Marionette des Teufels. Dagmar Isabell Schmidbauer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dagmar Isabell Schmidbauer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737561884
Скачать книгу
entzückt klatschte sie in die Hände und Hannes war sich sicher, dass sie diese Geste schon oft auf der Bühne benutzt hatte. Dabei hatte er eigentlich nur seine Verweigerung, über ein solches Thema eine Meinung abzugeben, kundtun wollen.

      „So, ich muss jetzt weiter, aber ich bin mir sicher, den Rest finden Sie schon selbst heraus“, verkündete sie und Hannes nickte. „Bestimmt. Ach, eines hätte ich doch glatt vergessen“, er reichte ihr eine seiner Visitenkarten, „wenn Sie sich bitte heute Nachmittag im Büro melden, wir haben da noch ein paar Fragen.“

      Die Eschenbacher sah sich die Visitenkarte genau an, vielleicht nur, weil sie im finsteren Flur fast nichts erkennen konnte. „Johannes Hollermann.“ Sie sah auf: „Sehr gern, Herr Kommissar, wenn Sie Fragen haben, jederzeit!“ Dann lächelte sie zum Abschied.

      „Nicht ich, meine Kollegin“, stellte Hannes klar und wandte sich schnell zum Büro Schaffroths um.

      ***

      „In welchem Verhältnis standen Sie denn zu Frau Weberknecht?“ Franziska beobachtete den Mann, der vor ihr auf dem Boden kniete, sehr genau. Doch obwohl sie ihm eindringlich geschildert hatte, wie Sophia Weberknecht ums Leben gekommen war, schien er nicht beeindruckt und legte weder Hammer noch Nägel weg, sondern beschäftigte sich noch intensiver mit seinen Bildern. Sein Gesicht verriet, soweit Franziska es von der Seite aus sehen konnte, rein gar nichts.

      „Warum tun Sie eigentlich so, als wäre Sophia eine Heilige gewesen?“ Endlich blickte der so viel beschäftigte Künstler auf und sah ihr ins Gesicht. Sein Blick traf sie völlig unerwartet. Er hatte ein markantes Kinn und eine imposante schöne Nase. Seine Haare hatte er mit einem Gummiband gebändigt, trotzdem reichten sie ihm bis weit über die Schultern. Sie wirkten gepflegt, wenn auch schon einige silberne Strähnen durch das Schwarz durchschimmerten. Er sah interessant aus, fand Franziska, aber einen Frauenhelden hatte sie sich anders vorgestellt. „Sophia war durch und durch verdorben.“

      „Wie kommen Sie zu dieser Behauptung?“

      Jetzt endlich legte er sein Handwerkszeug zur Seite, erhob sich und stellte sich direkt vor sie. Er mochte einen Kopf größer als sie sein, außerdem war er sehr durchtrainiert.

      „Ach, jetzt lassen Sie mich mal raten. Da hat Ihnen doch tatsächlich so ein munteres Vögelchen Dinge über mich gezwitschert, und trotzdem denken Sie, das müsste alles stimmen?“ Sein Ton war jetzt angriffslustig, aber Franziska hielt seinem Blick stand. Nein, auf so etwas fiel sie nicht herein, so etwas musste er sich fürs Theater aufheben. Sie kam von der Mordkommission. Nachdem sie nicht antwortete, begann er sich zu rechtfertigen. „Hören Sie, ich kenne mich mit Frauen aus. Sie tun häufig so, als wären sie voller Liebreiz, brav, ja fast bieder, aber in ihren Träumen wollen sie es so richtig krachen lassen. Jede Frau hat einen ganz persönlichen Traum. Und viele dieser Träume sind nicht wirklich jugendfrei.“

      „Und Frau Weberknecht hatte Ihrer Meinung nach auch so einen nicht jugendfreien Traum? Passt das nicht eher in einen schlechten Porno? Oder zu dem Irrglauben, dass alle Frauen die vergewaltigt werden, das selbst wollten, und im Grunde nur darauf warteten, dass ein Mann vorbeikommt, um es ihnen mal ordentlich zu besorgen?“

      Franziska wunderte sich über ihre heftige Reaktion. Nur gut, dass Hannes das nicht mitbekommen hatte und noch immer an den Stellwänden mit den bereits aufgehängten Bildern vorbeiging und irgendetwas zu suchen schien. Walter Froschhammer lächelte sie siegessicher an.

      „Pornos, Frau Kommissarin, werden für Männer gemacht, das muss man ganz klar festhalten, und in diesem Punkt gebe ich Ihnen auch völlig recht. Aber auch Frauen möchten angeregt werden. Das müssten Sie doch am besten wissen!“ Er machte eine Pause, doch Franziska ließ sich nicht ein Zweites Mal provozieren. „Frauen brauchen Rollen, Orte, Gefühle mit denen sie umgehen können. Sie müssen sich in eine erregende Situation vollkommen sicher hineinfallen lassen können, dann sind sie auch zu allem bereit.“

      Während er das sagte, nahm er ein Bild zur Hand, hielt es in die Höhe und sah es abschätzend an. Es zeigte eine Frau, die sich nackt auf einem Diwan räkelte. Mit nur wenigen Kohlestrichen hatte er die sich Darbietende in mattem Schwarz eingefangen. Sie wirkte sehr entspannt und sehr offen.

      „Klingt wie der Herzog von Mantua.“

      „Ach, Sie haben sich mit Rigoletto beschäftigt?“ Froschhammer stellte das Bild zurück und nahm sich das nächste vor. Auch hier war viel nacktes Fleisch zu sehen. Allerdings handelte es sich um eine Ansicht von hinten, wobei die Schöne einen sehnsüchtigen Blick über die rechte Schulter warf und den Betrachter ansah. Festgehalten war diese Eroberung in leuchtenden Aquarellfarben.

      „Gehört zu meinen Ermittlungen.“

      Mit einem tiefen Blick sah Froschhammer Franziska in die Augen. „Sophia war eine Frau auf der Suche. Leider ließ sie mich ihr nicht beim Finden helfen.“

      „Und da haben Sie sie in ihrer Wohnung besucht, weil sie aber nicht von Ihnen gefunden werden wollte, haben Sie kurzerhand nachgeholfen und sie erschlagen“, hakte Franziska nach, während Froschhammer das nächste Bild in die Hand nahm und es abschätzend in die Höhe hielt.

      „Bis ins Mittelalter waren Kohlezeichnungen nur für Skizzen und Vorbereitungen geeignet, weil man sie nicht fixieren konnte, erst danach waren sie eine eigenständige Technik, wobei uns Albrecht Dürer erstmals die meisterhafte Handhabung der Kohlezeichnung zeigte. Wussten Sie das?“

      „Nein, das wusste ich nicht. Aber ich weiß auch nicht, was das mit meiner Frage zu tun hat“, schnaubte sie.

      „Nichts.“ Ohne sich zu rühren, sah er sie an. „Aber das war auch keine Frage, sondern eine Unterstellung. Glauben Sie wirklich, ich hätte das nötig?“ Sein Blick wurde spöttisch. „Wissen Sie, eigentlich hätte ich das alles gar nicht über Sophia erzählt, das ist für mich Ehrensache, aber Sie haben so nett gefragt und da dachte ich, ich helfe Ihnen mal ein bisschen, damit Sie mehr über Sophia erfahren. Aber einen Mord lasse ich mir nicht anhängen, auch nicht von Ihnen!“ Beim Reden sah Franziska, dass ihm an einem Schneidezahn ein Eckchen fehlte. Vielleicht hatte er von einem gehörnten Ehemann eine Faust ins Gesicht bekommen? Ob er wohl genug Kraft hatte, um eine Frau durch die Wohnung zu tragen?

      „Sie haben ein schönes Lächeln“, behauptete Froschhammer, und erst in diesem Moment fiel Franziska auf, dass sie tatsächlich lächelte. Ausgerechnet vor diesem aufgeblasenen Künstler! Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und rief sich zur Ordnung.

      „Wo waren Sie in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober?“

      „Sie glauben also wirklich, ich hätte etwas mit ihrem Tod zu tun? Aber das ist doch völlig absurd!“

      „Das ist Routine. Also?“

      „Hören Sie, in fünf Tagen beginnt meine Ausstellung und bis dahin hab ich noch alle Hände voll zu tun.“ Er sah Franziska an, und nachdem sie keine Anstalten machte, sich damit zufrieden zu geben, fügte er hinzu: „Ich war hier.“

      „Kann das jemand bezeugen?“

      „Der Kurator, Maximilian Wertersbach, kam zweimal vorbei. Fragen Sie ihn!“ „Das werde ich.“ Froschhammer nickte.

      „Bitte sehr.“ „Ich gebe Ihnen meine Karte, falls Ihnen noch was einfällt. Und halten Sie sich bitte zu meiner Verfügung.“

      „Aber gern.“ Froschhammer sah sie mit einem anzüglichen Lächeln an, als hätte sie gesagt, lass uns vögeln.

      Rasch wandte sich die junge Kommissarin ab und suchte Hannes, der seinen Rundgang beendet hatte. „Also, dieses Haus hat schon was ganz Besonderes! Und die Bilder erst. Echt spitze!“

      „Ja, ich glaube die Ausstellung wird einschlagen wie eine Bombe.“ Der Künstler strahlte die Kommissarin so selbstsicher an, dass diese einfach nichts mehr erwidern konnte.

      ***

      Während Franziska und Hannes auf dem Donaukai entlangfuhren, deutete Hannes mit dem Kopf in Richtung Veste Niederhaus auf der anderen Seite des Flusses. „Da drüben wohnt auch so ein Vogel,