Mo Morris und die Anti-CO2-Maschine. Benedict Dana. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benedict Dana
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753190730
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ideale Arche Noah. Man könnte auf der Insel eine Auswahl von Tieren und Pflanzen versammeln, damit sie den nächsten Weltuntergang überlebt. Ich fürchte nur, die rund 9700 Quadratmeilen der Insel wären fast zu klein dafür.

      Na, kommen Sie, kommen Sie, ich werde Ihnen mal ein bisschen was zeigen, wenn Sie schon extra hier heraus gekommen sind! Sie haben sich hoffentlich etwas Zeit in Ihr Reisegepäck gesteckt!“

      Die auffordernden Bewegungen seiner rechten Hand wirkten so energetisch wie ein starker Magnet und ließen Mo und Mary sofort aufspringen. Damit war schon jetzt klar, was für eine dominante und einnehmende Persönlichkeit Donovan besaß.

      Mary, Mo und Una folgten ihm aus dem Garten auf einen schmalen, ausgetretenen Pfad, der durch ein hoch gewachsenes Gras- und Staudenfeld führte. Sie durchquerten einen Hain aus kleinen, frisch gepflanzten Gelbkiefern und hatten danach ein etwa 6 Yards hohes Türmchen aus lose aufgeschichteten Felssteinen vor sich. Sie betraten es durch eine türlose, gerundete Maueröffnung und stiegen eine eng gewundene Steintreppe zu einer kleinen Aussichtsplattform hinauf. Donovan schnaufte vor Anstrengung, steckte sich gierig saugend den Schlauch des Sauerstoffgerätes in den Mund und beruhigte danach seinen jungen, ihm stets auf den Fuß folgenden Terrier. Dann wies er mit einer theatralischen Handbewegung über die plötzlich weithin sichtbar gewordene Insellandschaft bis auf die in der Sonne glitzernde, in der Ferne mit dem Horizont in einem dunstigen Blau verschmelzende See hinaus.

      „Ich möchte Ihnen ein bisschen etwas von der Energie vermitteln, die mich dazu bewegt, internationale Naturschutz- und Geoengineering-Projekte durchzuführen. Ich bin sicher, wenn Sie auch nur annähernd etwas von meiner Liebe zur Natur verstehen, werden Sie voller Begeisterung eine hervorragende Arbeit für mich leisten!

      Sehen Sie nur, wie sich in diesem Bild aus Erde, Himmel, See und Licht alles so wunderbar ineinander fügt, als wollte es uns jede Minute und Sekunde etwas von der ewigen Schöpferenergie des Universums vermitteln! Diese Energie war von Anfang an da und wird für immer da sein. Sie ist ewig und göttlich und unzerstörbar. An diesem Ort muss man nur aufstehen und hinsehen und schon liegt etwas von dieser Energie wie ein anschauliches Bild vor einem!“

      Donovans schwelgerischer Enthusiasmus war seiner Tochter etwas peinlich, weshalb sie glaubte, den beiden erstaunten Besuchern aus der Stadt leise erklären zu müssen:

      „Die begeisterte Art meines Vaters kann manchmal etwas ungewöhnlich wirken. Sie müssen wissen, dass das auch ein wenig mit dem reinen Sauerstoff aus der Flasche zusammenhängt…“

      Ihr Vater hatte alles gehört und schien derartige Bemerkungen gewohnt zu sein, da er in keiner Weise ärgerlich reagierte und unbeirrt an seiner pathetischen Art festhielt.

      „Sehen Sie, ich war jahrzehntelang ein Mann, der nur das Geld und seine Vermehrung kannte. Viele wissen nicht, dass es nicht allein die Diagnose meiner Krankheit war, die einen tief greifenden Transformationsprozess in mir auslöste. Ich hatte nämlich ein fulminantes Gotteserlebnis, das alles in mir auf den Kopf stellte. Ich werde Ihnen die Einzelheiten jetzt ersparen, wichtig ist nur Folgendes: Seitdem wirkt das Licht in mir und alles, was mir das Licht gibt und sagt, bewegt mich dazu, alles herzlich umfangen, lieben und schützen zu wollen. Der Gott, dem ich folge, hat weniger mit der Religion als mit der alles umfassenden Liebe zu tun. Er hat mir die Aufgabe gegeben, den Reichtum, den ich früher zusammengerafft habe, zum Wohl der Erde und der Menschen einzusetzen. Ich werde diesem Auftrag bis an mein Lebensende folgen und hoffe, dass ihn danach meine Tochter weiterführt.

      So, und nun lade ich Sie ein, mich zurück zum Haus zu begleiten, damit wir das Geschäftliche besprechen können!“

      Er sog wie zur Besiegelung seiner Aufforderung ein paar Mal an dem Sauerstoffschlauch und schickte sich dann an, die kleine Aussichtsplattform wieder zu verlassen. Mo und Mary ließen seine hoch gestochenen Worte noch einen Moment auf sich wirken und bestaunten dabei eine kleine Gruppe junger Ponys, die friedlich auf einer wilden Wiese graste. Dann folgten sie Una die Treppe des Aussichtstürmchens hinunter.

      Da Donovan sie einen anderen Weg zum Haus zurückführte, kamen sie an einem Geröllhaufen vorbei, den sie vorher nicht gesehen hatten und auf dem ein großes, verwittertes Holzkreuz mit der Aufschrift „Tully Cross“ stand.

      „Tully Cross bedeutet so viel wie das Kreuz auf dem Berg“, erläuterte Donovan dazu. „So heißt das kleine Dörfchen an der westirischen Küste, von dem einst mein Vater aufbrach, um in der neuen Welt sein Glück zu machen. Ihm ist es leider nie wirklich gelungen, dafür mir umso mehr. Sie sehen also, dass mir meine Wurzeln wichtig sind.“

      Er wollte bereits weitergehen, drehte sich dann aber um und meinte zu Mary:

      „Ihr Name Kelly weist auf irische Vorfahren hin, während es bei Dr. Morris wohl englische sein müssen.“

      Als Mary daraufhin einiges über ihre Herkunft und ihre irischen, in die USA ausgewanderten Großeltern zu erzählen begann, trat Donovan irgendwann auf sie zu und packte sie einfach mit seiner großen, kräftigen Pranke am Kinn. Er drehte ein paar Mal ihr Gesicht hin und her und begutachtete mit Kennerblick ihre helle Haut, ihre spitze, zarte Nase und ein paar feine, kaum zu sehende Sommersprossen auf ihren Wangen. Dann meinte er:

      „Sie tragen einen Rotstich in ihren brünetten Haaren, durch den sie für mich schon fast eine waschechte Irin sind. Dann können Sie sicher auch etwas von der Sehnsucht verstehen, die alle Iren in ihren Genen tragen. Es ist die, sich auf eine fruchtbare grüne Insel zurückzuziehen, auf der nicht allzu viele Menschen leben und auf der man seine Ruhe hat. Genau wie ich es hier auf Block Island getan habe.

      Sie und Dr. Morris dürfen sich freuen, dass Ihr Auftrag Sie in die Nähe der Heimat Ihrer Vorfahren führen wird. Ich werde Sie nämlich nach England, beziehungsweise vor die Küste Englands, schicken. Näheres dazu erfahren Sie gleich.“

      Noch bevor Mary über das ihr zugedachte Reiseziel protestieren konnte, hatte Donovan sich schon wieder umgedreht und seinen Marsch Richtung Haus fortgesetzt. Die Art, wie er ihr Gesicht gefasst hatte, hatte allgemeine Verhaltensregeln verletzt, doch Mary, Mo und Una zerstreuten das Gefühl leichter Peinlichkeit durch Gelächter. Una hatte sie über einige Eigenheiten ihres Vaters vorgewarnt und so konnten sie ihm nichts übel nehmen.

      Sie gelangten von einem Graspfad auf einen Sandweg und sahen in einiger Entfernung ein kleines Steinhaus im irischen Cottagestil, in dem – wie Una erklärte - die Familie des für die Pflege und die Sicherheit des Grundstückes zuständigen Angestellten lebte. Bald darauf erreichten sie das Haupthaus von der hinteren Seite, betraten den Kräutergarten durch ein kleines Holztürchen und wurden von Donovan hinein gebeten. Als sie eine dunkle, mit dicken Steinplatten ausgelegte Diele betraten, drang von allen Seiten ein intensiver Pflanzenduft auf sie ein. Er stammte von den Kräutern, die Una auf einem schmalen und langen Holztisch zum Trocknen ausgelegt hatte und dem Haus direkt bei seinem Betreten eine besondere Note gaben. Eine zweiflügelige Holzkassettentür mit aufwändig geschnitzten floralen Ornamenten ließ sie direkt in den Hauptraum gelangen, der sich ohne Zwischenwände durch das gesamte Erdgeschoss zog und nur durch ein paar dicke, tragende Balken strukturiert wurde. Der Boden war mit breiten und groben Holzdielen ausgelegt und die unverputzten, von länglichen Holzsprossenfenstern durchzogenen Felssteinwände wurden hier und da von Sideboards gesäumt, die durch ihre schlichten, zeitlosen Formen und ihre aufwändig furnierten Oberflächen an den Art-Deco-Stil erinnerten. Zwischen Ihnen befanden sich massive Holzbänke, die durch ihre mit Schaffellen bespannten Lehnen fast so wirkten, als wollten sie imaginären mittelalterlichen Fürsten oder Kelten-Oberhäuptern Platz bieten. Ein großer, an der Wand hängender indianischer Federschmuck war womöglich eine Anspielung darauf, dass Block Island ursprünglich von Indianern besiedelt gewesen war.

      Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der eklektische Stil, der Elemente verschiedener Epochen in Form von Andeutungen zu einem einzigartigen, kaum definierbaren Ganzen zusammenfügte, einer genau durchdachten Absicht entsprungen war. Als Mo und Mary klar wurde, dass ein Haufen von Schafsfellen, der am Ende des Raumes vor einem großen, aus Felssteinen gemauerten Kamin am Boden lag, Donovans Schlafplatz darstellte, hatten sie endgültig kapiert, wie sehr er sich an diesem Ort in eine eigenwillige Parallelwirklichkeit jenseits des modernen Amerikas zurückgezogen hatte.

      Sie