Schneeflöckchen Weißröckchen. K. Spitschka. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: K. Spitschka
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847643654
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      Am nächsten Tag packte ich meinen Koffer aus. Ich muss in Tunesien sehr verzweifelt gewesen sein! Ich hatte zwei getöpferte Aschenbecher, ein hässliches Kamel aus Kokosnusshaaren und mehrere Perlenkettchen gekauft. Sogar ein vertrocknetes Jasmin Sträußchen kam zum Vorschein.

      Während ich im Keller die Waschmaschine mit schmutziger Wäsche füllte, rief Jäckibaby an. Sie wollte wissen, ob ich aus der Schulzeit noch Englischbücher besäße. „Klar! Wieso?“ „Kannst du mir die borgen? Ich komme gleich nach der Arbeit vorbei und hole sie ab. Okay?“ „Hattest du nicht erwähnt, dass du bis übermorgen Urlaub hast?“ fragte ich. „Ja, aber die Filzläuse waren außerplanmäßig! Ich will keinen Ärger. Außerdem … ich bin so unglücklich … zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf und …“, schluchzte sie.

      HÄ? WANN KOMMT DIE POINTE?

      „Wenn du da bist, trinken wir ein Weinchen und reden, okay?“, bot ich mit leicht zynischem Unterton an. „Nein, danke, kein Interesse. Ich hol nur schnell die Bücher und bin dann gleich wieder weg. Ich möchte heute noch anfangen zu schreiben“.

      DOPPEL- HÄ!

      „Was schreibst du denn?“

      „An Mezri! Wir wollen uns jeden Tag schreiben! Auf Englisch!“

      NICHT ZU FASSEN!

      „Okay! Wann kommst du?“

      „Ich bin gegen 17Uhr30 bei dir. Wie lange dauert ein Brief nach Tunesien?“

      „Bin ich die Post?“ Gleich koch‘ ich hoch Mädel!

      „Ich dachte du weißt so was. Gut, also bis später. Ich liebe dich“. „Ich liebe dich auch“.

      Als meine Mutter von der Arbeit nach Hause kam, stürmte sie mit lautem Hallo meine Wohnung. Sie hatte Baguette und Käse dabei und richtete einen kleinen Snack auf meinem Küchentisch her. „So! Kindchen, iss was und erzähl‘. Wie war euer Urlaub?“

      Normalerweise sagte ich meinen Eltern nur das, was sie hören wollten, aber ich fand Jackson momentan so ätzend, dass es nur so aus mir heraussprudelte. Am Ende klatschte meine Mutter die Hände über den Kopf zusammen. „Susannes Eltern werden ausflippen! Da sind die doch nie mit einverstanden! Nicht auszudenken was der Vater dazu sagen wird! Das arme Kind! Der super korrekte Standesbeamte wird Augen machen! Er wird sie erschießen! (meine Rede!) Die Mutter tut mir jetzt schon leid! Der Tyrann wird noch mehr toben als sonst!“

      Meine Mutter nannte Jack absichtlich Susanne und sprach sie auch so an, wenn sie sich sahen. Mein Vater fand den Namen Jackson witzig. Jack hasste ihren Vornamen wie die Pest! Sie fuhr die Krallen aus, wenn meine Mutter sie mit: „Hallo Susanne, wie geht’s?“ begrüßte und ihr dabei schelmisch ins Gesicht grinste.

      Ich ärgerte mich als das Telefon klingelte. Meine Mutter war gerade so herrlich in voller Fahrt …. Mick sagte mit verstellter Stimme, er hätte die vereinbarten fünfzig Kamele geliefert! Wo bliebe denn die blonde Puppe, die man ihm versprochen hatte?

      HAA HAA!

      Er jammerte, weil er Dienst schieben musste und wir uns erst in 9 Tagen sehen würden. Er wollte wissen, ob ich ihn denn im Urlaub auch so vermisst hatte wie er mich. Ich dürfte keinesfalls mehr solange wegfahren. Eine Woche könnte er verkraften, aber nicht zwei! Bla, bla, bla.

      ACH MICK!

      Jackson stand pünktlich auf meiner Matte und sah aus, als wäre sie unter die Räder gekommen. Dazu trug sie Schwarz!! Unglaublich! „Hey, hast du die Bücher?“ fragte sie und tupfte sich mit einem Taschentuch über die Augen. DRAMA! „Jetzt komm‘ doch wenigstens ein paar Minuten herein, Herrgott nochmal!“ Sie stellte sich wie ein Häufchen Elend in meinen Flur und sah mich aus verheulten Augen an. Ich erkannte Jack nicht wieder!

      „Was quält dich eigentlich so? Das ist doch eine wunderbare Idee, dass ihr euch jeden Tag schreiben wollt. Voll romantisch! Freust du dich nicht darauf, dass er in ein paar Wochen bei dir ist? Wieso veranstaltest du so ein bekacktes Drama? Ich checks nicht!“

      Sie putzte sich die Nase und jammerte: „Das kannst du nicht verstehen, weil dir Mick egal ist! Ich halte es ohne Mezri keine Minute aus. DAS ist Liebe! Ich habe mir überlegt, wenn Mezri hier war und wieder nach Hause muss, könnten wir im Oktober oder November nochmal nach Monastir fliegen. Da ist es noch sehr warm. Bitte Lisa! Was meinst du?“

      Die Alte hatte einen an der Klatsche! „Jetzt lass ihn doch erst mal zu dir kommen und dann sehen wir weiter!“ „Aber du würdest mit mir nochmal rüber fliegen oder?“, fragte die Frau völlig verzweifelt. Allmählich machte ich mir ernsthaft Sorgen. „Zum chillen jederzeit!“

      Sie fiel mir in die Arme, bedankte sich für die Bücher und lief die Treppe hinunter hinaus aus dem Haus.

      WER WAR DAS?

      DAS WAR DOCH NICHT JACK!

      VIELLEICHT VERARSCHT DIE MICH NUR?!?

      Telefon! „Lisa Bäumel?“ „Lisa? Irmi hier! Hast du Bock mit mir heute nach Ottersberg zu fahren? Ich geh‘ jetzt fest mit Robert und habe ein date, aber meine Karre ist im Arsch!“

      SHOCKING.

      Das eben war nicht Jack und die Tante am Telefon ist keinesfalls Irmi. „Mädel! Was hast du plötzlich für eine Ausdrucksweise? Bist du‘s wirklich?“

      „Red‘ keinen Quark“.

      „Das du Frau Werner nicht mit solchen Worten entgegentrittst! Wann soll ich dich abholen?“

      „Klasse! Um 22Uhr30? Ich war fast jeden Tag im Hell’s. Da übernimmt man automatisch die Sprache der Eingeborenen. Hi, hi. Find‘ ich ganz toll dass du Zeit hast. Ben wird sich freuen. Tschau, bis später!“ Bevor meine Großhirnrinde anfing zu arbeiten, hatte die blöde Kuh aufgelegt.

      BEN WIRD SICH FREUEN? BEN WIRD SICH FREUEN! BEN WIRD SICH FREUEN!

      Herzrhythmusstörungen! Kammerflimmern! BEN WIRD SICH FREUEN! Achtung Gehirn: Steuernetzwerk aktivieren, großes Pflegeprogramm einleiten!

      Tippi toppi geschminkt, lackierte ich Fuß- und Fingernägel grün und zog eine neue Boot Cut Jeans an, in Penneroptik mit kleinen Rissen und zweifarbigen Jeansflicken. Dazu trug ich ein knallenges weißes Tanktop, das auf meiner braunen Haut strahlte. Ich schmückte mich mit großen silbernen Kreolen, silberner Armbanduhr und einem Gürtel mit Totenkopfschließe. Meine Füße steckte ich in 12cm hohe Plateaustiefelchen aus grünem Schlangenlederimitat. Die dazugehörige Tasche stand bereits im Flur. Ein Blick in den Spiegel bestätigte, dass heute jeder Typ im ‚Hell’s‘ auf mich abfahren würde.

      ICH KOMME BENNI BABY!

      „Wenn du mit diesen Schuhen Auto fährst, bleibe ich daheim!“ Irmi stand vor mir und machte das gleiche verkniffene Gesicht wie meine Nachbarin! Sie trug schwarze Hosen, weißes Blüschen, schwarze ärmellose Weste, schwarze Perlenkette!

      „Ist jemand gestorben?“, fragte ich und musterte sie fassungslos.

      „Es ist viel zu gefährlich mit solchen Schuhen Auto zu fahren. Da hast du doch überhaupt kein Gefühl in der Fußsohle!“ Meine Frage ignorierte sie.

      „Vorschlag zur Güte: Ich ziehe die Schuhe aus und hole meine Schlappen aus dem Kofferraum und du überdenkst dein Outfit? Ich hasse Ballerina‘s. In Lack. Mit Schleifchen!“

      „Aber was soll ich denn für Schuhe anziehen?“ „Andere! Die hier sicher nicht!“, sagte ich bestimmt. „Dann musst du mitkommen und mir helfen. Ich habe aber keine große Auswahl!“ Das dachte ich mir schon, aber trotzdem wurde ich in ihrem Schuhschrank fündig.

      „So! Zieh‘ mal diese weißen Kniestrümpfe an und schopp die so runter“, sagte ich und zeigte ihr wie ich das meinte. „Dazu trägst du die schwarzen Riemchensandalen, klar!“ Sie hatten einen etwa 8cm hohen, dicken stabilen Absatz. „Auf keinen Fall! Mit denen kann ich nicht gehen!“, wehrte sie ab. „Du sitzt doch sowieso nur an der Bar bei Robert, oder nicht?“ „Na hör mal! Zuerst muss ich aus dem Auto steigen,