Liebe findet immer einen Weg. Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847687207
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      Der von Namislow, Neukirchen-Vluyn, gestaltete Umschlag-Titel wurde von der Erstausgabe übernommen.

      Die Fotos im Buch stammen überwiegend vom Herausgeber Jürgen Ruszkowski.

      Hamburg, 2006 / 2014 Monica Maria Mieck

      Kraft aus der Erinnerung

      Es ist nicht nötig,

      dass ich weiß,

      wie es weitergehen soll,

      Gott führt mich meinen Weg.

      Ich bin getrost.

       Kapuzinerkresse

      Zaunlos der Garten

      meiner Kindheit.

      Die vorderen Beete

      lieblich umschlungen

      von rotgelber Kapuzinerkresse.

      Das kleine fröhliche Mädchen

      ist achtsam hinüber gesprungen.

      Kapuzinerkresse wird immer

      Kindheit, Sommer und Glück

      in sich für mich vereinen.

      Sonnenstrahlen der Kindheit

      Nach festem Schlaf erwacht, ist es schon so hell im Kinderzimmer, dass das kleine Mädchen gleich aus seinem Bett springt, um die Mutter zu suchen. Überall in die Wohnung scheint die Sonne herein, so dass die Kleine noch etwas blinzelt. Dann findet sie in der Küche die Mutter, die fleißig Klappstullen streicht und einpackt. Eine Bierflasche mit Bügelverschluss wird mit Ersatzkaffee gefüllt und soll auch mitgenommen werden. Die Mutter hat beschlossen, dass sie heute bei diesem trockenen und sonnigen Sommerwetter mit ihren Kindern in den Wald zum Blaubeerpflücken wandern will. Voller Vorfreude zieht sich das Mädchen schnell an. Der Weg bis in den Wald ist weit, doch am Wegesrand und in den Gräben blühen so viele bunte Blumen, dass das Kind immer wieder ein paar der schönsten Blüten pflückt und der Mutter schenkt. In den Bäumen der Straßenalleen zwitschern aus allen Zweigen die Vögel ihr liebliches Dankeslied an die Sonne. So merkt das Mädchen gar nicht, wie viele Kilometer es schon gelaufen ist. Die Mutter hat einen guten und ertragreichen Platz gefunden, an dem sie sich niederlassen. Die kleine Blondine bekommt einen alten Korb in die Hand gedrückt, in den sie die blauen Beeren sammeln soll. Zwischendurch steckt sie aber genussreich immer wieder die saftigen reifen Früchte in den Mund. So wird der Korb auch nicht so schnell voll. Die Sonne scheint mittags richtig heiß. Unter dem Schatten eines großen Baumes werden die mitgebrachten Brote gegessen. Dazu gibt es Milchkaffee aus der Bierflasche. Ehrgeizig zeigt der große Bruder seinen Ernteertrag und schüttet ihn zu den vielen Beeren, die die Mutter schon in die große emaillierte Milchkanne gepflückt hat. Frisch gestärkt geht es dann wieder mit dem Beerensammeln weiter. An der neuen Stelle, die man gefunden hat, sind die Beeren noch größer.

      Schmetterlinge tanzen durch die stille Mittagsluft. Das kleine Mädchen versucht, einen besonders hübschen bunten Lufttänzer zu fangen, aber es gelingt ihm nicht. Dann mag es auch nicht mehr weiter Beeren pflücken und spielt im Sand mit seinen Händen. Ganz in dieses Spiel versunken, hört es plötzlich, wie die Mutter zum Aufbruch mahnt. Die Geschwister spielen noch Greif. Nun werden alle Sachen zusammengepackt. Auf dem Rückweg sammeln sie noch trockene Tannenzapfen zum Beheizen des Herdes. Dabei finden sie noch eine Stelle, an der Pfifferlinge wachsen. Das ergibt noch eine köstliche Pilzmahlzeit. Die alte ausgediente Kindersportkarre ähnelt auf dem Heimweg einem beladenen Erntewagen. Fröhlich singt unsere Kleine Lieder, und die Geschwister stimmen mit ein. Müde und hungrig kommen sie abends zu Hause an. Die blauen klebrigen Hände und die staubigen Füße werden gewaschen.

      Dann hat die Mutter auch schon das erfrischende Belohnungsessen auf dem Tisch: frische Blaubeeren mit kalter Milch und Zucker. Trunken vor Müdigkeit und Glückseligkeit fällt das kleine Mädchen an diesem Sommerabend ins Bett. Diese sonnigen Erinnerungen wärmen noch sechzig Jahre später wie Sonnenstrahlen, die immer länger werden.

       Es wird alles wieder gut

      Trostwort ferner Kinderjahre,

      das mir mein Herz gewärmt,

      längst in Vergessenheit versunken.

      Heute genügt manchmal

      ein genussvoller Waldspaziergang,

      der auch heilende Kräfte hat.

      Im Weiterwachsen,

      nach jedweden Abschnitten,

      liegt die wahre Lebendigkeit.

      Ein Stückchen Paradies wieder gefunden

      Abends, ziemlich spät, fällt mir doch noch ein, dass ich meiner ältesten Tochter versprochen habe, das für sie nach ihrer Geburt angelegte Heft mit wichtigen Daten und Notizen der frühen Kindheit aus unserem großen Bücherregal zu suchen. Seit der Maler, vor etwa zwei Jahren, die Wände in unserem Wohnzimmer neu gestrichen hat, stehen die Bücher in einer anderen Reihenfolge als zuvor. Aber ich weiß ganz genau, dass ich die dünneren Bücher nach unten ins Bücherbord gestellt habe. Also gehe ich auf die Knie, und suche emsig nach dem kleinen Heftchen. Ja, da ist es auch schon, und ich freue mich, dass ich es doch so schnell gefunden habe. Beim nächsten Besuch werde ich es meiner Tochter mitgeben.

      Doch ich finde bei dieser Suche außerdem ein kleines blaues ledernes Büchlein. Ein wenig Staub wische ich mit meinen Händen von diesem kostbaren alten Fundstück fast liebevoll ab. In Goldbuchstaben eingraviert steht auf dem Deckel „Poesiealbum“. Ich halte dieses

      kleine Büchlein wie einen wieder gefundenen Schatz in meinen Händen. Mir ist, als wäre ein singender Zugvogel wieder in mein Herz zurückgekehrt. Plötzlich verfliegt meine Müdigkeit, und ich mache es mir noch einmal zu fortgeschrittener Stunde auf der Couch gemütlich. Ich schlage richtig neugierig das Album auf und finde die ersten Eintragungen meiner verstorbenen Eltern vom Weihnachtsfest 1951. Die Briefe, die meine Eltern mir früher mal geschrieben haben, besitze ich leider nicht mehr. Aber nun blättere ich Seite um Seite um, und es spricht und singt mir förmlich aus allen Buchstaben entgegen.

      Der Eintrag meines Konfirmators in mein Poesiealbum

      Dieses kleine Büchlein habe ich bei all den vielen Umzügen immer mitgenommen. Damals war es ein inniger kindlicher Weihnachtswunsch von mir, auch so ein Poesiealbum zu bekommen, denn viele Mitschülerinnen hatten mir schon ihr Album zum Einschreiben mit nach Hause anvertraut. Außer meinen Eltern haben mir auch meine vier Geschwister jeweils einen lieben Spruch zur Beherzigung hineingeschrieben. Ich schlage ein paar Seiten weiter um, und ich finde wunderschöne Eintragungen von meinem langjährigen alten Lehrer, meinem Konfirmator, und besonders lebendig wird jetzt vor meinen Augen meine Handarbeitslehrerin, die mir ein Wort für meinen Lebensweg, in so ganz lieber und persönlicher Form in mein kleines Album geschrieben hat. Sie war eine kleine zierliche Frau mit sehr viel Engagement in ihrem Beruf, so habe ich sie jedenfalls als dreizehnjähriges Mädchen wahrgenommen. Wir lernten bei ihr viele Zierstiche von Hand zu sticken, meistens in zarten Pastelltönen.