Mo Morris und die Anti-CO2-Maschine. Benedict Dana. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benedict Dana
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753190730
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katholischen Traditionalisten und eines von allerlei esoterischen Ideen geprägten, modern-westlichen „Spirituellen“ die Türen zu einem seltenen und nur sehr schwer zu ergründenden Charakterspektrum aufgeschlossen hatten. Hätte man etwa versucht, dieses Spektrum durch Farben zu visualisieren, so hätte es vielleicht die Form eines bunt schillernden Gebildes aus sehr vielen verschiedenen, untrennbar ineinander übergehenden Farbtönen angenommen, die mit einer besonderen Energie auf irgendeine andere, höhere geistige Dimension verwiesen. Donovan war jemand, der ein ausgeprägtes geistiges Leben besaß, so viel war schon jetzt sicher, noch ohne auch nur ein persönliches Wort mit ihm gesprochen zu haben.

      Sie waren erstaunt keinen Weg zu finden, der breit genug für einen Wagen gewesen wäre, und so blieb für sie der sich durch das prächtige Küstenbuschland schlängelnde Kiespfad der einzige Zugang zu dem Anwesen. Die offene, unbebaute Landschaft wurde erst in einigen hundert Yards Entfernung durch die stolzen Silhouetten außergewöhnlich großer, zum Teil historischer, im neu-englischen Kolonialstil errichteter Villengebäude begrenzt. Sie erreichten einen verwitterten Holzsprossenzaun, der sich ein Stück am Rand des Weges entlang zog und schützend ein kleines, blühendes Lavendelfeld umschloss. In dem Feld zirpten die Grillen und summten die Bienen und als sie kurz darauf in einen Hain aus geduckten Rotdornbäumen eintraten, sahen sie in dessen Wipfeln ein paar Silbermöwen sitzen, die bei ihrem Erscheinen ein lautes Geschrei anstimmten. Es klang wie ein Willkommensgruß aus einer anderen, mystischen Welt und war so laut, dass ihre Ankunft kaum noch unbemerkt geblieben sein konnte. Der Hain schloss in seinem Inneren eine Lichtung mit zwei kleinen Süßwassertümpeln und hohen Schilfgräsern ein, auf der einige Möwen- und Seevögelarten ein Brutgebiet hatten. Der Weg hielt den größtmöglichen Abstand zu den Vögeln und den Gewässern ein und mündete hinter einigen weiteren, knorrig gewachsenen Rotdornbäumen auf ein ansteigendes Grasland, auf dem eine Vielzahl von seltenen, in dem milden ozeanischen Klima prächtig gedeihenden Blumen und Pflanzen in Blüte stand.

      Als sie eine kleine Anhöhe erreichten, trafen sie auf sieben wuchtige, im Kreis stehende Monolithen, die von Distel-, Farn- und Heidegewächsen wild umwuchert wurden und der gesamten Umgebung eine archaische und magische Stimmung verliehen. Dann wurden sie plötzlich durch ein lautes Geblöke aufgeschreckt, das von einer Gruppe dickfelliger, in einem Gatter grasender Schafe stammte.

      Der Kiesweg verzweigte sich und nachdem sie das Monolithenfeld und das etwas abseits liegende, sich hinter ein paar Schwarzkirschbäumen versteckende Schafgatter hinter sich gelassen hatten, sahen sie am Ende einer großen, sich wellenförmig durch das Grasland schlängelnden Lorbeerhecke zum ersten Mal etwas, was wie ein Gebäude aussah. Es erwies sich als ein alter, halb verfallener Schuppen, der durch seine dicken, aus massiven Felsquadern bestehenden Mauern und sein Holzschindeldach einen historisch wirkenden Charakter besaß. Eine aus großen, unbehauenen Natursteinen lose zusammengefügte Mauer trennte hinter dem Schuppen den bewohnten Teil des Areals von dem freien Naturland ab. Sie gelangten durch ein schief in den Angeln hängendes Holztor auf einen Sandweg, der um eine hohe Buchenhecke herumführte und dahinter plötzlich einen unbeschränkten Blick auf das Hauptgebäude des Anwesens freigab.

      Bei dem Anblick des länglichen, einstöckigen Steinquadergebäudes, das sich in unregelmäßigen und schiefen Formen einen von hohen Gräsern und Wildblumen überwucherten Hang hoch zog, blieben sie vor Erstaunen stehen und fühlten sich endgültig in eine andere Welt versetzt. Das Sommerdomizil des milliardenschweren Ronan Donovan sah wie das einfache Wohnhaus eines irischen Schafbauern aus und wirkte nur deshalb um einiges anspruchsvoller und moderner, weil hinter ihm eine große Solaranlage sowie eine mächtige Satellitenschüssel inmitten verwilderter Brombeersträucher aufragten. Es konnte keinen zweiten Ort wie diesen auf Block Island geben und fast meinten sie, sich nicht mehr auf dem Boden der USA, sondern auf dem eines autarken Natur- und Märchenlandes zu befinden, auf dem ganz eigene, ihnen unbekannte Gesetze galten.

      Sie konnten förmlich spüren, wie von den sich hebenden und senkenden Konturen des mit schweren Schieferplatten gedeckten Daches und dem urigen Gemäuer mit seinen ungeformten, natürlichen Felssteinen und seinen zahlreichen länglichen Holzsprossenfenstern eine besondere, sich mit der umliegenden Natur verbindende Energie ausging. Sie hörten aus der Ferne das aufgeregte Bellen eines Hundes und nahmen es zum Signal, das letzte Stück des Weges zurückzulegen und durch den schmalen Spalt, den eine niedrige Rosenhecke offen ließ, den inneren Teil des Grundstückes zu betreten. Sie gingen durch einen großen Kräutergarten auf die offen stehende, zweiflügelige Eingangstür zu und wurden genau bei ihrem Erreichen von einer jungen, sportlich wirkenden Frau in Empfang genommen, die mit einem freundlichen Lächeln die Stufen einer breiten, ausgetretenen Steintreppe zu ihnen hinunter sprang.

      Mo wusste sofort, dass es sich um die 30jährige Una Donovan handeln musste, Donovans einzige Tochter, deren Mutter seine zweite Ehefrau Susan war. Sie war diejenige, die im Auftrag ihres Vaters den Kontakt zu ihm hergestellt und ihn auf das Inselanwesen eingeladen hatte. Sie hatte ihre langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und steckte in einer einfachen, etwas schmutzig wirkenden, zerfransten Jeans, ein paar ausgetretenen Zehensandalen und einem naturfarbenen Wollpullover, der wie selbst gestrickt aussah. Eine lange Narbe, die sich durch ihre rechte Gesichtshälfte zog, schien ihr hübsches, jung und mädchenhaft wirkendes Gesicht nicht zu verunstalten, ja ihm sogar einen besonderen Reiz zu verleihen. Mo wusste durch seine Internetrecherchen, dass sie zu gefährlichen Sportarten und Abenteuern neigte und sich die Narbe bei einem Skiunfall in den Rocky Mountains zugezogen hatte.

      Una musterte amüsiert die korrekte Kleidung der beiden Besucher, die bei Mary aus einem Blazer und bei Mo aus einem Sakko bestand, und lud sie unter ein paar kurzen Begrüßungsfloskeln ein, ihr auf eine Terrasse zu folgen. Diese befand sich linkerhand vor dem Haus, war mit schroffen, teilweise zersprungenen Schieferplatten ausgelegt und wurde von einem Holzspalier umschlossen, um das sich verschiedene wilde Rosengewächse rankten.

      „Dr. Kelly und Dr. Morris also… Mein Vater erwartet Sie bereits und wird gleich kommen. Dass inzwischen bereits die Detektive Doktorentitel tragen, ist ja fast schon ein wenig lächerlich und zeigt, in was für einer überkandidelten Welt wir leben. Ich habe das College mit 25 Jahren geschmissen und meinen eigenen Internetblog aufgemacht. Ich halte nicht viel von Wissenschaft. Es sieht so aus, als könnte man durch sie alles erklären und erlangen und trotzdem hat der ach so kluge und gebildete Mensch die Erde an den Rand des Abgrunds gebracht. Mit nur ein bisschen mehr gesundem Menschenverstand würde vieles sehr viel besser laufen!“, ließ sie auf den wenigen Schritten zu der Terrasse bereits sehr viel von ihrer Einstellung und ihrem etwas rebellischen Charakter durchblicken. Sie hatte sich offenbar bewusst entschieden, jung zu bleiben und sich auch jenseits der 30 gegen die Erwachsenenwelt aufzulehnen, wie es auch ihre legere Kleidung bewies.

      „Obwohl ich erst den Umweg über die akademische Kriminologie machen musste, um zum freien Detektiv zu werden, habe ich dies nie bereut. Die Erfahrungen, die wir auf unserem Lebensweg sammeln, haben alle ihren Sinn und Zweck und machen uns zu genau denen, die wir sind“, verteidigte Mo etwas beleidigt seinen Doktortitel, da der provokante Ton der jungen Rebellin zunächst etwas gewöhnungsbedürftig wirkte.

      Nachdem sie auf einfachen, lehnenlosen Hockern an einem großen, runden Holztisch Platz genommen hatten, zerstreute Mary die latente Spannung, die zwischen Una und Mo aufgekommen war, indem sie meinte:

      „Wenn Sie wissen, wer wir sind, wissen Sie ja auch, warum wir hier sind. Dann kann ich Ihnen auch gleich eine erste Frage stellen. Sie schreiben in Ihrem Blog über ökologische Themen, Miss Donovan, nicht wahr? Sie müssen entschuldigen, aber wir hatten in den zwei Tagen seit dem ersten Kontakt nicht viel Zeit, gründlich über Sie und Ihre Familie zu recherchieren.“

      „Genauso ist es, Mrs. Kelly. Es stört sie doch nicht, wenn ich ihren Titel einfach mal unter den Tisch fallen lasse?“, hielt Una noch für einen Moment an ihrem frech-provokanten Tonfall fest, um dann plötzlich mit reinster Freundlichkeit zu fragen: „Möchten Sie eine Tasse Tee? Ich habe ihn extra für Sie vorbereitet. Seine Kräuter kommen direkt hier aus unserem Garten. Er wird sie nach der Reise hierher stärken. Die Fahrt von New York zieht sich ja mit der Fährüberfahrt schnell auf über 5 Stunden hin. Mein Vater wird gleich hier sein, er ist irgendwo draußen auf dem Gelände, um ein paar neu gepflanzte Bäume zu wässern.“

      Sie schenkte den