Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: S. G. Felix
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738095289
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hatte.

      »Kümmert euch um diese Viecher! Aber schießt nicht auf sie, sonst beschädigt ihr die Seile!«

      Koros war rasend vor Wut, weil er diesen Zug nicht vorhergesehen hatte.

      Die Brücke befand sich gerade in einem gefährlichen fünfundvierzig Grad Winkel. Wenn noch weitere Seile reißen würden, dann wäre die Konstruktion verloren.

      Eine Handvoll Gorgens, die der Feuersbrunst entkommen waren, eilte herbei und stürzte sich auf die Orlocks.

      Die Nager erwiesen sich dabei als äußerst hartnäckig. Sie ließen sich nicht ohne Weiteres vertreiben. Die Attacken der Gorgens beantworteten sie mit schmerzhaften Bissen.

      Das zweite Seil riss und die Borus, die daran hingen, stolperten schlagartig vornüber. Dabei begruben sie zwei der Bändiger unter sich, denen die Atemluft aus den Lungen gepresst wurde.

      »Beeilt euch! Vertreibt sie!«, kreischte Koros. Er machte Anstalten, an einem der Seile hochzuklettern, um sich persönlich der Störenfriede anzunehmen.

      Einen Herzschlag später verabschiedete sich das dritte Tau. Und dann sogleich das vierte.

      Die verbliebenen Borus, bei denen die Seile noch nicht angenagt waren, wurden unfreiwillig von der schweren Brücke nach hinten gezogen. Die Kräfteverhältnisse wurden umgekehrt: Nicht mehr die Borus kontrollierten die Neigung der Brücke, sondern die Brücke zog jetzt an den Borus. Kaum wahrnehmbar senkte sich das Konstrukt trotz Gegenhalten der übrigen Tiere. Die Lasttiere stemmten sich mit aller Macht gegen das Übergewicht. Ihre Hufe rammten sich in den sandigen Boden. Die Bändiger ließen die Peitschen im Sekundentakt knallen.

      Aber alles half nichts. Die Brücke war bereits zu tief abgesunken und ihr Gewicht war nicht mehr zu halten. Die letzten Meter senkte sie sich unaufhaltsam und immer schneller.

      Koros ergriff ein durchtrenntes Seil und zerrte wild daran, um das Unvermeidliche zu verhindern. Seine Scheu, sich in diesem Augenblick vor seine Untergebenen zu blamieren, war verpufft. Sein Plan war bis ins Detail durchdacht worden. Bis auf die Orlocks. Wahrlich eine Geheimwaffe.

      Die schwere Konstruktion prallte darauffolgend erdbebengleich mit dem anderen Ende auf das Klippengestein der Ahnenländer und löste dabei keilförmige Brocken vom Rand der Schlucht.

      Fast sämtliche Querverstrebungen der Konstruktion barsten gleichzeitig wie Streichhölzer und splitterten in alle Richtungen.

      Die Bodenpartie des Bauwerks, mit Hilfe derer Koros die gegenüberliegende Seite ruhmreich erobern wollte, knickte an drei Stellen zusammen. Der klägliche Rest der Brücke machte sich daran, den Flug in die Tiefe anzutreten.

      Siebzehn Borus wurden mitgerissen. Die anderen konnten von ihren Bändigern vom Zuggeschirr noch rechtzeitig befreit werden. Mit einem nachhallenden Rumoren und begleitet von den panischen Hilfeschreien der Lasttiere donnerten die Trümmer durch den Felsspalt.

      Der danach folgende Aufprall war die Einleitung für eine unerträgliche Totenstille, die sich über der Barriere ausbreitete.

      Für Jubelschreie auf der Ahnen-Seite über einen vorzeitigen Sieg über das Böse war es noch zu früh. Man hatte die zweite Brückenkonstruktion entdeckt, die auf ihren Einsatz wartete.

      Doch das würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, denn Koros musste Ersatz für die verloren gegangenen Borus finden.

      Und genau diese Verzögerung seines Feldzuges könnte für ihn zum Verhängnis werden.

      Als nämlich die Brückenteile an den Steilwänden vorbei in die Tiefe gerauscht waren, hatten sie auch mehrere Höhlen passiert, die im Fels dunkle Schatten bildeten. Hinter diesen Schatten verbarg sich etwas, das durch den Lärm geweckt wurde. Und darüber nicht sonderlich glücklich war. Feuerrote Reptilienaugen blitzen in der Dunkelheit der feuchten Grotten auf.

      Lois konnte ihr Erwachen fühlen. Es waren die Wächter. Ein Vermächtnis desjenigen, der diese große Felsspalte geschaffen hatte:

      Es waren die Wächter von Valheel.

      Ein Orakel hatte sich Antilius ganz anders vorgestellt. Möglicherweise war es ein steinerner Podest, auf dem ein altes Geschöpf saß und mystische, vage Prophezeiungen machte, dachte er. Aber nichts dergleichen bekam er zu sehen.

      Eine glatte dunkle Felswand von höchstens vier Metern Höhe ragte vor ihm auf. Mitten in einer grau-silbrigen Einöde von Grasland lag sie.

      Antilius glaubte, dass es sich um einen Fels gehandelt haben muss, der vor Urzeiten in zwei Teile gebrochen war. Er schaute sich um. Eine andere Hälfte gab es nicht.

      Die Wand sah aber nicht so aus, als ob sie aus normalem Gestein bestünde. Dieser Fels war dunkler und härter. Eine Ahnung von einem metallischen Glanz verbreitete er.

      Vielleicht war es kein Fels. Vielleicht stammte er nicht von hier.

      Ein Meteorit, schoss es ihm durch den Kopf.

      »Hier ist es. Ich werde mich entfernen. Zu mir wird es nicht sprechen. Es erwartet dich«, sagte Tahera und verließ Antilius und seinen Freund Gilbert.

      »Na dann, probiere dein Glück, Meister«, sagte Gilbert.

      »Was soll ich denn jetzt tun?«

      »Keine Ahnung. Sprich mit dem Orakel.«

      »Ich soll mit dem Stein sprechen?«

      Gilbert zuckte mit den Achseln. »Mach es einfach.«

      Antilius zögerte einen Moment und schritt dann bedächtig dicht an die Felswand heran. »Ich bin Antilius«, begann er. »Ich frage mich, ob du mir helfen kannst, Orakel.«

      Es gab keine Reaktion. Antilius untersuchte die Beschaffenheit der Oberfläche des Felsens mit seinen geschulten Augen. Dieses Ding gehörte nicht zu diesem Ort und nicht in diese Welt. Es war irgendwie anders.

      »Hörst du mich, Orakel?«, rief er. Er drehte der Felswand den Rücken zu, sah sich um und wartete. Der Weg hierher war lang und gefährlich gewesen. Wenn das Orakel jetzt nicht antworten würde, dann wäre alles umsonst gewesen.

      »Orakel! Sprich bitte zu mir!«

      Ein Stöhnen erschallte hinter ihm aus dem Felsen, und ehe er sich umblicken konnte, packte ihn etwas, das aus der Felswand hervorkam, am linken Handgelenk. Gleich darauf auch am rechten. Es waren Hände. Hände aus Stein. Und dann, fast zeitgleich, packten ihn weitere Hände aus dem Stein an seinen Fußknöcheln und zogen ihn zusammen mit den anderen Händen an die Felswand heran.

      Gilbert wollte seinem Meister zu Hilfe eilen.

      »Nein! Warte. Ich darf mich nicht dagegen wehren«, sagte Antilius und vertraute dabei wieder auf seinen Instinkt.

      Die Hände pressten Antilius nun vollends gegen die kalte, steinerne Wand. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Weitere Hände fuhren aus dem Fels und strichen ihm übers Gesicht, tasteten ihn ab und durchwühlten sein Haar. Er ließ alles über sich ergehen. Er wehrte sich nicht. Die kalten Hände zogen ihn ein Stück nach oben, sodass seine Füße keinen Bodenkontakt mehr hatten.

      Dann fühlte er ein Stechen in der Brust. Gleichmäßig nahm der Schmerz an Intensität zu. Er schaute an sich herab und sah mit Fassungslosigkeit, dass sein Brustkorb von innen zu leuchten begann. Das Stechen war kaum noch zu ertragen.

      Es war, als ob die Sonne ihn von innen verbrennen würde.

      »Aufhören!« Gilbert rannte zu seinem Meister, doch auf halbem Weg schlug ihn etwas Unsichtbares beiseite und ließ seine Sinne schwinden. Er fiel zu Boden.

      »Nein!«, schrie Antilius.

      Sein Brustkorb schien heller zu strahlen als jede Sonne in diesem Universum. Er war kurz davor, in Ohnmacht zu fallen.

      Dann bewegte sich der leuchtende Ball in ihm. Er wollte nach draußen. Ein paarmal noch zuckte die strahlende Kugel in seinem Brustkorb hin und