Kishou IV. Michael Kornas-Danisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Kornas-Danisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754909676
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gelesen – bist du eine Abgefallene?“ Eine Hand begann in ihrer linken Tasche zu wühlen.

      „Nein!“, antwortete Kishou auf’s Geradewohl hinaus.

      Der Breene zog eine Teigtasche aus ihrem Mantel hervor, und ließ sie fallen. „Wo ist dein Existenznachweis?“

      „Hast du ihn nicht gerade aus der Tasche genommen?“, reagierte sie scheinheilig.

      Die Hand fuhr erneut in ihren Mantel, wühlte eine Weile darin herum, zog zwei kleine Früchte daraus hervor, und ließ sie fallen. „Da ist er nicht. Zeig ihn mir – aber ganz langsam!“

      „Er muss da sein!“, log Kishou. „Oder ich hab’ ihn gerade verloren.

      „Wo kommst du her?“, fragte die Stimme weiter. Sein Atem wurde ruhiger.

      „Aus Machnok!“, log sie erneut.

      „Saathelferin?“

      „Ja!“

      „Und wieso jagen sie dich?“

      „Ich hab’ eine Weile auf einer Bank gesessen und vergessen, das Formular auszufüllen!“, erklärte sie wahrheitsgemäß.

      „Du lügst!“, war die schroffe Reaktion, begleitet von einer bedrohlichen Bewegung des spitzen Gegenstandes an ihrer Kehle. Das ist eine VOPb 28-13/3715-7! Dafür wird man nicht liquidiert!

      „Er wollte mich mitnehmen – da bin ich weggelaufen!“, versuchte Kishou mehr oder weniger geschickt, zu erklären.

      Es folgte wieder einen Moment der Stille … „Wieso läufst du wegen so einer Sache weg?“

      Immerhin schien der Umstand der Flucht schwerwiegender zu sein, und sie damit etwas zu entlasten. „Ich weiß auch nicht …“, suchte sie nach einer weiteren Erklärung. „Es war irgendwie ganz spontan …“

      „Spontan?“. Fragte die Stimme ungläubig und hörbar verdutzt.

      „Ja!, ich bin einfach weggerannt!“

      Wieder trat ein Moment der Stille ein. Der Spitze Gegenstand löste sich plötzlich von ihrem Hals, und seine Hände drehten sie herum. Sie sah im dämmrigen Licht in das kantige Gesicht eines Breenen, der sie lange musterte. Er war nicht alt aber auch nicht jung. Hinter einer hohen Stirn waren die schwarzen Haare mit einigen erkennbaren grauen Strähnen streng zurückgekämmt. Seine zusammengekniffenen Augen wirkten Kühl in ihrem hellen Grau. „Mit dir stimmt irgend etwas nicht!“, meinte er plötzlich. „Ich weiß noch nicht, was es ist, aber irgend etwas ist nicht in Ordnung mit dir!“

      „Wieso?“, wunderte sich Kishou ehrlich.

      „In deinem Gesicht ist etwas, das hier nicht hergehört!“, meinte der. „Aber du bist auch nicht freigegeben – das wüsste ich!“, setzte er, in ihrem Gesicht forschend, hinzu.

      „Was meinst du damit?“, fragte Kishou ehrlich verwundert. Spätestens jetzt war wohl endlich unzweifelhaft, das die Breenen auf ihren Anblick keineswegs so reagierten, wie sie es gewohnt war – und zum ersten Mal bedauerte sie es wohl.

      „Und der Bogen …!“, kannst du damit umgehen?“ Kishou meinte in diesem Moment doch so etwas wie aufkommende Unsicherheit bei dem Breenen zu spüren. Allerdings nicht wegen ihr, sondern offenbar wegen des Bogens.

      „Ein bisschen!“, log sie.

      „Was ist das für ein Symbol da drauf?“ Er wies auf das Zeichen des Dao Khan auf seinem Holz. „Es kommt mir irgendwie bekannt vor!“ Er machte anstalten, den Bogen an sich zu nehmen, aber Kishou zog ihn sofort zurück.

      „Der Bogen gehört mir!“, reagierte sie ungewöhnlich scharf. „Woher kennst du das Zeichen?“

      Für einen Moment schien der Breene irritiert, ob der scharfen Reaktion Kishous, und hob drohend das spitze Eisen, das sich nun als ein Messer offenbarte. „Ich weiß nicht … – das geht dich nichts an!“, wehrte er aggressiv ab.

      Langsam fand Kishou ihre Gedanken wieder. Der Breene war auf keinen Fall ein Gleim, und auch sonst kein normaler Breene. Und die Umstände ihrer Gefangennahme und dieses Ortes sprachen auch nicht gerade für das, was sie bisher von den Breenen erfahren hatte. „Und wer bist Du?“, fragte sie, ermutigt durch solcherlei Gedanken, gerade heraus.

      „Das geht dich nichts an!“, war dessen sofortige Reaktion. „Absolut nichts!“, setzte er noch einmal bekräftigend nach.

      „Es sieht so aus, als ob du mich gerettet hättest!“, stellte Kishou nun fest. „Wieso hast du das gemacht?“

      „Vielleicht habe ich dich ja garnicht gerettet, sondern dich nur gefangen, um dich auszuliefern – vielleicht bin ich ja ein Gleim!“.

      „Dann würdest du nicht so komische Fragen stellen!“, konterte Kishou. „Du musst selber aufpassen, das sie dich nicht kriegen!“, wendete sie ahnend das Blatt.

      Wieder folgte ein Moment der Stille, in der sie von scharfen Augen gemustert wurde. „Ich weiß jetzt, wo ich das Zeichen gesehen habe!“, sagte er plötzlich.

      „Echt?“, horchte Kishou auf. „Wo!?“

      „In einem alten Krypt!“, antwortete er zögernd.

      „In einem Krypt!“, fiel es aus Kishou heraus und ihre Augen öffneten sich weit.

      „Ja …!“, zögerte der Breene noch immer, als würde er versehentlich ein Geheimnis preisgegeben haben. „So nannte man vor langer Zeit kleine Bücher, in denen man in der sterbenden Welt Aufzeichnungen machte. Ich habe es in einem Buch gesehen, das sich mit den alten Krypten beschäftigt – dieses Symbol war da irgendwo abgebildet!“ Offenbar meinte er Kishou erklären zu müssen, was ein Krypt ist.

      „Es ist das Zeichen des Dao Khan!“, sagte Kishou.

      „Stimmt! … ich erinnere mich an den Namen!“, staunte der Breene. „Der stand da auch in dem Buch – in mehreren sogar …!“ Nun bekam er große Augen, und er schaute ungläubig auf Kishou. „Woher weißt du davon? Kennst du die Bücher?“

      Kishou empfand fast so etwas wie Triumph in sich aufsteigen. Wer immer der Breene war – ein Feind konnte es nicht sein. „Der Bogen hier …“ Sie erhob ihn und schaute den Breenen geradewegs in die Augen. „Das ist der Bogen des Dao Khan!“

      Der Breene schaute auf den Bogen und dann auf Kishou, als wollte er gerade seinen Verstand verlieren … „Wer bist du!“, fragte er endlich. „Wer bist du wirklich?“

      „Ich bin Kishou und ein Dompteur wie Dao Khan einer war!“, erklärte sie sich nun unumwunden. Ich komme von da, was ihr die Sterbende Welt nennt. Dao Khan, der mir half, die sterbenden Welten zu überwinden, gab mir seinen Bogen!“

      Diese Worte hatten wohl die Wirkung eines schweren Faustschlages mitten ins Gesicht. Der Breene erhob sich, das Messer fiel achtlos zu Boden, er wankte einige Male hin und her, und fuhr sich mit den Händen immer wieder über das Gesicht, bis er sich endlich wieder Kishou zuwandte.

      „Das ist nicht möglich! Das ist unmöglich …!“, stammelte er endlich. „Aber du weißt zu viel von dem, was in den verbotenen Büchern steht, als dass … Aber die Nachrichten …“, schüttelte er hilflos mit dem Kopf. „Die Nachrichten warnen schon seit langem vor möglichen Eindringlingen aus der sterbenden Welt … Es heißt, es soll seit einigen Tagen geschehen sein. Es sollen einige von ihnen gesichtet worden sein. Es sollen Riesen sein, ohne jede Regel und zerstörerische Barbaren …!“, wieder schaute er ungläubig auf Kishou.

      Die lachte Erleichtert über die sich nun entwickelnde neue Situation laut auf. „Die meinen Boorh, Mo und Habadam! Aber so groß sind die nun wieder auch nich’ – so etwa das doppelte von mir – na gut, noch’n bisschen mehr. Aber das Untere Squatsch ist noch kleiner als ich, und Madame KA nicht mal das doppelte von mir!“

      Dem Breenen erschien es wohl alles wie ein Traum, aus dem er nicht erwachen