Parzival. Wolfram Von Eschenbach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolfram Von Eschenbach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175200
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königliche Kraft

      Soll nach ritterlichen Ehren

      Mich Schildespflichten lehren.«

      15Das war ihr neuen Leids Beginn.

      Die Königin sann her und hin,

      Wie sie eine List erdächte

      Und ihn von solchem Willen brächte.

      Der einfältge Knappe werth

      20Bat die Mutter um ein Pferd.

      Das begann sie heimlich zu beklagen.

      Sie gedacht: »Ich will ihm nichts versagen;

      Aber grundschlecht muß es sein.

      Es giebt noch Leute,« fiel ihr ein,

      25»Die gar lose Spötter sind.

      Thorenkleider soll mein Kind

      An seinem lichten Leibe tragen:

      Wird er gerauft und geschlagen,

      So kehrt er wohl in kurzer Frist.«

      O weh der jammervollen List!

      [127]Sie wählt' ein grobes Sacktuch aus

      Und schuf ihm Hemd und Hosen draus,

      Aus Einem Stück geschnitten

      Zu des blanken Beines Mitten;

      5Eine Kappe dran für Haupt und Ohren:

      So trugen damals sich die Thoren.

      Zwei Ribbalein statt Strümpfen auch

      Aus Kalbshäuten frisch und rauch

      Maß man seinen Beinen an.

      10Da weinten Alle, die es sahn.

      Die Königin mit Wohlbedacht

      Bat ihn zu bleiben noch die Nacht:

      »Du darfst dich nicht von hinnen heben,

      Ich muß dir erst noch Lehren geben:

      15Du sollst auf ungebahnten Straßen

      Dich nicht auf dunkle Furt verlaßen;

      Ist sie aber seicht und klar,

      So hat der Durchritt nicht Gefahr.

      Du sollst auch Sitte pflegen,

      20Jeden grüßen auf den Wegen.

      Will dich ein grauweiser Mann

      Zucht lehren, wie ein Solcher kann,

      So folg ihm gerne mit der That

      Und zürn ihm nicht, das ist mein Rath.

      25Eins laß dir, Sohn, befohlen sein:

      Wo du guter Frauen Ringelein

      Erwerben mögest und ihr Grüßen,

      Da nimms: es kann dir Leid versüßen.

      Magst du ihren Kuss erlangen

      Und herzend ihren Leib umfangen,

      [128]Das giebt dir Glück und hohen Muth,

      Wenn sie keusch ist und gut.

      »Deinen Fürsten, wiße, Sohn mein,

      Hat der stolze kühne Lähelein

      5Zwei Länder abgefochten,

      Die dir sonst nun zinsen mochten:

      Waleis und Norgals.

      Deiner Fürsten Einer, Turkentals,

      Den Tod von seiner Hand empfing:

      10All dein Volk er schlug und fing.«

      »Das räch ich Mutter, will es Gott,

      Ihn verwundet noch mein Gabilot.«

      Da Morgens schien des Tages Licht,

      Der stolze Knappe säumte nicht:

      15Artus ihm im Sinne lag.

      Sie küsst' ihn oft und lief ihm nach.

      Der gröste Jammer da geschah,

      Als sie den Sohn nicht länger sah.

      Der ritt hinweg: wen mag das freun?

      20Da fiel die Fraue Falsches rein

      Zur Erde, wo sie Jammer schnitt,

      Bis sie den Tod davon erlitt.

      Ihr getreulicher Tod

      Bewahrt sie vor der Hölle Noth.

      25O wohl ihr, daß sie Mutter ward!

      So fuhr die lohnergiebge Fahrt

      Diese Wurzel aller Güte,

      Aus der das Reis der Demuth blühte.

      Weh uns, daß uns nicht verblieb

      Ihre Sippe bis zum eilften Glied!

      [129]Drum muß man so viel Falschheit schaun.

      Doch sollten die getreuen Fraun

      Heil erwünschen diesem Knaben,

      Den sie hier sehen von ihr traben.

      5Da fuhr der Knappe wohlgethan

      In den Wald von Briziljan.

      Er kam an einen Bach geritten,

      Den ein Hahn hätt überschritten.

      Da stunden Blumen hell und klar;

      10Doch weil sein Fluß so dunkel war,

      Fiel seiner Mutter Rath ihm bei:

      Er ritt tagüber dran vorbei,

      Wie es ihm denn im Haupt nicht sonnte.

      Die Nacht verbracht er wie er konnte;

      15Doch als der lichte Tag erschien,

      Hub er zu einer Furt sich hin,

      Die lauter war und wohlgethan.

      Auf jener Seite war der Plan

      Mit herlichem Gezelt geschmückt;

      20Viel Reichtum ward daran erblickt.

      Das Zelt war hoch und weit dabei,

      Der Samt von Farben dreierlei;

      Auf den Näten lagen Borten gut.

      Von Leder hing dabei ein Hut,

      25Den man drüber ziehen sollte,

      Immer wenn es regnen wollte.

      Dük Orilus de Lalander,

      Des Weib darunter fand er

      Wonniglich ruhen, wie es schien,

      Eine reiche Herzogin,

      [130]Ihres Ritters liebstes Pfand;

      Jeschute war sie genannt.

      Entschlafen ward die Fürstin werth.

      Sie trug der Minne schärfstes Schwert:

      5Einen Mund durchleuchtig roth,

      Verliebten Ritters Herzensnoth.

      Während die Schöne schlief,

      Der Mund ihr von einander lief:

      Das schuf der Minne Glut und Feuer.

      10So lag das schönste Abenteuer.

      Schneeweiß, wie von Elfenbein,

      Zusammen dicht gefügt und klein,

      So standen ihr die lichten Zähne.

      Mich gewöhnt man nicht, ich wähne,

      15An so hochgelobten Mund;

      Solch