Liebe findet immer einen Weg. Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847687207
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ihren Besuch gar nicht gesehen, und staunend blieb der Sohn im Türrahmen stehen, eben weil er gar nicht wusste, dass seine an Alzheimer-Krankheit leidende Mutter überhaupt noch singen konnte. Dieser Sohn störte uns überhaupt nicht; während wir nach individuellen Wünschen ein Lied nach dem anderen sangen, lauschte er aufmerksam unseren Stimmen. Ich sehe ihn noch heute dort an der Tür stehen, aber vor allem werde ich sein glückliches Gesicht nicht vergessen. Vielleicht hat er einen neuen Zugang zur „singenden Seele“ seiner erkrankten Mutter wiedergefunden. Und ich merke immer wieder in diesem Kreis, dass unser gemeinsames Liedersingen uns verbindet, auch da, wo wir uns im Miteinanderauskommen vielleicht entzweit haben, und es wärmt, wie eine große Familie es kann, und schützt uns vor trüben Gedanken. Häufig wird von einem der Anwesenden das Lied: „Großer Gott, wir loben dich...“ vorgeschlagen. Trotz aller Altersschwächen und Gebrechen singen wir ein gemeinsames Gotteslob. Es kommt natürlich vor, dass jemand mal von der Melodie etwas abweicht, aber das stört das fröhliche Miteinander nicht, Hauptsache, die Töne kommen von Herzen. Obwohl ich nicht gelernt habe, ein Instrument zu spielen, trage ich doch ein von Gott geschenktes Instrument immer in mir, als kostbare Gabe, für die ich sehr dankbar bin: meine gesunde Stimme; sie ist eine herrliche Freudenquelle für mich und andere, die mir jederzeit zur Verfügung steht.

       Sommergesang

      Lob, Preis und Dank

      dem Schöpfer aller

      wunderbaren Werke.

      Freude, Freude, so viel Freude

      verspüre ich beim Anblick

      einer einzigen Mohnblume.

      Sie wärmt mein Herz

      wie eine rote Kerze

      an einem grauen Alltag.

      Und Du, Schöpfer aller Dinge,

      stellst mir aus Liebe

      immer wieder zur rechten Zeit

      Freudenlichter an meinen Weg.

      Mein Herz jubiliert

      wie eine Lerche,

      mein Mund singt Dir

      einen dankvollen Sommergesang.

      Eine Liebeserklärung an eine kleine Stadt

      Der Umzug aus der von Ruß verschmutzten Industrie-Großstadt, mit ihren vielen Zechen, Hochöfen und Brauereien saß mir noch in den Knochen, und meine Nerven waren schon lärmgeschädigt. Die laute Stadt im Kohlenrevier trug dennoch geduldig und nicht ohne Stolz das schwarzgraue Kleid der Wirtschaftswunderjahre und der Vollbeschäftigung. Aber ich war in gewisser Weise auch etwas verwöhnt von den durchgehend geöffneten Geschäften. Nun aber stand ich plötzlich vor der verschlossenen Tür des adretten Krämerladens. Ich brauchte aber dringend noch ein paar Zutaten für mein geplantes Mittagessen. Verärgert stellte ich fest, dass ich die benötigte Margarine und das Mehl erst wieder um 15 Uhr kaufen konnte. Auf dem Nachhauseweg stolperte ich mehrmals auf dem ungewohnten Kopfsteinpflaster. Meine zierlichen Schuhe boten mir nicht genug Schutz vor den harten Steinen. Beim ersten gemeinsamen Abendbrot in der Altbauwohnung, in unserem neuen Zuhause, sagte ich zu meinem Mann: „Hier begegnet einem ja in der Einbahnstraße eine Kuh.“ Überheblich und frustgeladen hatte ich Großstädterin diesen Satz aus meinem vorschnellen Mund geschleudert. Ich hatte damit die kleine fremde Stadt verletzt, ich hatte sie doch noch gar nicht kennen gelernt.

      Meine ersten beiden Kinder entdeckten mit ihrer natürlichen Neugierde die neue Umgebung spielerisch. Rund um die schmucke frühgotische Kirche aus grüngrauem Sandstein spielten sie mit den Nachbarskindern lustvoll Fangen und Verstecken. Wenn die Sonnenstrahlen den Sandstein küssten, dann lag ein leichter Goldschimmer auf den starken Kirchenmauern. Und wir konnten sogar bei schönem Wetter hinter dem Hause genussreich draußen sitzen und essen, und hatten noch den wunderbaren Anblick unserer eigenen blühenden Wicken in allen Pastelltönen, von weiß über zartrosa bis hin zu einem zauberhaften violetten Farbton. Die Blüten saßen wie Schmetterlinge an der alten Mauer, so leicht und duftig, aber sie flogen uns nicht weg.

      Die kleine Stadt zeigte uns auf ihre bescheidene unaufdringliche Art ihren wirklichen Reichtum und ihre vielseitige Schönheit. Wenn ich spazierengehenderweise durch das altertümliche mächtige Stadttor schritt, und danach in den herrlich grünen Wallanlagen ganz ohne Autoverkehr, also ohne Lärmbelästigung und Luftverschmutzung, meinen erholsamen Ausflug fortsetzte, merkte ich von Tag zu Tag, dass ich der kleinen Handelsstadt bitteres Unrecht getan hatte. Auf den gut ausgestatteten gepflegten Kinderspielplätzen traf ich problemlos andere Mütter, die sich noch intensiv um ihre Kinder kümmerten. Auch hatten wir Familienmütter noch Zeit für ein ausgiebiges Gespräch. In der warmen Jahreszeit standen frisch gestrichene Bänke vor den gepflegten niedrigen Fachwerkhäusern, auf denen die ältere Generation beim Plausch saß. Auch auf den Straßen und engen Gassen blieben die Menschen zur Begegnung stehen, und so verblasste das alte lärmvolle Bild der Großstadthetze langsam in meiner Erinnerung.

      Nach ein paar erholsamen Wochen der Umstellung hatte ich die geschlossenen Kaufmannsläden zur Mittagszeit auch für mich positiv angenommen. Nach dem Mittagessen erledigte ich nur noch schnell den Abwasch, und dann hielten die Kinder und auch ich einen ausgedehnten Mittagsschlaf, der sich bei uns allen im weiteren Tagesverlauf sehr positiv bemerkbar gemacht hatte. Meine lärmverwundete Seele konnte ich in eine ruhige bunte Sommerwiese betten, in der fleißige Grillen zart und lieblich die erste Geige spielten. Und manchmal, wenn ich schon mit den Kindern am Esstisch saß, vernahm unser hellhöriger Sohn bereits den Haustürschlüssel, wenn sein heimkommender Vater ihn im Schloss herumdrehte. Diese herrliche Ruhe ließ meine angescheuerten Großstadtnerven wieder gesunden. Wir alle fühlten uns schon bald so heimisch, dass in unseren Herzen kein Plätzchen mehr besetzt war mit der Sehnsucht nach der verlassenen großen lauten Stadt im schwarzen Kohlenrevier. Wenn morgens um sieben Uhr die Kirchenglocken in unmittelbarer Nähe den neuen Tag einläuteten, fielen wir Eltern manchmal aus tiefstem Schlaf, mahnend geweckt, aus unseren warmen, weiß bezognen Federbetten. Sie waren tatsächlich weiß, die Bettbezüge, denn nun konnte ich endlich unsere Wäsche draußen an der sauberen frischen Luft trockenen, ganz ohne schwarze Rußflecken. Das Läuten der Kirchenglocken war so zuverlässig, dass wir von dem schmalen Gehalt meines Mannes keinen Wecker zu kaufen brauchten. Beim Öffnen des Kinderzimmerfensters begrüßte ich mit meinen inzwischen wachen Augen die große alte Linde auf dem Kirchplatz. Ich erlebte endlich wieder die Jahreszeiten hautnah an diesem wunderbaren Lindenbaum. Bei geschlossenem Fenster konnten wir sogar bei starkem Sturm die wilde rauschende Musik des herbstlich gelb gefärbten Lindenbaumes genießen. Außer am Sonntag, kam jeden Vormittag fast zur gleichen Uhrzeit der Milchwagen durch die holprige krumme Straße gefahren. Ich konnte beim stets freundlichen Milchhändler nicht nur meine Milchtöpfe mit dem wertvollen weißen Kuhsaft füllen lassen, sondern ein anschließender kleiner Gedankenaustausch mit den ebenfalls einkaufenden Nachbarinnen war auch immer sehr beliebt. Auf diesem kleinen Fleckchen Erde wurde vor allem Nachbarschaftshilfe praktiziert. So betreute ich gerne auch mal die Kinder einer Bekannten mit, damit diese in aller Ruhe ihren nötigen Arztbesuch machen konnte. Und in einer sehr schweren Phase wurde auch mir tatkräftig geholfen. So waren wir schon bald keine Fremdlinge mehr. Ich hatte manchmal sogar das Gefühl, in einer großen liebevollen Familie meinen festen Platz gefunden zu haben.

      In unserer kleinen Gartenecke goss unser Sohn fleißig die prächtig wachsenden grünen Küchenkräuter. Eine Straße weiter, bei den befreundeten Nachbarskindern vor dem Haus, ernteten Sohn und Tochter freudig tütenweise Eicheln und Kastanien zum Basteln lustiger Figuren. Erst als Maden aus den herbstlichen grünen und braunen Baumfrüchten krochen, mussten die Tüten mit Inhalt aus dem Kinderzimmer heraus befördert werden. Die kleine