Telepathenaufstand. Sören Kalmarczyk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sören Kalmarczyk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754946770
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Gedächtnisprobleme hatte. Und sie rechnete es ihrem Schwiegersohn in spe hoch an, dass er scheinbar überhaupt kein Problem damit hatte, ihr manche Dinge immer und immer wieder zu erzählen, bis sie sie im Kopf hatte.

      „Aber ich habe ihm die Fotos von meinem Abschluss geschickt!“, meldete Josephine stolz.

      „Wann?“

      „Heute früh“, nuschelte sie.

      „Deine Abschlussfeier war vor drei Tagen!“, Gabriela rollte mit den Augen, „Und du hast das Studium nur dank ihm überhaupt geschafft!“

      „Deshalb habe ich ihm auch gesagt, dass WIR bestanden haben.“, flötete Josephine mit Engelsgesicht.

      Mariana beugte sich vor und hielt Ana Sofia die Rassel hin. „Hast du ihm gesagt, dass du sogar Jahrgangsbeste warst? Oder viel mehr, er?“

      „Das hat er von selbst gemerkt, als ich ihm sagte, dass ich eine Rede halten muss.“

      Ihre Mutter und ihre Cousine drehten gleichzeitig die Köpfe zu ihr: „Wie?“

      Josephine zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Er fragte, wann ich die Rede halte. Als ich ihm sagte, dass ich als letzte rede, sagte er, dass das bedeutet, ich bin die Jahrgangsbeste und wie stolz er auf mich ist.“

      Mariana schnaubte. Als sie ihr Studium abgeschlossen hatte, war sie die zweitbeste und sollte die Eröffnungsrede halten. Ihr Mann fragte nur, was das soll und ob das nicht jemand anderes machen könne, als sie ihm davon erzählte.

      „Wie fand er deine Rede?“, fragte Gabriele.

      „Er gab mir noch ein paar Tipps“

      „Er hat sie komplett umgeschrieben!“

      Josephine sagte leise: „Nicht die ganze.“

      Mariana knallte die Trinkflasche ihrer Tochter auf den Tisch und stürmte raus.

      „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, sagte Gabriela mit unverhohlenem Grinsen, als sie hinterherschaute. Sie mochte Mateo nicht. Er war nie da und hatte nicht die geringste Empathie für seine Frau. Und je mehr sie Josephine über Alexander reden ließ, umso deutlicher sah Mariana den Unterschied.

      Alexander schaute noch ein paar Sekunden lächelnd auf das Bildschirmfoto, das er während des Videogesprächs von seiner Angebeteten gemacht hatte. Dann schaute er auf die Uhr. Kurz nach 3 Uhr morgens. Er hatte also noch etwas weniger als 3 Stunden zu schlafen, bevor sein Wecker wieder klingelte.

      Er seufzte, schaltete den Laptop ein, der auf dem Nachttisch stand und suchte sich entspannende Musik raus. Zu dieser schlief er schließlich ein.

      Am nächsten Morgen machte er Adriano wie jeden Morgen seinen Tee für die Schule fertig, während dieser sein Frühstück aß.

      „Denk dran, heute Elterngespräch.“, erinnerte ihn sein Sohn.

      Alexander holte sein Handy und stellte den Wecker auf eine Stunde vor dem Elterngespräch. „Na, das kann ja heiter werden.“

      Während Adriano auf dem Weg zur Schule war, wartete Alexander auf seine Nachricht, dass er angekommen sei. Schließlich kam sie und er legte sich wieder schlafen.

      Als sein Wecker ihn aus dem Schlaf riss, pulsierte sein Kopf und er wusste zunächst nicht, ob er wach war oder schlief.

      „Zum Glück habe ich so viel Zeit“, murmelte er, während er stolpernd in die Küche ging, um sich eine Kopfschmerztablette zu holen.

      Er nahm vorsichtshalber gleich zwei, denn er hatte das Gefühl, als würde sein Kopf jeden Moment explodieren. Bis er schließlich losfahren musste, ging es ihm etwas besser.

      Das Elterngespräch verlief wie erwartet. Seine Zensuren besserten sich stetig, aber es würde wahrscheinlich trotzdem nicht reichen, um das Abitur zu machen.

      Alexander machte es etwas traurig, dass Adriano anscheinend auch nicht das geringste Interesse daran hatte, sondern am liebsten direkt zur Armee wollte. Gleichzeitig war er stolz darauf, wie sicher sich sein Sohn dabei war und unterstützte ihn darin so gut er konnte.

      Sie gingen gerade die Treppe herunter, als Alexander einen sehr hohen, kaum hörbaren Pfeifton vernahm. Nach wenigen Sekunden fühlte es sich an, als hätten riesige Lautsprecher neben ihm einen einzelnen tiefen Basston abgegeben.

      Er krallte sich am Geländer fest und rief seinem Sohn noch zu: „Ruf einen Rettungswagen!“

      Die Welt um Alexander herum schien sich für einen kurzen Moment kilometerweit von ihm zu entfernen, dann stürzte alles auf ihn ein.

      Dann war es dunkel.

      Alexander Braun kam langsam wieder zu sich. Er hörte Stimmen um sich herum. Eine drang zu ihm durch. Eine Frau. Nicht seine, dessen war er sich sicher.

      „Guten Abend“, sagte die Stimme.

      „N‘Abend“, nuschelte er, „Wie geht’s Adriano?“

      „Dem geht es gut, wir haben ihn vor wenigen Minuten in die Cafeteria geschickt.“

      „Welche Cafeteria?“

      „Die des Krankenhauses.“

      Alexander riss die Augen auf: „Welches Krankenhaus?“

      Er sah sich um. Pastellfarbene Wände in einem ekelhaft unaufdringlichen Ockergelb. Schränke in demselben Farbton. Ein Bett unter ihm, das sich anfühlte, als würde man da nicht freiwillig länger drin liegen als unbedingt nötig. Ja, definitiv, ein Krankenhaus.

      „Genau genommen ein psychiatrisches Spezialkrankenhaus“, erklärte die Frau, die noch immer außerhalb seines Sichtfelds war, „Eine Sonderabteilung im Bundeswehrkrankenhaus.“

      „Seit wann bin ich hier, was habe ich, wann kann ich gehen?“, fragte Alexander im besten Armeetonfall.

      „3 Stunden und heute, wenn Sie wollen. Das andere ist etwas schwieriger zu erklären. Zumindest kann ich Sie beruhigen, dass es weder ein Herzinfarkt noch ein Schlaganfall war. Überhaupt war es nichts körperliches.“

      „Kürzer!“, murmelte Alexander, während er herauszufinden versuchte, ob seine Gliedmaßen noch auf ihn hörten.

      „Psychodetonation.“

      „Zu kurz!“ Langsam drehte er sich um und fand endlich heraus, wer da die ganze Zeit mit ihm redete.

      Eine Frau mittleren Alters im Arztkittel lächelte ihm zu und setzte ihre Kaffeetasse an die Lippen.

      „Ich bin Dr. Magdalena Ulnikowa, Psychiaterin und nebenbei die Frau, der Sie gestern wieder aufgeholfen haben.“

      Alexander nickte. Dann stand er auf und ging ins Bad. Er sah in den Spiegel. Okay, kein Verband um seinen Kopf. Er hatte sich also den Kopf nicht angeschlagen.

      Er ging an den Schwesternschrank und nahm ein Thermometer heraus, das er sich direkt ins Ohr steckte. Fieber hatte er auch nicht. Dann warf er einen Blick auf das Medikamententablett. Nichts dabei, was seines Wissens Halluzinationen auslöste.

      Dr. Ulnikowa beobachtete ihn die ganze Zeit mit wachsendem Amüsement. So eine Reaktion hatte sie noch nie gesehen.

      Schließlich setzte sich Alexander auf den zweiten Stuhl und schaute sie direkt an: „Noch mal!“

      Die Ärztin nahm ein Stück Karotte vom Essenstablett und biss genüsslich hinein. Genau in dem Moment hörte Alexander sie wieder.

      ‚Ich bin Dr. Magdalena Ulnikowa. Psychiaterin und Telepathin. Und du bist ab heute auch einer.‘

      Kein Zweifel, sie hatte ihre Lippen nicht bewegt. Er hatte sie in seinen Gedanken gehört.

      „Da ich davon ausgehe, dass ich in den letzten Stunden nicht zum Psychiater geworden bin, meinen Sie wohl…“

      ‚Du bist ein Telepath. Und was du gestern und heute erlebt hast, war die Erweckung deiner Kräfte!‘, hörte er die Ärztin wieder in seinen Gedanken.