Magie, Schicksal und der Zauberkristall. Jeanny O'Malley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jeanny O'Malley
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754168219
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endlich ein.

      In der Nacht hatte Timono einen seltsamen Traum. Er sah sich selbst, wie er Dinge mit reiner Willenskraft bewegen konnte. Plötzlich wachte er aus diesem Traum auf. Dann schaute er seine Schuhe an und fragte sich leise selbst: „Ob ich dies wirklich machen kann? Mein Urgroßvater konnte dies, wie man mir erzählte. Damit könnte ich alle Leute und auch die Prinzessin beeindrucken.“ Angestrengt versuchte er, seinen Schuh zu sich an das Bett zu holen. Erst nach dem zehnten Versuch bewegte sich der Schuh. Aber er kam nur zwei Zentimeter weit. Timono nahm seine Finger dazu. Er zeigte auf den Schuh und machte eine Bewegung, die den Schuh zwingen sollte, zu ihm zu kommen. Wieder bewegte er sich nur zwei Zentimeter. Er versuchte es immer wieder, aber irgendwann war er vor Müdigkeit nicht mehr konzentriert genug, um es besser zu können. Voller Freude lehnte er sich in sein Kopfkissen und legte die Hände hinter den Kopf. Er stellte sich vor, wie er der Prinzessin seine neue Zauberkunst vorführen würde und sie sich voller Entzücken in ihn verliebte. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er schließlich ein.

      Am nächsten Morgen ging Timono in den Gastraum zu seinem Onkel und setzte sich neben ihn an den Tisch. Im Gegensatz zum Vorabend war der Raum so früh morgens wie leergefegt. Dann nahm er das Messer auf dem Tisch in die Hand und meinte leise: „Schau dir das Messer bitte genau an. Ich werde jetzt versuchen es zu bewegen.“ Sein Onkel lachte und sagte: „Jetzt fängst du aber an zu spinnen. Genauso, wie dein Urgroßvater. Er glaubte auch immer zaubern zu können. Dabei war alles nur ein Trick.“ Timono legte das Messer neben den Teller seines Onkels und zeigte mit dem Finger auf diesen Gegenstand. Dann konzentrierte er sich darauf, dass er das Messer zu sich bewegen will. Mit einer kurzen Fingerbewegung zu sich selbst bewegte sich das Messer doch tatsächlich ganz langsam auf ihn zu. Der Onkel staunte darüber. Lächelnd verneigte sich Timono und fragte: „Na? Glaubst du immer noch, dass ich spinne?“ Mit dem Kopf schüttelnd antwortete der Onkel leise: „Das glaube ich einfach nicht. Du hast die Magie wohl von deinem Urgroßvater geerbt. Wahrscheinlich konnte er es doch.“ Zufrieden aß Timono ein Brot und lächelte dabei. Doch dann riss der der Onkel ihn aus seinen Tagträumen, indem er ihn ermahnte: „Aber pass auf, dass dich keiner dabei beobachtet. Zeig niemandem, dass du es wirklich kannst. Man weiß nie, wie die Menschen darauf reagieren. Auch wenn du nur Gutes damit bezwecken möchtest, können andere Leute mit dem Finger auf dich zeigen und meinen, du hättest sie mit einem bösen Fluch belegt.“ Leise seufzte Timono, denn er wusste, dass sein Onkel Recht hatte. Doch in ihm wuchs der Wunsch, es der Prinzessin zu zeigen, um sie zu beeindrucken.

      Den Tag über verbrachte Timono bei den Pferden im Stall. Er striegelte und bürstete sie, und führte sie ein wenig in der Gegend herum. Er war so glücklich und zufrieden, wie er es zuvor noch nie war. Flüsternd sagte er dem Pferd in das Ohr: „Gestern Abend habe ich die Prinzessin kennengelernt. Sie ist einfach wunderschön und freundlich. Ich mag sie sehr gerne. Und mitten in der Nacht habe ich festgestellt, dass ich Dinge durch meine Gedanken bewegen kann. Ich bin zurzeit richtig glücklich.“ Wieder lächelte er und das Pferd nickte mit dem Kopf. Jetzt wusste Timono, dass das Pferd ihn verstanden hatte.

      Am Abend ging Timono wieder in den Schlosspark und stellte sich an den Teich. Kurze Zeit später tauchte auch Prinzessin Joanna dort auf. Sie lächelte ihn an und fragte leise: „Seid ihr alleine hier?“ Er nickte nur. Dann meinte er: „Ich habe mich aus dem Gasthaus geschlichen.“ „Ich habe mich aus dem Schloss geschlichen“, erzählte Joanna lachend. Dann nahm sie seine Hand und meinte euphorisch: „Kommt mit! Ich werde euch etwas zeigen.“ Wortlos und fragend folgte er ihr. Joanna führte ihn zu einem Felsen am Rande des Schlossparks. Vorsichtig bestieg sie den Felsen und winkte ihm zu, dass er ihr folgen soll. Sofort kletterte er auch hinauf. Oben angekommen konnten beide weit über das Land schauen. Sie erzählte freudig: „Da hinten, wo auf dem Hügel die vielen Lichter brennen, ist unser Schloss. Es sieht von hier gar nicht so weit aus.“ Timono fragte sie vorsichtig: „Kann ich euch auch etwas zeigen?“ Neugierig nickte sie. Ohne zu zögern, nahm er ihre Hand und führte sie an eine Stelle, wo keine Bäume waren und der Mond gut auf den Boden scheinen konnte. Dort fragte er sie: „Joanna! Habt ihr einen Gegenstand bei euch, den ich mal kurz benutzen könnte?“ Sie nickte und nahm aus ihrem Täschchen einen silbernen Kamm heraus. Zuerst wollte sie ihm diesen Gegenstand geben, aber er lehnte es ab und meinte: „Nein! Behaltet ihn in der Hand, aber umschließt ihn nicht mit euren Fingern. Ich will ihn nicht anfassen. Ich will den Kamm nur bewegen.“ Sie tat, was er wollte, und beobachtete ihn sorgfältig. Mit einer kurzen Handbewegung und einem Fingerzeig ließ er den Kamm ein wenig tanzen. Joanna staunte nur. Jubelnd tanzte Timono im Mondlicht herum. Er sagte freudig: „So toll hat es noch nicht geklappt. Bis jetzt konnte ich die Gegenstände immer nur ein wenig bewegen. Das liegt wohl an eurer Gegenwart. Ihr beeinflusst wohl etwas meine Zauberkraft.“ Joanna schmunzelte ein wenig, bevor sie ihn anhimmelte. Plötzlich hörte Joanna eine ihr bekannte Stimme, die ihren Namen rief. Schnell lief sie der Stimme entgegen. Timono blieb zurück und fragte sie etwas lauter: „Kann ich morgen wieder hier auf euch warten?“ Doch Joanna hörte dies nicht mehr. Sie war schon viel zu weit weg.

      Seufzend ging Timono wieder in das Gasthaus zurück. Traurig und verärgert darüber, dass er nicht wusste, ob er sie wiedersehen würde, ging er auf sein Zimmer. Als er vor der Zimmertüre stand, wollte er diese mit seinen Gedanken öffnen. Aber dazu war er in diesem Moment nicht konzentriert genug. Also öffnete er die Türe per Hand. Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen und dachte nach, was diese Veränderung herbeigeführt haben könnte. Nach wenigen Überlegungen schlief er schließlich ein.

      Am nächsten Morgen wurde Timono von einem lauten Horn geweckt. Schnell stieg er in seine Schuhe und ging zu seinem Onkel ins Zimmer. Dort fragte er ihn: „Was hat das Horn zu bedeuten?“ Pflichtbewusst antwortete der Onkel, nachdem er sich seine Pfeife angezündet hatte: „Die königlichen Herrschaften wollen auf die Jagd gehen. Wir müssen gleich die Pferde bereitstellen.“ Erleichtert ließ sich Timono auf einen Stuhl sinken und meinte erschrocken: „Ich dachte schon, dass es etwas Schlimmes zu bedeuten hat.“

      Kurz nachdem die Pferde von Timono und seinem Onkel gesattelt, und an den Zügeln herum geführt wurden waren, kamen die zwei Könige aus dem großen Tor heraus. Sie trugen beide ihre Jagdanzüge und hatten Armbrüste dabei. Timono hielt das Pferd seines Königs an dem Zügel fest und ließ den König aufsitzen. Dabei hörte er, wie er zu dem anderen König sagte: „Morgen Abend nach den Festspielen findet die Verlobungsfeier zwischen meiner Tochter und eurem ältestem Sohn statt. Dafür werden wir gleich einen stattlichen Hirsch erlegen.“ Der andere König nickte zufrieden und sie ritten mit ihrem Jagdgefolge aus dem Schlosshof heraus.

      Mit einem stechenden Schmerz in seinem Herzen blieb Timono auf dem leeren Platz alleine zurück. Sein Onkel war schon in das Gasthaus zurückgegangen. Traurig sah er den Pferden hinterher und dachte an Joanna. Der Gedanke daran, dass sie am nächsten Tag mit einem älteren Prinzen verlobt wird, ließ Timono innerlich erstarren. Er hatte ein Gefühl in seiner Brust, als würde man sein Herz herausreißen. Ihm wurde klar, dass er etwas unternehmen musste. Er konnte dies nicht so einfach hinnehmen. Verärgert ging er in den Stall zu den restlichen Pferden um diese zu versorgen und überlegte, was er machen könnte.

      3

      Noch am selben Tage kam ein Ritter in den Pferdestall und erblickte Timono. „Was machst du hier?“ wollte der Ritter wissen. Timono zuckte bei diesem Anblick zusammen und antwortete: „Ich versorge die Pferde, mein Herr. Ich bin der Stallbursche.“ „Na dann ist ja gut. Kennst du einen Knappen, der noch keinen Ritter hat?“ fragte der stattliche und junge Ritter nach. Timono verneigte sich ein wenig und meinte: „Nein, mein Herr. Ich kenne keine Knappen.“ Timono sah ihn sich an. Der Ritter war groß, mit etwas längeren, gewellten, blonden Haaren und einem Schnurrbart. Irgendwie sah er anders aus, als die anderen Ritter die er jemals gesehen hatte. Irgendwas hatte er an sich, was verriet, dass er sehr gütig war. Prüfend ging der Ritter um den Stallburschen herum und musterte ihn. „Du könntest mein Knappe werden. Meiner ist leider erkrankt und morgen ist das Turnier. Da brauche ich deine Hilfe. Hättest du Lust?“ „Ja mein Herr, Sir. Ich möchte gerne euer Knappe sein. Wann soll ich anfangen?“ wollte Timono aufgeregt wissen. Der Ritter lachte etwas und antwortete ihm: