Der nackte Körper, regungslos in einem Geschirr hängend, warf in ihrem Licht den bizarren Schattenriss eines riesigen Vogels an die gegenüberliegende Wand.
Mit ausgebreiteten Armen an ein Aluminiumrohr geschnallt, das vom rechten Ellenbogen bis zur linken Hand reichte, baumelte nur der rechte Unterarm schlaff herunter.
Ein Kettenflaschenzug, an der Zimmerdecke und am Alurohr befestigt, zog den Mann in die Senkrechte auf seine weit abgewinkelten Knie. Eine an den Fußgelenken verzurrte Spreizstange verhinderte zuverlässig das Zusammenführen der Beine.
Durch den baumelnden Unterarm hing die Person schräg, die Anordnung wirkte asymmetrisch, ähnlich einer Jesusfigur, die jeden Moment vom Kreuz zu rutschen drohte.
Die zweite Person, die sich in dem Raum befand, hatte das Sideboard von der Wand gezogen und auf dem Fußboden verschoben, bis es genau mittig vor dem Bett stand.
Der dunkel gekleidete Mann trug dünne Lederhandschuhe, er arbeitete mit präzisen Handgriffen und ohne erkennbare Hektik. Aus dem mitgebrachten Rucksack hatte er einen Elektromotor von der Größe eines Scheibenwischerantriebes zutage gefördert und auf dem Sideboard abgelegt. Er richtete seine Lage penibel genau aus und befestigte ihn schließlich mit einer ebenfalls aus dem Rucksack stammenden Schraubzwinge. Dabei arbeitete er so vorsichtig wie möglich. Nur vereinzelt war ein leises, metallisches Klirren zu vernehmen.
Der Kopf des Gefesselten ruhte mit dem Kinn auf der Brust. Aus der Nase drangen schnaufende Atemgeräusche. Lautere Lebenszeichen ließ das Klebeband über dem Mund nicht zu.
Der andere Mann suchte in seinen Rucksack, bis er eine zwei Zentimeter breite Plastikschlaufe mit einer Öse daran in der Hand hielt. Mit spitzen Fingern ergriff er den Penis seines Opfers und schob die Schlaufe darüber, bis sie dicht am Körper saß. Eine Hand hielt die Schlaufe in ihrer Position, die andere zog sie fest zu. Augenblicklich begann sich die Hautfarbe des Geschlechtsteils in einen blass violetten Ton zu verändern. Die Blutstauung ließ das Glied ein wenig anschwellen, bis es rechtwinklig vom Körper abstand. Eine letzte nutzlose Erektion. Jetzt verband der Mann die Öse der Schlaufe mit einem Zahnriemen, der fest auf der Antriebswelle des Elektromotors saß und bis an den Körper heran ragte. Den Motor schloss er mit einem Trafo an das Stromnetz.
Plötzlich drang ein Geräusch in den Raum.
Der Kopf der unheimlichen Person wirbelte zur Seite, die Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Konzentriert horchte der Mann in den Flur der kleinen Wohnung, hielt dabei den Atem an. Aus dem Treppenhaus drangen die Geräusche zweier gut gelaunter Menschen, Gesprächsfetzen, aufgekratztes Kichern. Das durchdringende Klack Klack hoher Absätze wanderte die Treppe hinab, wurde erst lauter, danach entfernte es sich. Laute Rufe einer letzten Verabschiedung, die Haustür fiel schwer ins Schloss, gleich darauf kehrte Ruhe ein. Das Pärchen von vorhin hatte sein Tête-à-Tête beendet, die Frau die Wohnung ihres Liebhabers verlassen.
Der Mann konzentrierte sich wieder auf sein hilfloses Opfer. Er schaltete den Trafo ein, die Stromspannung erzeugte augenblicklich ein kaum wahrnehmbares, surrendes Geräusch. Er drückte auf einen Schalter der Kabelfernbedienung. Der Motor begann zu laufen und drehte langsam die Welle mit der Nylonschnur, die sich augenblicklich spannte. Unbarmherzig zerrte die tief im Fleisch sitzende Plastikschlinge den Penis in die Länge. Dabei schnitt sie ihre scharfe Kante immer weiter hinein in den Schwellkörper. Die Vorhaut wurde zu mehreren Falten zusammengeschoben, während sich die Haut um die Wurzel des Organs spannte und wie ein Zeltdach nach außen wölbte.
Sofort ließ er den Schalter los und drückte den Knopf daneben. Der Motor lief jetzt langsam rückwärts, die Schnur lockerte sich und der Penis kehrte in seine Ausgangsstellung zurück.
Er vergewisserte sich, dass das Kabel der Fernbedienung lang genug war, um sie dem Gefesselten in die Hand drücken zu können, auch das funktionierte zu seiner Zufriedenheit.
Die Zugkette des Flaschenzuges entfernte er aus der Reichweite des ungefesselten Unterarms und befestigte sie mit einem Draht, damit sie nicht zurückschwingen konnte.
Zuletzt nahm er eine Handvoll mitgebrachter Pornomagazine und verteilte sie in der Wohnung. Er legte sie auf dem Nachttisch und im Wohnzimmer auf dem Couchtisch neben dem Fernsehsessel ab. Der vorhin noch prall gefüllte Rucksack war nun leer, schlaff lag er auf dem Linoleumboden.
Der Mann trat nun dicht an sein Opfer heran, fasste ihm ins Gesicht und zog rücksichtslos ein Augenlid auf.
Keine Reaktion.
Ein paar hastig geschlagene Ohrfeigen brachten ebenfalls kein Ergebnis, noch nicht einmal die Atmung änderte sich.
Die Weckbemühungen waren ein Signal dafür, dass der Abend auf den von seinem Regisseur bestimmten Höhepunkt zustrebte.
Suchend schaute sich der Fremde um und machte einige Schritte in den Flur. Gleich darauf kehrte er mit einem hölzernen Baseballschläger zurück, den er prüfend durch seine Hände gleiten ließ. Er stellte sich zwischen sein Opfer und dem Sideboard, darauf bedacht, die feine Schnur nicht in ihrer Position zu verändern. Um einen festeren Stand zu haben, nahm er eine breitbeinige Haltung ein. Den verdickten Kopf des Schlägers führte er zwischen die Beine des Gefesselten und ließ ihn nach unten sinken. Ruckartig und mit voller Wucht riss er das Sportgerät nach oben. Mit einem klatschenden Geräusch schlug das Holz auf die ungeschützten Hoden. Der Schmerz ritt auf Schockwellen bis in die abgelegensten Nervenenden des Körpers, der sich jetzt in seiner Fesselung hin und her wand. Haut schnürte tief ein. Der freie Unterarm ruderte Halt suchend umher. Der Schmerzensschrei erstickte unter dem Klebeband, heraus kam lediglich ein gurgelndes Japsen, weil das Opfer sich verschluckte. Die Augen waren jetzt weit aufgerissen, angestrengt versuchte das benebelte Gehirn, die Situation zu erfassen.
Dabei hatte der Abend für Piet Lijsen unspektakulär begonnen. So wie beinahe jeder Abend in den letzten sechs Monaten, seit er aus dem Militär entlassen worden war. Nichts, überhaupt nichts hatte darauf hingedeutet, dass es sein letzter Abend werden sollte.
Wie immer war er in die Kneipe eingekehrt, die sich nur ein paar Straßenecken von seiner Wohnung entfernt befand. Früher, in seiner Jugendzeit, war sie ein beliebter Jugendtreff gewesen. Hier konnten sie flippern, Tischfußball spielen, ihre ersten Biere trinken und Mädchen anbaggern. Aber diese Zeiten waren lange vorbei. Andere Attraktionen ließen gut situierte Kundschaft fortbleiben. Jetzt freute sich der Wirt, wenn sich außer der Handvoll Alkoholiker als ständigem Stammpublikum ein neuer Gast in seine heruntergekommene Spelunke verirrte. Die Erinnerungen seiner Jugendzeit im Kopf hatten Piet hier hineingeführt. In der äußersten Ecke der Theke, weit weg von den anderen, laut schwatzenden und grölenden Gästen, saß er und trank ein Bier nach dem anderen, den ganzen Abend und fast jeden Abend in den vergangenen Monaten.
Die anderen Kneipengäste beäugten ihn neugierig, weil er sich absonderte und keinerlei Anstalten machte, mit ihnen in Kontakt zu kommen. Grietje, eine grellrot gefärbte Endvierzigerin, die sich für unwiderstehlich hielt, startete eines Abends einen Versuch. Aus Neugierde und vielleicht auch, weil der achtundzwanzigjährige, schlanke Mann mit den kurzen blonden Haaren im Vergleich zu den anderen abgetakelten Gestalten einen ausgesprochen attraktiven Eindruck machte. Mit dem Bierglas in der Hand rutschte sie auf der Holzbank entlang, bis sie direkt neben Piet saß. Ihre Körpermotorik hatte alkoholbedingt bereits erheblich an Präzision verloren, beim Abstellen ihres Glases schwappte eine Pfütze Bier auf die Theke. Der Exsoldat bekam jetzt Gelegenheit, ihre aufgedunsene Haut und die roten Adern auf den Wangen aus nächster Nähe zu betrachten. Dazu schlug ihm ein feuchter Alkoholdunst entgegen, der ihm den Atem raubte. Piet fächelte sich mit einem Bierdeckel neutralere Luft zu. Die anderen Gäste konnten nicht verstehen, welche Worte die beiden wechselten, weil jemand kurz vor Grietjes Annäherungsversuch die alte Musikbox gefüttert hatte. Der Schankraum wurde plötzlich mit dröhnender Countrymusik geflutet. Man konnte aber erkennen, dass er immer weiter von ihr wegrutschte, bis er an der Wand angelangt war. Es dauerte nicht lange und sie kehrte zu den anderen