Marionette des Teufels. Dagmar Isabell Schmidbauer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dagmar Isabell Schmidbauer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737561884
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Niederhaus nicht mal diesem Ferdinand Wagner gehört, diesem Historienmaler?“ „Ja, schon, aber das ist lange her. Wobei man sagt, dass es dort wüste Künstlerfeste gegeben hat.“

      „Sagt man.“

      „Er war Ehrenbürger von Passau und bekannt als Meister des Pinsels. Aber er passte eben nicht ins Gesellschaftsbild der damaligen Zeit.“

      „Unser Froschhammer heute scheinbar auch nicht.“

      „Ist dir der Schriftzug aufgefallen, mit dem er unterschreibt? Das große „W“ gleicht der Brust einer Frau, originell nicht?“

      „Passt zu ihm. Wie hast du das so schnell herausgefunden?“

      „Das hat mir Katharina Eschenbacher erklärt.“

      „Wann?“

      „Heute Morgen im Theater.“

      „Das hast du mir ja gar nicht erzählt.“ Franziska fuhr über den Kreisel und ließ die Luitpoldbrücke rechts liegen.

      „Nö, ich wollte es mir erst selbst ansehen.“

      „Ach, darum hast du so lange gebraucht! Kam dir bei den Porträtierten eigentlich jemand bekannt vor?“

      „Du meinst aus dem Theater?“

      „Ja, zum Beispiel die Eschenbacher.“

      „Katharina Eschenbacher habe ich nicht gefunden, aber ich bin mir sicher, es wird einige Herrschaften in der Stadt geben, die gar nicht erfreut sind über diese Ausstellung.“

      „Und dieser Froschhammer ist so eingebildet und glaubt es wird ein Knüller.“

      „Da bin ich mir auch ganz sicher.“ Franziska warf ihm einen fragenden Blick zu.

      „Na, überleg doch mal. Wenn sich das herumspricht, was die uns im Theater über seine Methoden erzählt haben, dann ist doch die ganze Stadt da. Dann will doch jeder sehen, wen er gemalt und vorher flachgelegt hat.“

      „Also bitte, Hannes, geht es auch ein bisschen weniger anzüglich?!“

      „Wie war das doch gleich mit dem ordentlich besorgen?“

      Franziskas Wangen wurden rot. „Aber das war doch nur wegen seiner Behauptung, dass die Weberknecht durch und durch verdorben war und er wüsste, dass es viele Frauen gern mal ordentlich krachen lassen würden, zumindest in ihren Träumen.“

      „Wenn ich das Obermüller erzähle!“

      „Untersteh dich! Sonst erzähl ich ihm, dass du voll auf die Eschenbacher abfährst.“ Franziska schüttelte lachend den Kopf. Dann wurde sie wieder ernst.

      „Auf jeden Fall haben wir jetzt einen Verdächtigen.“

      „Du meinst, der Froschhammer hat sie erschlagen?“

      „Er hätte zumindest ein Motiv und außerdem hat er lange Haare.“

      „Macht das den Mann jetzt verdächtig?“

      „Paula Nowak hat scheinbar ab und zu einen Mann mit langen Haaren in der Nähe der Wohnung gesehen“, erinnerte Franziska.

      „Okay, verdächtig. Aber wir sollten vielleicht lieber noch anderen Spuren nachgehen, immerhin hat er ein Alibi.“

      Ja, dachte Franziska und immerhin gab es unzählige Männer mit langen Haaren in Passau. Da musste es ja nicht unbedingt dieser Künstler sein.

      ***

      Hauptkommissar Berthold Brauser hatte im Café Greindl längst seinen Stammplatz: an der hinteren Wand, mit Blick auf den Tresen, mit Blick auf die Tür, mit Blick auf alle Gäste im Raum.

      Wenn er erst einmal Platz genommen hatte, genügte ein Wink mit der Hand und schon brachte Stefan, ein junger Mann, der sich neben dem Studium ein bisschen Geld mit Servieren verdiente, einen Cappuccino mit allem, was das Herz eines Mannes begehrte, den es nach Koffein lechzte.

      „Wie wäre es mit einem Heidelbeerstrudel? Ganz frisch und sehr lecker.“

      Brauser schmunzelte amüsiert. „Lecker ist bei euch doch alles.“

      „Aber Herr Hauptkommissar, bei Ihrem Job braucht man doch vor allem Standfestigkeit, und die bekommen Sie nicht vom Hungern“, argumentierte Stefan, der glaubte, Brauser wäre auf Diät.

      Er nickte zufrieden, das war das Argument, das er immer brauchte und dem er sonst nie widerstehen konnte. Doch heute blieb er standhaft und ließ sich nur einen Cappuccino bringen.

      Das Café Greindl hatte es ihm angetan. Hier konnte er ungestört und aus einer völlig anderen Perspektive an den Fall denken, den er gerade bearbeitete.

      Der Kommissar wählte seinen Platz immer so aus, dass er möglichst viel von den anderen Gästen sehen konnte. Noch lieber, als an der Rückwand des Cafés, saß er draußen auf der Straße und verfolgte das bunte Treiben. Sah den Touristen zu, die hier vorbei und in Richtung Dom oder Innenstadt gingen. Dabei musterte er einen nach dem anderen und fragte sich, woher sie kamen und was sie taten, wenn sie nicht mit Fotoapparat und Regenschirm eine fremde Stadt besichtigten.

      Dabei konnte er sich total verlieren. Das ging so weit, dass er im vergangenen Sommer fast nicht bemerkt hatte, dass eine junge Frau zu ihm an den Tisch gekommen war und ihn fragte, ob sie sich zu ihm setzen durfte. So etwas war ihm noch nie passiert und entsprechend verlegen war er dann auch gewesen. Bis heute wusste er eigentlich nicht, was sie bei ihm gesucht hatte. Aber es war ein sehr netter Nachmittag geworden. Vergessen waren die Touristen und was ihn sonst beschäftigt hatte. Sie hatten viel zusammen gelacht und Brauser hatte sich geschmeichelt gefühlt, denn sie war nicht nur jung gewesen, sie hatte auch sehr gut ausgesehen.

      Als er den letzten Milchschaum aus seiner Tasse gelöffelt hatte, kam Stefan erneut an den Tisch, räumte das Geschirr zusammen und stellte es auf die freie Seite, dann setzte er sich auf ein Schwätzchen zu ihm. Es war nicht viel los im Moment.

      „Und, Herr Hauptkommissar, gibt’s etwas Neues bei Ihrem Fall?“

      „Nein, Stefan, nichts, leider.“ Brauser mochte den jungen Mann. Er trug zwar manchmal dick auf, aber das tat er nur, um ein besseres Trinkgeld zu bekommen. Die Leute werden ja immer geiziger, hatte er mal erzählt. Er war auch so ein Kerl, den er vom Fleck weg adoptiert hätte, genauso wie seine Franziska. Vielleicht sollte er sie mit ihm zusammenbringen. Aber erst, wenn Stefan mit seinem Studium fertig war und das konnte noch ein bisschen dauern, denn er wollte Lehrer werden.

      „Ich gehe bald in Rente“, sagte Brauser auf einmal.

      „Aber das kann doch nicht sein, lassen die Sie denn schon so früh gehen?“

      „Du brauchst mir nicht schmeicheln. Ich bin fast fünfundsechzig.“

      Stefan erhob sich, weil zwei ältere Damen das Café betreten hatten. Laut unterhielten sie sich über die Einrichtung.

      „Fast wie in Wien, sag ich dir und es riecht genauso gut.“ „Grüß Gott, die Damen, was darf‘s denn sein?“

      Belustigt beobachtete der Kommissar, wie Stefan sich um die zwei alten Damen kümmerte und sie nach ihren Wünschen fragte, und er hoffte für ihn, dass sich dieses Anbiedern auch hinterher auszahlte. Die zwei mochten sein Alter haben und hatten sich dafür erstaunlich aufgebrezelt. Vielleicht kamen sie gerade vom Friseur, begann er zu spekulieren, und während er das tat, erinnerte er sich wieder an die junge Frau vom Sommer und fragte sich zum hundertsten Mal, was sie von ihm gewollt haben konnte.

      ***

      „Hey, ich bin Carlos.“ Wie bereits am Tag vorher im Theater stellte sich der leidenschaftliche Sänger bei Ramona mit einer tiefen Verbeugung vor. „Ich werde erwartet.“

      „Oh, ja ja, ich weiß schon Bescheid. Einen kleinen Moment, bitte!“ Ramona warf beinahe ihren Stuhl um, als sie aufsprang, um diesen eindrucksvollen Besuch bei Franziska anzumelden. Doch die hatte die ganze Begrüßungsszene mit angehört und kam mit einem süffisanten Grinsen in den Vorraum, um den