Der Kurier des Kaisers. Fedor von Zobeltitz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fedor von Zobeltitz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754182109
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Rappen herum und jagte nordwärts weiter, bis ihn der Schatten dicht belaubter Korkeichen umfing.

      Da hörte er dicht hinter sich lautes Rufen.

      »Señor – Señor! Langsamer – langsamer, bei allen Heiligen! Wir sind ja in Sicherheit!«

      Das war die Stimme Wohannas! Fritz ließ, in Schweiß gebadet, keuchend und röchelnd sein Pferd in Schritt fallen, und der Indianer galoppierte heran.

      »Gott sei gelobt,« stöhnte auch er, »das war eine heiße Jagd, Señor Tedescho (Deutscher)! Ich konnte nicht so rasch in den Sattel als Sie – aber ehe die faulen Franzosen an ihren Gäulen waren, war ich längst auf und davon. Eine Kugel flog dicht 24 an meinem Kopfe vorbei – eine zweite hat meine rechte Schulter gestreift . . . Diese Schufte!«

      Fritz lachte lustig auf.

      »Wir haben unsre Pferde wieder, und damit basta,« sagte er. »Aber wie nun weiter, Wohanna? Sind wir auf rechtem Wege?«

      »Auf dem rechten, Señor. An der Tabascaschlucht müssen wir rechts abbiegen. Da liegt auch eine kleine Venta – für Flößer und Holzfäller, wo wir einen raschen Imbiß zu uns nehmen können. Vor Abend haben wir den Rio Blanco erreicht.«

      Fritz nickte und streichelte seinen wie mit Milch übergossenen Rappen. Er freute sich, daß er dem Marschall Bazaine hatte ein Schnippchen schlagen können. – – –

      Mit Beginn der Abenddämmerung veränderte sich die Landschaft. Sie wurde gebirgiger, ohne im allgemeinen ihren anmutigen Charakter zu verlieren. Mimosen und Tamarisken wucherten an den Rändern der Schlucht, durch die sich der Weg hinzog, und oben wuchsen Feigenbäume und Euphorbien, in deren Wipfeln die entfalteten Blüten von hundert buntfarbigen Schlinggewächsen leuchteten.

      Am Rio Blanco sollte die Ansiedlung eines Nordamerikaners liegen, den man um Nachtquartier bitten wollte. Aber ein neues Abenteuer hielt die Reisenden auf.

      Sie hatten soeben mit ihren müden Pferden eine steile Höhe erklommen, als sie plötzlich Uniformen und Gewehrläufe durch das Unterholz blitzen sahen. Ein donnerndes »Halt da!« in spanischer Sprache gellte ihnen entgegen, und im nächsten Moment waren sie von einem Schwarm von Soldaten umgeben.

      »Keine Furcht, Señor,« rief Wohanna rasch; »es sind Kaiserliche!«

      Ein dicker Wachtmeister faßte mit drohender Gebärde dem Rappen in die Zügel.

      25 »Absteigen!« befahl er.

      Das war aber nicht der Ton, den Fritz liebte.

      »Ich denke nicht daran, dicker Caballero,« antwortete er. »Wir sind Reisende und haben keine Zeit, Ihnen Rede zu stehen.«

      »Absteigen!« kommandierte der Wachtmeister abermals, und ein Hagel spanischer Flüche folgte. »Kreuzmillionendonnerwetter, die Ausrede von den friedlichen Reisenden kennt man! Jeder Spion braucht sie. Wenn ihr untersucht worden seid, könnt ihr euch weiter trollen – notabene, wenn ihr nicht baumelt!«

      Fritz überlegte kurz. Widerstand wäre nutzlos gewesen – man mußte sich fügen. So winkte er denn Wohanna und sprang selbst vom Pferde. 26

      Drittes Kapitel.

      Im Lager der Kaiserlichen.

       Am Rio Blanco. – Die Lebensgeschichte Fritz Bergers. – Señor Diego stellt sich vor.

      Das Thal des Rio Blanco, in dem die Kaiserlichen lagerten, war ziemlich breit. Der Fluß strömte über Sandsteinklippen und verlor sich sodann in einem schmalen Felsenpaß. Die Hänge stiegen terrassenförmig an, mit dichtem Gebüsch besetzt; nach Nordwesten zu erhob, sich tiefschwarz vom Abendhimmel abzeichnend, die Sierra Mesika ihren umbuschten Kamm.

      Das Lager bestand aus einem Regiment Cazadores a Caballo, Jägern zu Pferde, und einem Bataillon Infanterie von dem fast nur aus deutschen Freiwilligen sich zusammensetzenden Regimente Hammerstein. Die Truppe hatte den Abzug der Garnison von Medellin, die sich gegen die Übermacht des Feindes nicht mehr zu halten vermochte, schützen sollen, war jedoch von Juaristischen Guerillaschwärmen aufgehalten worden und befand sich nunmehr auf dem Rückmarsche nach Puebla.

      27 Die Wachtfeuer loderten. Die von den anstrengenden Märschen der letzten Tage ermüdeten Soldaten hatten sich bereits teilweise, in Mäntel oder Woylachs gehüllt, auf die Erde gestreckt, andre saßen plaudernd am Feuer, über dem die Kessel hingen, oder brieten sich ein unterwegs erlegtes Wildhuhn. Man hatte aus Vorsicht ziemlich starke Postenketten ausgestellt, obschon kaum zu fürchten war, daß man in diesem entlegenen Teile der Sierra von Gegnern überrascht werden würde.

      Zwischen einigen riesenhaften Lärchenbäumen war das Zelt des Kommandierenden aufgeschlagen worden. Auch er war ein Deutscher; schon der Name – Oberst von Leuthen – besagte es. Neben ihm, einer hohen, schlanken Gestalt mit vornehmen, etwas abgespannten Gesichtszügen, saßen auf Feldstühlen zwei seiner Offiziere, der Rittmeister Alonzo Cuerna und der Lieutenant Graf Hodegg. Als Tisch diente ein dicker Baumstumpf, auf den ein Brett genagelt worden war, und auf diesem stand eine leere Flasche, in deren Halse ein brennendes Licht steckte.

      Noch eine vierte Persönlichkeit befand sich in dem Zelte, ein Mann, dem man seine südländische Abstammung ohne weiteres ansah. Er saß den Offizieren gegenüber auf einem riesigen gebleichten Ochsenschädel; seine Gestalt war hager, aber sehnig und kraftvoll, das Gesicht gebräunt, mit stark hervortretenden Backenknochen, schwarzen Augen von tückischem Ausdruck und buschigen Brauen darüber. Ein kleiner, dunkler Schnurrbart beschattete die Oberlippe, die ein wenig kurz war, so daß man ständig die schneeweißen Zähne des vielleicht dreiundzwanzigjährigen Mannes sah.

      »Ich habe Ihren Namen vergessen, Señor,« sagte der Oberst von Leuthen; »er thut ja allerdings nichts zur Sache, aber Sie werden begreifen, daß ich bei der Wichtigkeit Ihrer Mitteilungen wenigstens einigermaßen informiert sein muß. Es ist selbstverständlich, daß Sie auf unsre Verschwiegenheit rechnen dürfen.«

      »Ich verlange dies nur in bedingtem Maße, Herr Oberst,« erwiderte der Angeredete, »nämlich bis zu dem Augenblick, da 28 mir der Zutritt in die Hacienda Panisca ermöglicht worden ist. Mein Name ist Fuerto – Diego Fuerto y Carabuenos.«

      Herr von Leuthen neigte leicht den bereits ergrauten Kopf, während Graf Hodegg, sein Adjutant, den Namen des Mexikaners in sein Notizbuch eintrug.

      »Und nun wiederholen Sie mir,« nahm der Oberst von neuem das Wort, »wenn ich bitten darf, nochmals Ihre Vorschläge, mein Herr!«

      »Es ist rasch geschehen, Señor. Das juaristische Heer sammelt sich unter den Generalen Escobedo und Riva Palacio nördlich von Queretaro oder, besser gesagt, zwischen Queretaro und Zacatecas, um von dort aus einen gewaltigen Vorstoß gegen die Hauptstadt zu versuchen. Juarez selbst wird mit den hervorragendsten seiner Offiziere in der Hacienda Panisca Quartier nehmen. Ich bin nun bereit, die kaiserliche Armee auf Wegen, die nur mir allein bekannt sind, so nach Panisca zu führen, daß eine Überrumpelung des Gegners und die Gefangennahme des Juarez mit seinen Generalen ohne jedwede Schwierigkeit bewerkstelligt werden kann. Das ist alles.«

      »Wo liegt die Hacienda Panisca?«

      »Auf den nördlichen Ausläufern der Sierra Gorda, Señor, und zwar so geschützt, daß sie einer fast uneinnehmbaren Festung gleicht.«

      »Und wem gehört sie?«

      »Dem Don Hallstädt.«

      »Das ist ein deutsch klingender Name.«

      »Señor Hallstädt, mein Oheim, ist Deutscher – Rheinländer von Geburt, aber schon seit vierzig Jahren und darüber in Mexiko ansässig.«

      »Gehört er zur kaiserlichen Partei?«

      Señor Fuerto zog die Schultern hoch.

      »Er hält sich geflissentlich vom politischen Leben fern, seitdem Mexiko eine Monarchie geworden ist, ist aber ein persönlicher Freund des Juarez und hat vor sieben Jahren seinen 29 ganzen Einfluß und seine reichen Mittel aufgeboten, um ihm zur Präsidentschaft zu verhelfen.«

      Der