Elfenkind. Daniela Baumann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniela Baumann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753166094
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spätestens mit der Dämmerung aufbrechen. Der Häuptling warf noch einen letzten Blick nach draußen. Der Schneefall ließ nach und der Himmel riss langsam auf, er konnte ein paar Sterne sehen und der Vollmond leuchtete zwischen Wolkenfetzen hindurch zu ihm hinunter. Zufrieden lehnte er sich zurück, als Alemie an ihn herantrat und die Arme um ihn schlang.

      „Komm, gehen wir schlafen.“, murmelte die Elfe. Sie lebte hier und hatte die meisten Aufgaben als Elfenkönigin abgegeben, damit sie nicht ständig hin und her reisen musste. Das Elfenvolk hatte ihre Entscheidung nicht besonders positiv aufgenommen, aber dennoch hatte sie sich durchgesetzt, denn ihre Familie war ihr viel wichtiger. Vor allem, seit Elif auf der Welt war. Ihr Cousin Skimo war der neue Elfenkönig. Sollte Alemie allerdings ihre Aufgaben zurückfordern, wäre sie wieder die oberste Elfe.

      Doch die Rothaarige war dankbar, dass sie sich Zeit für ihre Familie nehmen konnte. Viel zu jung war sie in diese Aufgabe gezwungen worden, hatte es nie gewollt. Dennoch waren alle Elfen mit ihrer Führung einverstanden gewesen. Nur im Rat von Kalima war sie noch immer als Sprecherin, die Aufgaben bei den Elfen übernahm Skimo, mit dem Alemie aber in regem Kontakt stand. Jetzt half sie Shadi und Mósí bei der Herstellung von Kleidung und Decken, beim Kochen und allen anderen Arbeiten, die bei den Diné typischerweise von den Frauen gemacht wurde. Auch Ella half ihnen, genau wie Jayla und die anderen Frauen.

      Gaagi ließ sich von seiner Gefährtin in ihr gemeinsames Schlafzimmer ziehen, und schlang nach einem Kuss seine Arme um sie. Schnell schliefen beide. Doch es dauerte nicht besonders lange, bis ein Alarmschrei sie erneut weckte. „Na'ashjé'ii'!“, hörte Gaagi Manaba rufen.

      Sofort sprang der Häuptling aus dem Bett und rannte die Treppe nach unten. Ihm war im gleichen Moment klar, was Manaba meinte. Zwei riesige Spinnen waren am Dorfrand aufgetaucht und versuchten nun, in eine der Hütten einzudringen. Ausgerechnet die von Ella und Doba, in der sie mit ihrem Sohn Lucas lebten.

      Gaagi konnte erkennen, dass Doba mit seinem Speer alles tat, um die Spinnen vom Eindringen abzuhalten. Er griff nach seinem Bogen, den er im Gehen mitgenommen hatte, weil er immer am Baumstamm hing. Hastig eilte er in die Höhle, wo ständig Feuer brannte. Dort hatten sie auch Pfeile, die mit Pech vorbereitet waren, damit sie schnell brannten und im Flug nicht ausgingen. Er entflammte einen Ast, nahm sich einige Pfeile mit. Kaum war er in Bogenreichweite zu den Spinnen, entzündete er einen Pfeil und schoss. Obwohl er die Spinne voll erwischte, ließ diese sich nicht beirren.

      Manaba, K'ai und Gad folgten seinem Beispiel und schafften es, die Aufmerksamkeit der Spinnen von der Hütte weg zu lenken. Doch vertreiben konnten sie sie nicht. Doba kam nun von hinten mit seinem Speer und versuchte, ein Loch in der harten Panzerung zu entdecken, doch er musste hastig zurückweichen, da die Spinne sich umdrehte und ihn erneut ins Visier nahm. Von hinten kämpften nun Gaagi und einige der Männer, auch der Rest des Dorfes war inzwischen wach. Gemeinsam umkreisten sie die Spinnen und griffen von allen Seiten an. Dennoch schafften sie es nicht, die Spinnen auch nur zu verletzen.

      Mit einem Mal duckte sich die erste Spinne und sprang mit einem Satz über einen Teil der Männer hinweg, verschwand aus dem Dorf, die zweite folgte nur Momente später. Gaagi verdoppelte die Wachen und ordnete an, dass sie Feuer rund um das Dorf entzünden sollten. Am Morgen würden sie den Spuren folgen und hoffen, dass sie zurück in den Wald führten. Sie mussten sich dringend etwas einfallen lassen gegen diese Plage.

      Den Rest der Nacht verbrachte Gaagi im Freien. Er wollte sichergehen, dass seiner Familie und seinem Stamm nichts passieren konnte, und das war nicht besonders leicht.

      „Ataa‘?“, sprach ihn Yas nach einer Weile an. „Wirst du sie verfolgen? Oder gehen wir zu den Kentauren?“

      „Wir werden zuerst sehen, wohin sie gegangen sind.“, erklärte ihr Vater. „Uns fehlt die Zeit, um zu Yolonis‘ Herde zu gelangen. Aber ich werde Xedila fragen, ob sie zu den Kentauren gehen und ihnen berichten kann, was hier passiert ist. Vielleicht helfen sie uns dann.“

      „Ich komme mit dir.“, entschied Yas.

      „Das dachte ich mir.“, lachte der Häuptling kurz auf. „Ich hätte dich sowieso mitgenommen, denn ansonsten besteht die Gefahr, dass du mir einfach hinterher kommst.“ Yas grinste nur, als sie das hörte, sagte aber nichts dazu. Natürlich hatte ihr Vater Recht, sie wollte immer alles mitmachen. Sie war froh, dass Gaagi sie mehr wie einen Jungen aufzog; auch wenn sie ein Mädchen war und genau wie andere Mädchen manchmal viel Zeit mit Plaudern und Haare flechten verbringen konnte, so war sie doch lieber unterwegs und erlebte Abenteuer.

      „Nun gut. Dann machen wir es so: Yas, Manaba, K'ai, Bidziil, T'iis und Jayla, sowie Jack und Cameron gehen mit mir, sobald es hell genug ist, um Spuren zu erkennen. Wir finden heraus, wohin die Spinnen gegangen sind, und versuchen, einen Weg zu finden, sie zu besiegen.“, beschloss der Häuptling. „Xedila, Akhito, ich möchte euch bitten, zu Yolonis und den Kentauren zu gehen, vielleicht können sie uns helfen. Ma’ee und Tsé übern ehmen hier das Kommando, alle Männer, die hier bleiben, sind für die Gesundheit der Frauen und Kinder verantwortlich.“

      Ernst nickten die Angesprochenen. Alle, die mitgehen sollten, eilten in ihre Hütten, um das Nötigste zu packen und, im Falle von K'ai und Bidziil, sich von ihren Frauen zu verabschieden. Eine Stunde später waren alle bereit zum Aufbruch und warteten nur noch darauf, dass es hell wurde.

      4. Die Jagd

      Sie brachen auf, sobald sie genug sehen konnten, um sicher zu gehen, keine Spuren zu übersehen. Gaagi, Manaba und T'iis behielten den Boden im Auge und lasen die Spuren, der Rest der Gruppe wurde dazu angehalten, aufmerksam auf die Gegend zu achten, um nicht plötzlich überrascht zu werden. Nicht, dass die Spinnen sich anders besannen und zurück kamen. Gerade Jayla war dabei eine große Hilfe, da sie die Umgebung erspüren konnte. Auch

      Yas war prinzipiell dazu in der Lage, doch sie war ein Kind, konnte es noch nicht immer richtig zuordnen. Ihre Fähigkeiten waren erstaunlich, waren die Elfen überzeugt, doch die Interpretation ihrer Empfindungen war schwer für die Zwölfjährige. Alemie, Jayla, Akhito und Xedila sowie Siba halfen ihr, so gut sie konnten, selbst Eluan, der eher untypisch für Elfen die kämpferischen Eigenschaften ihrer Ahnen hatte, versuchte sein Bestes. Die junge Halbelfe ließ ihre Gedanken schweifen, während ihre Augen unermüdlich den Horizont absuchten.

      „Eluan, darf ich dich etwas fragen?“, wollte sie damals, als sie sich gerade verwandelt hatte, von ihm wissen.

      „Natürlich, kleine Prinzessin!“, erwiderte der Ältere lachend. Er mochte das Mädchen, die Tochter seiner Königin, sehr. Sogar ihre Neugier, die sie sprühen ließ vor Lebensfreude. „Jederzeit!“

      „Mama hat mir erzählt, dass die meisten Elfen sich entweder mit Blumen und Bäumen oder mit Tieren befassen. Aber du scheinst anders zu sein.“

      „Das stimmt, Yas.“, hatte Eluan genickt. „Weißt du, die Elfen haben sich entwickelt, aber früher waren sie, die Elementare und auch die Menschen eine einzige Rasse. Auch die Zauberer stammen aus dieser Zeit. Irgendwann haben sich die einzelnen Unterarten verändert, aber manchmal kommt es noch vor, dass die alten Fähigkeiten durchschlagen. Bei mir ist das passiert, ich kann weder mit Pflanzen noch mit Tieren viel anfangen, dafür bin ich geschickt im Kampf. Deshalb bin ich auch der Beschützer der Königin. Es gibt nicht viele Elfen wie mich, darum konnten wir auch nie etwas gegen Carimo unternehmen.“

      „Oh.“, machte Yas, was Eluan zum Lachen brachte.

      „Yas, ist es nicht bei Menschen genauso, dass jeder andere Talente und Fähigkeiten hat?“

      „Doch, schon.“, musste sie zugeben. „Aber irgendwie habe ich das nie auf die Elfen bezogen. Und dann die Tatsache, dass ihr mit den Menschen und den Elementaren so nah verwandt seid, obwohl ihr euch überhaupt nicht ähnlich seid.“

      „Nun, so unähnlich sind wir uns nicht, ansonsten gäbe es keine Kinder wie dich.“, gab der Elf zurück. „Sieh, wir können uns mit Menschen fortpflanzen, selbst mit Elementaren funktioniert es, obwohl sie uns überhaupt nicht mehr ähnlich sind. Mit Kentauren oder Greifen, Werwesen oder Vampiren, Trollen oder Kobolden wäre das nicht möglich. Diese sind vollkommen anders entwickelt, aber rein körperlich