Traumziel Kajütboot. Thomas Stange. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Stange
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847628439
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Paare mittleren Alters vor. Der Bremer Werftchef und Ondo-Konstrukteur persönlich nebst Frau sowie ein befreundetes Ehepaar vom Weserrevier. Aus jedem der Herren hätte man zwei von meiner Sorte machen können, von jeder der Damen vier Andrea´s. Und d i e sollten jetzt einsteigen in dieses schmale Ding... wie tief ist die Fulda an dieser Ecke eigentlich? Sieben Mann, das hält der Kahn niemals aus... die Vier an Bord und wir gehen auf Tiefe, so schnell kannst du gar nicht gucken.

      Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder aufmachte, saßen die Herren bereits im Boot, die Damen stiegen gerade ein und erwiesen sich dabei als erstaunlich trittsicher.

      Der Floh war währenddessen ganz ruhig geblieben. „Was regst du dich eigentlich immer vorher über alles so auf?“ raunte Andrea mir zu. „Das hätt´ ich dir gleich sagen können, dass die Ondo das aushält. Meine Eltern waren doch auch in der AKP. Was Vater mit seiner Ondo so alles angestellt hat, muss ich dir, glaub´ ich, nochmal erzählen.“

      Dann war es soweit. Der Wasserfestzug setzte sich in Bewegung. Klaus legte ab und wir tuckerten, abgeladen wie eine indische Flussfähre, zweitaktqualmend mit hundert Umdrehungen über Standgas auf die Flussmitte hinaus, wo sich bereits die anderen AKP-Paddler eingefunden und Fahrt aufgenommen hatten.

      Nachher erzählte man uns, dass der Festzug vom Ufer her sehr schön ausgesehen habe, die geschmückten Boote und die Motivschiffe und so weiter.......

      Wir haben davon leider nicht sehr viel mitbekommen, denn das ganze Spektakel ging in blau-weißem Auspuffdunst der untertourig laufenden Bootsmotoren unter und meine Augen waren tränenblind, soweit ich sie nicht lieber gleich geschlossen hielt. Jedenfalls fand der Wasserumzug für mich erst in dem Moment seinen Höhepunkt, als er sich auflöste und Klaus seinem Yamaha die Sporen gab, um ihn wieder freizufahren. Eine solche Beschleunigung hätte ich dem vollgeladenen Boot mit seinen fünfzehn PS gar nicht zugetraut. Die Wasserpolizisten mussten an diesem Tag beide Augen wohl fest zugedrückt halten, denn wir waren beileibe nicht die einzigen, die mit aufheulendem Motor in Richtung ‘Neue Mühle’ entschwanden...

      Alles in allem wurde es dann doch noch eine sehr lustige Fahrt. Besonders die beiden vor uns sitzenden Damen übertrafen sich gegenseitig im Erzählen nicht ganz stubenreiner Geschichten aus der norddeutschen Tiefebene und wir haben mehr als einmal Tränen gelacht. Überhaupt, der Abend wurde in jeder Hinsicht noch recht feucht. Details hierüber behalte ich jedoch lieber für mich.

      Im Wohnzimmer schlug die alte Großvateruhr. Neun Mal. So ein Blödsinn. Jetzt hatte ich doch ganz in Gedanken die Zeit vergessen. Wenn das bloß zu gießen aufhören würde. Motor probe laufen lassen im strömenden Regen, da kommt Freude auf. Und das Boot sollte man auch vorher nochmal aufbauen, fast sieben Monate im Winterlager, das war ´ne lange Zeit. Aber solange der Wäscheplatz hinter dem Haus klitschnass ist, tu´ ich mir das nicht an, entschied ich. Den Heckflaggstock wollte ich auch noch montieren und Andrea hatte sich letztes Mal auf der Weser beschwert, dass unsere kleinen Sitzkissen beständig Luft ließen und der hölzerne Bootsboden zum Sitzen auf die Dauer ziemlich unbequem wäre. Dafür wollte auch noch eine Lösung gefunden werden. Vielleicht konnte man einen Sitz aus unserem alten Gummi-Paddelboot nehmen und dann mittschiffs quer festlaschen.

      Unser Paddelboot, wo war das eigentlich? Nach unserem Urlaub vor ein paar Jahren an der See ziemlich achtlos verstaut. Wenn ich daran denke, wie wir damals damit auf dem kleinen See unterwegs waren... Das ging wie der Blitz. Zwar nicht so schnell, dafür umso mehr im Zickzack...

      Urlaubsentscheidungen trifft man gemeinsam. Zum Beispiel, wenn es um das Ziel der Reise geht. Wenn allerdings die Frage lautet, wie die Urlaube auf absehbare Zeit verbracht werden sollen, ist eine Grundsatzdebatte mit anschließender Beschlussfassung gefragt.

      Und so waren wir zu dem Ergebnis gelangt, dass wir zukünftig Hotels und Service die kalte Schulter zeigen und stattdessen auf den Campingplätzen dieser Welt die Seele baumeln lassen wollten.

      Auf dem Campingplatz Otterndorf war es, als der Wasserbazillus wieder unkontrolliert zubiss.

      Der Floh und ich hatten uns an den nahegelegenen Badesee verholt und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Peter, der neben mir lag, hatte soeben seine private Wacheinteilung vorgenommen. Claudia, sein Ehegespons, hatte auf die Kinder aufzupassen, er auf die Luftmatratze.

      Seit einigen Jahren verbrachten wir nun schon den Urlaub zusammen. Andrea und ich reisten aus Hessen gen Norden, die beiden anderen stießen nebst Kindern von Hamburg aus zu uns.

      Sie, lieber Leser können sich die Szenen an so einem Badesee sicher vorstellen : sandbedeckte Dreijährige, unvermittelt Richtung Wasser spurtende Mütter, eisschleckende Jugendliche und entnervte Familienväter, im Wasser Schwimmer jeden Alters und dazwischen Luftmatratzen, Kinderboote, Badeinseln und Schlauch-Paddelboote. Schlauch-Paddelboote...hmmmmm...

      „Peter, hoch mit dir“

      „Was´n jetzt schon wieder los“ murrte er.

      „Ich muss mal schnell nach Cuxhaven ´rein und du sollst mich da hinfahren. Du weißt doch, unseren Bus krieg´ ich jetzt vom Vorzelt nicht weg und da bleibt nur noch dein Auto“.

      „Was hast du eigentlich vor? Du hast doch was vor!“ ließ sich der Floh vernehmen, während ich Peter bereits in Richtung Campingplatz und Auto bugsierte.

      „Ich kauf uns ein Boot“ rief ich ihr über die Schulter zu und war damit auch schon außer Hörweite, denn Andreas Antwort habe ich nicht mehr mitbekommen. War vielleicht auch ganz gut so.

      Zwei Stunden später war das gute Stück nicht nur bereits gekauft, sondern auch schon luftbefüllt und lag mit seinen drei Metern zwanzig Länge nun vor uns. Der Floh betrachtete es mit Kennermiene.

      „Du spinnst“ meinte sie dann, „hast du eigentlich eine Ahnung, wie wackelig so ein Ding ist? Hast du schon irgendwann mal in einem Paddelboot gesessen? Und überhaupt, kannst du eigentlich paddeln?“

      Ich grinste sie an: „Erstens nein, zweitens nein und drittens auch nein, aber jeder hat mal angefangen, und für mich wird´s Zeit.“

      „Höchstzuladung hundertfünfzig Kilogramm“ las Peter aus der Aufbauanleitung vor und streifte mich mit einem prüfenden Blick. „Wenn ihr den Kahn nachher zu Wasser lasst, sagt mir bloß vorher Bescheid. Das wird d i e Show. Da gibt´s was zu lachen. Ich hol´ schon mal die Videokamera.“

      Ich sah den Floh an. „Sind deine Eltern nicht früher auch gepaddelt? Eigentlich müsstest du doch wissen, wie das geht.“

      Andreas Gesichtsausdruck blieb zweifelnd. „Na klar hatten meine Eltern vor der ‘Ondo’ ein Faltboot und sind mit uns Kindern oft auf der Fulda gepaddelt ......“

      „Siehst du“, war für mich die Sache klar „ich setze mich nach hinten und sorge für Vortrieb und du sitzt vorne und bestimmst den Kurs“. Problem erkannt heißt Problem gelöst. Dachte ich mir.

      Als Einsetzstelle hatten wir einen flachen Uferbereich auf der anderen Seite des Sees auserkoren. Zwischenzeitlich war ich nämlich etwas nachdenklich geworden. Keinerlei ernste Bedenken, natürlich nicht. Trotzdem hatte ich den Luftdruck in den einzelnen Kammern unseres Schlauchers über das angegebene Maß hinaus deutlich erhöht. Von wegen der Stabilität. Außerdem hatte ich mittags was Schweres gegessen. Und wenn ich das erste Mal in das Teil einstieg, wollte ich dabei möglichst wenig Zuschauer haben. Man weiß ja nie.

      Andrea schleppte am Bug, ich am Heck, um uns herum Peter mit seiner Videokamera.

      Boot aufs Wasser setzen. Boot befindet sich in aufrechter Schwimmlage. Einsteigen. Boot knickt mittschiffs durch. Aussteigen. Den Floh zuerst einsteigen lassen. Boot bleibt in aufrechter Schwimmlage. Einsteigen, zweiter Versuch. Boot droht achtern wegzusacken. Grundsatzdiskussion : Doppelpaddel oder Stechpaddel?

      „Du musst die Paddel gleichmäßig eintauchen und gleichmäßig durchziehen.“ Andrea konnte ihre Anweisung nur über die Schulter geben, unseren Kurs auf „Fahrt recht voraus“ zu stabilisieren. Mit meinem achterlichen Vortrieb wollte es nämlich nicht so recht klappen, wie ich mir das gedacht hatte. Nach jedem Durchziehen des Paddels wanderte der Bug ein beträchtliches Stück mal nach Steuerbord, mal nach Backbord aus. Und überhaupt, irgendwie war mir der