Kishou IV. Michael Kornas-Danisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Kornas-Danisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754909676
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      „Du sprachst von einem See!“, wandte er ein.

      „Galatari!“, drängte sie auf ihn ein. „Der Name kommt noch aus der alten Sprache des Großen Belfelland: ‚Gala’ heißt soviel wie: ‚Lebensacker’ – oder ‚Acker des Lebens’. So hat man damals das Wasser genannt. Und ‚tari’ kommt von ‚tar’: ‚hoch’, und meint hier ‚das Höchste’ – eben ‚tari’! ‚Galatari’! ... heißt also soviel wie ‚Wasser des – oder eben der Höchsten'. Also Trautel Melanchful. Verstehst du, was ich meine?“

      „Aber es ist doch …“

      „Es muss eben einmal ein See gewesen sein!“, kam Kishou seinen Einwand erahnend zuvor. „Das Wasser des Sees ist abgesunken. Übrig ist ein grünes Tal, weil es da unten noch feucht genug ist. Nur oben an seinem Ufer ist alles schon ausgetrocknet – verstehst du was ich meine – Ich hab meine Freunde leider nie nach dem Namen des Ortes gefragt, wo das Schloss vom Trautel Melanchful liegt, aber das muss es sein!“

      Niemand sollte mehr verstehen von Ursache und Wirkung, als ein Bewohner des Vierten Droms des Belfellands, und so gab es auch für Undolf keine Möglichkeit, den Argumenten Kishous nicht zu folgen. „Ich habe es schon mehrmals gesehen!“, überlegte er noch immer. „Das letzte Mal ist schon längere Zeit her – eine Fuhrwerksstraße führt über den versteppten Gürtel um das Gebiet herum. Wenn man sich anstrengt kann man den Hügel mit dem Gebäude darauf sehen – aber es ist sehr weit entfernt und nicht wirklich viel zu erkennen!“

      „Ich muss es unbedingt sehen!“, träumte Kishou leise vor sich hin. Der Geruch ihres alten Gartens lag in ihrer Nase – und der Talklichter neben ihrem Bett, in dem sie sich liegen sah. Und sie hörte die Stimme Trautel Melanchfuls, wie sie vom Großen Belfelland erzählte und von ihrem hell erleuchteten, weißen Schloss inmitten eines großen Sees. Des Nachts konnte man es sehen, wenn man an seinem Ufer stand …

      „Bleib ganz ruhig, und verhalte dich so, als hättest du es schon tausendmal erlebt. Es ist alles in Ordnung – gib mir deinen Existenznachweis!“, raunte Undolf neben ihr. Sie durchquerten gerade ein ausladendes Feld, das in seinem leichten Grün auf das hervorbrechen erster Sprossen hindeutete.

      „Was?“, schreckte Kishou aus ihrer Träumerei auf. Eine Erklärung war aber unnötig. Im nächsten Moment hörte auch sie das leise Surren direkt hinter ihnen, und Augenblicke später schon tauchte einer dieser Teller in ihr Gesichtsfeld auf. Er schwebte einen Moment lang in niedriger Höhe ein Stück weit vor ihnen und setzte dann mitten auf dem Weg zur Landung an. Undolf stoppte den Wagen. Kishou kramte angestrengt ruhig in ihrer Tasche und übergab dem Breenen das geforderte Papier.

      „Warte hier!“, raunte er und sprang vom Kutschbock.;

      Wie Kishou zu erkennen meinte, hatte sich ein breiter, schmaler Schlitz an der Seite des Tellers geöffnet. Der Brenne glättete die Papiere und schob das Erste in diesen Schlitz hinein, aus dem es Augenblicke später wieder herauskam. Das gleiche folgte nun mit dem zweiten Papier. Dann schloss sich der Schlitz wieder. Das Gerät hob vom Boden ab – und schwebte surrend vor ihnen in den Himmel aufsteigend davon.

      „Was war?“, fragte Kishou noch immer mit Herzklopfen, als der Breene wieder aufgestiegen war.

      „Alles in Ordnung!“, beruhigte er sie. „Routinekontrolle! Das wird noch öfter geschehen. Die Teller sind keine Gefahr, solange die Papiere stimmen. Sie sind dumm und Überwachen nur – und wir haben ja schließlich nichts zu verbergen!“, lächelte er, während er das Zugtier wieder auf Trab brachte.

      „Es sind zwar Besondere Apparate, aber ich frage mich trotzdem schon lange, wie die eigentlich fliegen können – die haben doch nirgends Flügel?“

      „Das gehört zu den nicht zugelassenen Fragen nach der alten VOIB1/3-1a-k!“, wurde sie von dem Breenen aufgeklärt.

      „Ich Frage aber trotzdem!“, sagte Kishou bestimmt. „Aber wenn man’s hier nicht fragen darf, weiß es wohl auch keiner!“

      Der Blick des Breenen wandte sich zu ihr, und er schaute sie zweifelnd an. „Du bist noch kein ordentliches Mitglied der ONO, insofern gilt für dich die entsprechende Verordnung – andererseits gehörst du ja schon auf Grund deiner Mission zu uns. … eine komplizierte Situation!“, grübelte er.

      „Häh ...?“, glaubte Kishou nicht richtig zu verstehen. „Du meinst, man kann nur bestimmte Fragen stellen, wenn man Mitglied in eurer ONO ist?“

      „Selbstverständlich!“, reagierte der Breene nun seinerseits verwundert über die Frage. „Wie sollte jeder Fragen können und Wissen wollen, was ihm gerade einfiele? Das wäre der Beginn des totalen Chaos!“

      „Aber in der ONO darf man doch genau das, wenn ich richtig verstanden habe – also alle Fragen stellen die sonst verboten sind?!

      „Ja natürlich! Hier sind sie doch der ordentliche Widerspruch gegenüber der Ordnung! Hier sind sie doch ordentlich getrennt von der Ordnung, und damit geregelt. Und wo eine Regel ist, da ist auch Ordnung!“, schloss er mit Bestimmtheit.

      „Ich werd’ darüber schlafen!“, seufzte Kishou. Die Geheimnisse dieses Droms schienen ihr in diesem Moment wohl besonders Geheimnisvoll.

      „Aber um in Anbetracht deiner fraglosen zukünftigen Zugehörigkeit zur ONO noch einmal auf dein Frage zurück zu kommen …“,

      „Ja!“, horchte Kishou auf. Sie dachte eigentlich, dass das Thema erledigt wäre, weil niemand etwas darüber weiß.

      „Wie es genau funktioniert, wissen wir noch nicht!“, erläuterte er nun. „Aber sie werden gesteuert von einer besonderen Gruppe der Gleim – bei den Gaunen nennt man sie ‚Seher’. Sie sollen sich irgendwo in einem riesigen unterirdischen Raum unterhalb der zentralen Meldestelle in Katum befinden – zumindest gibt es dafür einige Indizien. Gesichert ist das aber noch nicht!“

      „Und wie machen die das?“

      „Wie ich schon sagte – wir wissen noch nichts genaueres darüber. Sicher scheint, dass zu jedem Teller ein Gleim gehört. Er sieht alles, was der Teller sieht, und der Teller gehorcht seinem Willen!“

      „Klingt alles ziemlich gruselig!“, bemerkte Kishou. „Und was kann man gegen die machen – also die Teller mein’ ich?“

      „Weglaufen – solange man noch eine Möglichkeit dazu hat!“, zuckte Undolf mit den Schultern. „Zumindest, wenn man auf ihrer Liquidationsliste steht. Ansonsten sind sie nur lästig.

      „Viel ist das nicht!“, seufzte Kishou.

      „Eine Expertengruppe arbeitet daran, eine Gegenwehr zu finden!“

      „Du wolltest mir noch sagen, wie man einen Gleim erkennt!“, erinnerte sich Kishou.

      „Es ist eine einfache, aber leider auch nicht sehr zuverlässige Methode!“, erklärte Undolf. „Die Waffe des Gleim ist auch noch nicht verstanden, aber sie zielen, indem sie mit ihrem Zeigefinger in die Richtung des Ziels zeigen. Zu diesem Zweck steckt ihr Zeigefinger in einer dem Lauf folgende Hülse. Wahrscheinlich ist sie nicht sehr tief, oder es gibt einen Rückstoß beim Schuss – auf jeden Fall haben die Gleim an ihrem Zeigefinger immer abgebrochene Fingernägel. Jedenfalls sind sie immer sehr kurz.

      „Gewusst wie!“, staunte Kishou.

      „Aber es ist eben nur ein Indiz – nichts wirklich Sicheres. Schließlich kann jedem mal der Fingernagel abbrechen!“

      „Ah …!“, meinte Kishou nun zu verstehen. „Deshalb wolltest du auch zuerst meine Hände sehen, als wir uns trafen!“

      „Natürlich!“, bestätigte Undolf. „Hier – die Herberge solltest du dir merken!“ Er wies auf ein zweistöckiges Gebäude, das die Grenze einer kleinen Ortschaft markierte, die sie gerade erreichten. ‚H623-7’ war in großen Lettern auf der Hauswand zu lesen, und es standen einige Fuhrwerke davor. „Sehr ordentliche Herberge und sehr gutes Essen!“, bemerkte der Breene. „Sie ist kaum bekannt,