte, ob da etwas war, was sie ihm noch nicht erzählt hatte. Sie gab schließlich zu, dass sie sich im Wald verlaufen hatte.

      „Einfach so?“, meinte Theo und entwickelte einen geradezu kriminalistischen Spürsinn, als er an den Zustand ihrer Hose und ihrer weißen Jacke, die sie sonst mit fast peinlicher Vorsicht behandelte, damit sie keine schmutzigen Stellen bekam, dachte. Vielleicht hatte ihre Wunde auch einen anderen Grund als nur eine augenblickliche Unaufmerksamkeit, genauso wie ihre vorzeitige Rückkehr. Er war sicher, dass Cornelia etwas vor ihm verheimlichte, aber seine Befürchtung ging zunächst in eine falsche Richtung.

      „Was ist dir wirklich passiert?“, fragte er besorgt.

      Cornelias Stimmung änderte sich schlagartig, und sie blickte Theo mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck an.

      „Glaubst du, ich werde verrückt?“, fragte sie.

      Theo sah sie verblüfft an, dann lächelte er.

      „Du bist es doch schon, jedenfalls hat man manchmal den Eindruck.“

      „Quatsch, so meine ich das nicht. Hast du das Gefühl, dass mit meinem geistigen Zustand irgendetwas nicht stimmt, dass meine Phantasie manchmal mit mir durchgeht.“

      „Ich meine, manchmal könntest du sogar etwas phantasievoller sein.“

      Sein Blick verriet ihr, woran er in diesem Augenblick dachte.

      Wütend schlug sie mit einem Kissen nach ihm.

      „Mann, Scheiße, jetzt hör auf damit! Ich meine es ernst, sehr ernst, hörst du? Findest du, dass mit mir irgendetwas nicht in Ordnung ist.“

      Theo wusste nur zu gut, wann er den Bogen bei Cornelia überspannte, und jetzt war er kurz davor. Er wurde ernst.

      „Was ist los?“, fragte er.

      Cornelia sank ein wenig in sich zusammen.

      „Das ist es ja, ich weiß es nicht“, meinte sie leise. „Ich hatte hier nichts vergessen. Meine Rückkehr hat einen anderen Grund.“

      Sie schwieg.

      „Den du mir nicht sagen willst. Aber wie soll ich dann ....?“

      „Ich versuche es doch gerade, aber du musst es mir glauben, versprich mir das.“

      Theo nickte und schwieg. Er ließ ihr Zeit, um das, was sie ihm sagen wollte, in Worte zu fassen. Nur selten tat sich Cornelia mit ihren Äußerungen so schwer, aber dann hatte sie jedes Mal gewichtige Gründe. Plötzlich machte Theo sich Sorgen.

      „Es hat nichts mit uns zu tun“, versuchte Cornelia ihren Freund zu beruhigen. Er schwieg beharrlich. „Es ist, nun ja, glaubst du an Geister?“

      „Geister?“,