Kishou IV. Michael Kornas-Danisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Kornas-Danisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754909676
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das ist doch eigentlich vollkommen verrückt!“, erregte sich Kishou fast. „Die wissen ja alles über euch. Ihr könnt ja keinen Schritt tun, ohne das die das nicht irgendwo vermerken …!“

      „Sicherheit und Ordnung braucht Kontrolle!“, widersprach ihr der Breene. „Jede Abweichung von der Ordnung kann sich vervielfältigen und ist ein gefährliches Spiel mit dem Chaos. Die Sterbende Welt ist das beste Beispiel dafür. Du solltest es wissen!“

      „Aber das stimmt doch nicht – das solltest du doch nun langsam verstanden haben, nachdem du Bücher darüber gelesen hast, und nun auch noch mich getroffen hast!“

      „Es folgte ein Moment des Schweigens vom Kutschbock her … „Irgendwie muss es trotzdem damit zusammenhängen!“, meinte er endlich. „Die Chemuren haben sich nicht an die Ordnung Suäl Graals gehalten, wenn ich mich recht erinnere!“, setzte er nach einem Moment des Nachdenkens hinzu. „Na bitte, da hätten wir es ja!“

      Kishou wusste darauf nichts zu antworten. Es schien ihr alles einfach nur absurd. „Aber in diesen Existenznachweis könnt ihr doch eigentlich reinschreiben, was ihr wollt! Wer will das alles überprüfen, was da drin steht?“, fiel ihr immerhin auf.

      „Im Archiv der Gaunen in der Meldestelle existiert ein Duplikat von jedem Existenznachweis!“, widersprach Undolf. „Aber mach dir keine Sorgen. Wir haben Brüder in den Reihen der Gaunen. Ein Duplikat deines Existenznachweises ist in Kürze im Archiv platziert.

      „Wow!“, staunte Kishou in ehrlicher Bewunderung. „Dann scheint aber eure Ordnung doch nicht so ganz reibungslos zu funktionieren – oder?“, konnte sie sich die kleine Provokation nicht verkneifen.

      „Nein!“, reagierte der Breene nüchtern. „Die Organisation hat natürlich auch klare Strukturen! Wir erzeugen allerdings unmerklich eine Unordnung innerhalb der bestehenden Ordnung. Wenn wir eines Tages die alte Ordnung überwunden, und eine neue eingeführt haben, wird sich das natürlich ändern. Wir kennen ja die Schwachstellen!“, lächelte er.

      Kishou verkniff sich eine Antwort darauf, und widmete sich wieder ihrem Existenznachweis. Es gab eine Menge, was sie sich in kürzester Zeit einprägen musste. Es war schon schwierig genug, bei der Ungewissheit der Lage ihrer Freunde, den Kopf dafür frei zu bekommen. Den kristallenen Wegweiser hatte sie Undolf überlassen. Er kannte sich gut aus in der Umgebung von Trital, und wusste die richtigen Wege zu wählen, um den Kurs halten zu können.

      Der Wagen hielt plötzlich. „Wir müssen nahe am Ziel sein!“, meinte er und schaute zu seiner Rechten in den Wald. „Dein Richtungsgeber zeigt in dieses Gebiet hier hinein, und es gibt hier keinen weiteren Weg mehr, der uns näher heranbringen könnte!“

      „Das heißt, wir müssen zu Fuß weiter!“, erriet Kishou.

      „Ja!“, sagte er nur, und lenkte das Pferd in das Unterholz hinein. „Wir werden den Wagen hier verstecken!“

      Das Tier schnaubte unwillig, während es die wankende Pritsche unter Mühen über den unebenen Waldboden in das Dickicht hinein zog. Kurz darauf sank eines der Räder so tief in den Boden ein, dass es sich weigerte, weitere Anstrengungen auf sich zu nehmen.

      „Es sollte reichen!“, meinte Undolf und sprang ab. Er nahm ein Schild mit einer darauf eingezeichneten Zahlenreihe und Symbolen aus seiner Halterung am Ende des Wagens, und schob es ein Stück weiter unter einen Farn in die Erde. „Sicherheitshalber!“, meinte er nur. Kishou nahm ihren Bogen von der Pritsche und ließ das Tuch, in dem er eingeschlagen war, am Ort. Hier brauchte sie es nicht. Dann machten sie sich auf den Weg in die Richtung, die ihnen die kleine Scheibe wies.

      „In den Nachrichtenblättern lass ich heute morgen, dass gestern ein Gleim getötet wurde – ganz in der Nähe, wo ich dich aufgegriffen habe. Ein Pfeil! – mitten zwischen die Augen!“ Er wies mit seinem Finger auf seine Nasenwurzel und schaute Kishou dabei lauernd an.

      „Er ließ mir keine andere Möglichkeit. Es ging alles sehr schnell!“, entschuldigte sich Kishou.

      Undolf nickte nur, während er aufmerksam die Gegend in der Laufrichtung musterte. „Wie werden die Chemuren auf mich reagieren?“, fragte er nun offenbar etwas angespannt. „Welche Regeln muss ich beachten!“

      „Nichts dergleichen – alles kein Problem!“, beruhigte ihn Kishou. „Die kennen ja das Drom und euch noch von früher. Sie wissen nur eben nicht, was heute so läuft bei euch. Suäl Graal wird allerdings auch schon wissen, das wir inzwischen hier angekommen sind!“

      Der Breene schüttelte nur verständnislos den Kopf. Eine Suäl Graal existierte in seinem Land nicht. Wer und wo sollte sie sein? Aber ganz sicher war er sich nun auch nicht mehr – immerhin durfte es diese Chemuren ja auch nicht wirklich geben … „Und die Chemuren …“, setzte er noch einmal an. Er schien langsam nervös zu werden. „Es heißt, sie wären mächtige Herrscher ganzer Drome … Und sie hören auf dich?“

      „ja klar!“, wunderte sich Kishou über die Frage. „Ich ja auch auf sie. Es sind meine besten Freunde! Sie reden ’n bisschen komisch – also ich meine irgendwie anders. Aber daran gewöhnt man sich!“

      „Ich habe gelesen, dass …“

      „Der Lichtpunkt …!“, wurde er von Kishou unterbrochen.

      „Ja?...“, reagierte der Breene gespannt.

      „Er wandert zur Mitte!“

      „Zur Mitte?“

      „Ja!“, wunderte sich Kishou. Sie blieb stehen und sah sich um. Aber sie sind nicht hier!?“

      Undolf drehte sich um sich selbst und suchte gebannt die nähere Umgebung ab, soweit es die wuchernde Natur zuließ …

      Ein harter Schlag auf den Boden hinter Kishou ließ sie herumwirbeln. Ein Pfeil lag im selben Augenblick weit gespannt in seiner Sehne und richtete sich auf das Ziel …

      „Boorh!“, rief sie in tiefer Erleichterung.

      „Boorh entscheidet: Boorh sollte vorsichtiger sein. Ihr seid ein Dompteur!“, grinste der bis über beide Ohren.

      Kishou ließ Pfeil und Bogen fallen und sprang ihm freudig in die Arme. „Wo sind die anderen?“, fragte sie, und schaute zwischen seinen großen Pranken hängend ahnend über sich. Sie sah aber nur Lui auf einem Ast hockend, auf sie herab blicken. In diesem Moment landete Mo mit einem leichten Aufleuchten neben ihnen. Es folgten Habadam und Madame KA – die allerdings geschickt am Stamm des Baumes herunterstieg, in dessen dichter Krone sie versteckt waren.

      „Boorh, ich komme!“, war endlich eine etwas quäkige Stimme zu vernehmen. Gleich darauf schlug das Untere Squatsch unsanft in den Waldboden ein. „Das hat er mit Absicht gemacht! Das hat er absichtlich gemacht!“, schimpfte er während er sich aufrappelte und den Schmutz von seinem Sakko klopfte. „Dieser gehörlose Ohrenträger hat mich einfach fallen lassen, … hat mich einfach fallen lassen, obwohl ich laut und deutlich vom Allsein verdrängt hatte, das …“

      „Du hättest sehen müssen, dass er gerade keine Hand frei hatte, die deinem Verhalten dienen konnte!“, grinste Habadam verschmitzt, während Boorh Kishou wieder vor sich abstellte.

      Undolf war einige Schritte zurückgewichen und beobachtete das Geschehen mit großen erschrockenen Augen. Er machte den Eindruck eines gehetzten Tieres …

      „Es gibt unheimlich viel zu erzählen!“, eröffnete Kishou, und wandte sich zu dem verstörten Breenen. „Das ist Undolf. Er hat mich gerettet, als ein paar von den Gleim hinter mir her waren!“

      ~

      Undolf bei den Chemuren

      K

      ishou berichtete ausführlich über den Verlauf ihres Ausfluges nach Trital, und erfuhr andererseits von ihren Gefährten, das diese rechtzeitig die Gefahr erkannten, als sich die Horde der Gleichen näherte. Sie zogen sich daraufhin zurück.