Schneeflöckchen Weißröckchen. K. Spitschka. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: K. Spitschka
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847643654
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der Inhalt auf mich zu!

      GUT! Geh‘ ich eben ohne!

      Jetzt werde ich das Haus verlassen! Keine Panik! Ich sehe aus dem Küchenfenster. Ich fange an zu schwitzen. Ich trau‘ mich nicht!

      Ich nehme meine schwarze Handtasche. Von ‚Liebeskind‘. Ein Geschenk meiner Mutter. Ich ziehe schwarze Stiefel an. Ein Schuster sollte sich die mal ansehen. Ich checke meinen Geldbeutel. Ich staune. Darin befinden sich 500 Euro!

      Ich nehme erneut Anlauf … Als ich endlich im Auto sitze bekomme ich Bauchschmerzen. So stark, dass ich das Gefühl habe jeden Moment entleeren sich Magen und Darm gleichzeitig.

      Langsam wird die Zeit knapp!

      FAHR LOS VERDAMMTE SCHEISSE!

      Erst mal auf der Straße, fahre ich doch recht flott durch die Bremer Innenstadt und stelle mein Auto im Parkhaus ab. Die Klamotten kleben an mir, aber ich habe es geschafft.

      HERE I AM!

      Zitternd peile ich einen Platz im Freien an und lasse mich erschöpft nieder. Ich kann mich kaum von diesem Ritt erholen, als die Werner in einem bunten ärmellosen Sommerkleidchen auf mich zu schwebt. Nackte braune Beine in hohen roten Riemchensandalen. Knallrote Fingernägel, weiße Sonnenbrille, weiße Kellybag, das schwarze Haar hochgesteckt. „Ich grüße sie Lisa!“

      HALLO AUDREY!

      Sie setzte sich kompliziert und strahlte wie für eine Zahnpasta Werbung. Ich bekam Migräne. „Ich gebe ihnen Recht! Sie brauchen tatsächlich noch ein paar Tage. Sie sehen schrecklich aus! Und sie sind sehr schmal geworden. Was sagt ihr Arzt?“

      HALTS MAUL!

      „Ich hatte eine Grippe und Magen Darm Probleme. Es geht wieder. Ich möchte nur nicht so viele Krankheitstage wie letztes Jahr zusammenbringen. Schadet meiner Karriere habe ich gehört!“

      Sie nimmt ihren Timer aus der Tasche und klärt mich auf. „Ich ziehe ihnen rückwirkend Urlaub ab. Sie kommen am 30. Juni wieder ins Geschäft. Sie werden während der Sommerferien keine Stunde fehlen, damit die Urlaubsabwicklung für ihre Kolleginnen und Kollegen reibungslos läuft. Wir verstehen uns? Lisa?“

      Ich konnte nicht antworten. Da vorne stand Mick mit einem Kinderwagen! Mein Mick!

      „Frau Bäumel?“

      Er lachte in den Kinderwagen hinein. Ein Baby quietschte zurück! Aus einem Feinkostladen stöckelte … ICH! Meine Doppelgängerin küsste meinen Ex, schob ihren Arm unter seinen und dann schlenderten die zwei glücklich von dannen. Mein Magen schlug Alarm. Ich rannte zur Toilette und übergab mich.

      „Ich kann ihnen auch Zeit bis zum 7. Juli geben! Meine Güte!“, sagte die Werner geschockt, als ich zurück war.

      „Frau Werner, ich schaffe das bis zum 30. Juni, glauben sie mir! Vielen lieben Dank! Ich muss jetzt gehen. Bitte nicht böse sein!“

      Ich mache mich langsam auf den Weg zurück ins Parkhaus. Die Augen der Werner durchbohren meinen Rücken.

      Mick geht’s gut! Mein Mick ist glücklich!

      Ich komme unfallfrei nach Hause und bin froh, dass mir niemand begegnet ist. Vielleicht sind meine Eltern im Urlaub? Die Jalousien sind noch immer zu. Der Postkasten droht zu kollabieren. Ich hole das ganze Zeug heraus und lege es vor ihre Wohnungstür.

      In meiner Wohnung raffe ich alle Schmutzwäsche zusammen und trage sie samt dem ekeligen Bettzeug in den Keller. Die Waschmaschine wird Tage lang beschäftigt sein. Ich sollte die Matratze raus auf die Terrasse schieben damit sie trocknen kann. Ich denke darüber nach … Viel zu anstrengend! Ich lege eine Wolldecke auf das feuchte Ding, das tut‘s auch. Um mich zu entspannen schlucke ich ein Valium zusammen mit Tinas Orangenlikör.

      Tinaaaaa! Hollodiä! Die Königin vom Gardasee!

       Fünfzehn

      „Niemand muss wegen meinen Backkünsten gleich zu den Weight Watchers laufen mein Fräulein!“, keifte meine Mutter und klatschte mir eine zweite Kalorienbombe auf den Teller. Mein Dad war in ein Prospekt über Rasenmäher vertieft. „Da gibt’s Rasenmäher, die sehen aus wie Mini Ufos. Die muss man programmieren. In den Rasen werden Sensoren gesteckt und dann fährt das Ding mit Solarenergie den ganzen Tag durch den Garten und hält das Gras kurz. Toll! Ganz toll! Wirklich praktisch! Schau‘, kostet etwa 3000 Euro!“ Er hielt mir das Prospekt unter die Nase. „ Ein teurer Spaß!“, sagte ich.

      „Ich hab’s im Rücken, deine Mama hat’s mit den Knien und du hast keine Ahnung wo sich unser Garten befindet! Dein Mick weiß auch nur wo der Grill steht! Andere Leute wären froh wenn sie einen Garten hätten, aber ihr habt überhaupt kein Interesse. Da könnte man einen prima Spielplatz aufbauen. Rutschbahn, Sandkasten, Schaukel, …“

      „Papa! Ich werde nicht mit Mick zusammenbleiben. Jedenfalls brauchst du dir über Enkelkinder vorerst keine Gedanken machen!“ Meine Mutter stoppte die Nahrungsaufnahme. Die beiden sahen mich an, als hätte ich eben gesagt, dass ich hinter ihrem Rücken das Haus verkauft habe.

      „Was guckt ihr denn so? Ich habe mich in einen anderen Mann verliebt. Da kann man nichts machen. Das ist Schicksal!“ Mama räumte hektisch den Tisch ab. „Du brichst Mick das Herz! Von mir hast du das nicht! Wir verstehen uns so gut mit seinen Eltern. Hast du ihm das überhaupt schon gesagt? Vielleicht ist das nur so ein Flirt? Du bist viel allein, weil Mick so eingespannt ist. Da flirtet man schon mal.“

      „Woher willst du denn das wissen?“, fragte mein Vater und erntete einen zornigen Blick.

      „Das geht vorbei mein Kind! Wenn man die wahre Liebe erkennt …“ Ich nahm meiner Mutter das Tablett aus den Händen. „Ich weiß ganz sicher dass ich Mick nicht liebe! Jedenfalls habe ich ein ganz anderes Gefühl, wenn ich mit Ben zusammen bin. Keine Ahnung wie sich das entwickelt, aber Mick ist nicht der Mann fürs Leben. Ich bin schließlich erst 19 Jahre alt! Ich habe Zeit ohne Ende! Vielleicht ist Ben auch nicht der richtige. Ich muss das eben austesten!“

      „Austesten? Wie redest du denn! Als ich deinen Vater kennengelernt habe war ich 17 Jahre alt und mit 20 war ich verheiratet! Ich habe es nie bereut!“, schimpfte meine Ma.

      Mein Vater zog sofort seinen Bauch ein. „Mama! Du wurdest mit mir schwanger, deswegen habt ihr geheiratet. Außerdem ist das vollkommen egal. Es geht um mich und ich tue was mir passt. Ich bin glücklich weil ich frisch verliebt bin und ich trenne mich demnächst von Mick. Das ist allein meine Baustelle. Es spielt auch keine Rolle, dass ihr euch mit Micks Eltern so gut versteht. Das könnt ihr ja gerne so beibehalten!“

      „Du redest daher wie dieser gefärbte Besen!“ schnaubte meine Mutter. Mein Vater schnappte sich das Prospekt und verzog sich. Als mein Handy klingelte war ich erleichtert.

      „Lisa Bäumel?“

      „Halu! Hallo! Na?“

      „Halu! Das freut mich aber. Wie geht’s meinem Star?“ Ich verschwand in meine Wohnung und kuschelte mich auf das Sofa. Er hatte letzte Woche einen Typen kennengelernt und ist jetzt total verliebt. Wir zwei gackerten wie die Hühner. Ich erzählte von Ben und mir. Von dem Stress mit Mick der in Kürze auf mich zukam. Er erkundigte sich nach Jack und empfahl die Farbe ‚Weizenblond‘ die er selber momentan trug. Er sagte, er würde uns im Herbst auf jeden Fall Gesellschaft leisten, wenn wir nochmal fliegen sollten.

      Nachdem sich Ben noch immer nicht gemeldet hatte, legte ich mir ein Kleid für den Abend heraus. Ich wollte nach Ottersberg fahren und der Sache auf den Grund gehen. Diesmal klingelte mein Festnetzanschluss. „Kannst du kommen?“ heulte Jack.

      „Bin unterwegs!“

      Jacks Wohnzimmer war übersäht mit benutzten Taschentüchern. Wie in einem Drama lief meine Freundin mit der Kleenex Schachtel in der Hand hin und her, schnäuzte sich und ließ das Tuch auf den Boden fallen. Ich konnte nicht mehr an mich halten und fing schallend an zu lachen. „Was zur Hölle ist so lustig?“ fragte sie angefressen. „Hast du das vorher geprobt, oder ist das echt was du hier aufführst?“ Sie