Baphomets Jünger. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия: Dunkelwaldtrilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750232730
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Führer unseres Ordens ist Gero und nicht irgendein namenloser Ritter, dessen Herkunft uns nicht einmal bekannt ist.“ Er spuckte seine Worte förmlich aus. Feindseligkeit schien sich breitzumachen. Die Stimmung schlug unter dem Einfluss des gerade bestandenen Kampfes langsam um.

      „Ich stamme aus einem reichsfreien, fränkischen Adelsgeschlecht, was du allerdings nicht von dir behaupten kannst.“ konterte der junge Templer. „Deine Familie steht unter der Fuchtel des Magdeburger Erzbischofs. Ah, da fällt mir ein ...“. Langsam und hochmütig ließ er seinen Blick über Haymo streifen. „War deine Familie nicht in irgendeine Bischofsfehde verwickelt? Ihr habt Euer Lehen dereinst von Erzbischof Heinrich von Assel erhalten, stimmt`s? Jetzt scheint der Ort ja nur noch eine Wüstung zu sein. Sag, wo haust deine Familie? Bist du deshalb Templer geworden, weil du keine Heimstatt hast?

      „Meine Heimat ist das anhaltinische Gerbstedt, und das weißt du ganz genau. Nimm den Mund nicht zu voll, Rudger, sonst ...“

      „Brüder, lasst uns nicht streiten. Dafür ist die Situation viel zu ernst“, versuchte Gero die erhitzen Gemüter zu beruhigen.

      „Nein, Meister, lasst ihn ausreden. Sonst ...?“, wandte er sich wieder an Haymo. „Wirst du mich sonst dem Magdeburger ausliefern?“

      „Rudger!“ Nun war es auch Endres zu viel geworden. Was war nur in seinen Freund gefahren? Er zeigte sich doch sonst nicht so streitsüchtig. Es konnte nur an ihrer verfahrenen Situation hier liegen.

      „Ich befehle euch, Ruhe zu halten!“, rief Gero jetzt auch mit energischer Stimme.

      „Ihr habt den Haufen hier nicht mehr im Griff, Komtur“, fuhr Haymo seinen Meister respektlos an. „Wenn Ihr es einem dahergelaufenen Grünschnabel erlaubt, hier Unruhe zu stiften, müssen wir eventuell überdenken, ob Ihr noch der richtige für das Amt hier seid.“

      Rudger hob sein Schwert und stellte sich vor Gero. Doch der schob ihn energisch beiseite.

      „Ich bin mir sicher, dass es die Nachwehen des Kampfes sind, die dich solche Reden führen lassen, Bruder Haymo“, sagte er zu seinem Ritter. „Doch jetzt lasst uns in die Kapelle gehen. Wir wollen für unseren Orden und sein Weiterbestehen beten. Den Verwundeten hier bringt ins Refektorium“, wies er zwei Mönche an. „Ich werde mich später mit ihm befassen. Und die anderen armen Schlucker begrabt an der Friedhofsmauer. Sie haben ein christliches Begräbnis verdient, folgten sie doch nur dem Befehl ihres Herrn.“ Damit wandte er sich um und ging schnellen Schrittes in Richtung Kapelle. Die Ritter folgten ihm zögernd.

      Vor dem Altar drehte sich Gero zu seinen Männern um. Seine Miene war düster. „Ich habe noch einmal nachgedacht, und ich sage euch eins, Brüder. Auch wenn es mir schwerfällt, das zuzugeben, ich glaube, wir können Mücheln nicht mehr lange halten.“ Ein Raunen ging durch die Reihen.

      „Nein, lasst mich ausreden.“ Gero hob beschwörend die Hände. „Vorhin, im Angesicht des Kampfes hat mich unser alter Geist beflügelt. Doch je mehr ich mir die Sache durch den Kopf gehen lasse, desto mehr komme ich auch immer zu demselben Schluss. Wir haben im Moment keine wirkliche Chance gegen den Erzbischof. Heute hat er, in der Gewissheit, leichtes Spiel zu haben, nur wenige Männer geschickt. Doch wird sich das ändern. Ihr habt selbst von den Gerüchten gehört. Viele unserer Brüder im Reich sind verhaftet und ihres Besitzes beraubt worden.“

      „Und was habt Ihr vor, Meister?“, fragte nun auch der junge Berno von Arnstein, der Spross eines edelfreien Adelsgeschlechtes.

      „Er wird sich feige verstecken“, höhnte Haymo.

      Rudger fuhr blitzschnell zu ihm herum und versetze ihm einen Schlag, so dass der andere zu Boden ging. Augenblicklich kam Haymo wieder auf die Füße und wollte sich auf Rudger stürzen. Doch Endres und Jorge hielten ihn fest.

      „Das wirst du mir büßen. Noch hat mich keiner ungestraft geschlagen, kein Heide und auch kein Christ!“, zischte Haymo.

      Doch Gero fuhr energisch dazwischen. „Du hast es wiederholt gewagt, mich zu beleidigen. Glaubst du, das lasse ich einfach so durchgehen? Noch bin ich dein Meister und du hast mir zu gehorchen.“

      „Um Himmels Willen, Brüder. Warum streiten wir im Angesicht der Bedrohung, der wir uns entgegenstellen müssen? Meister, bestimmt hat es Haymo nicht so gemeint. Wir sind nur durcheinander, weil keiner weiß, wie es weitergehen soll.“ Jorge sah die Ritter beschwichtigend an.

      „Lasst uns beten“, sagte Gero nur und ging auf die Knie. Den anderen blieb nichts weiter übrig, als seinem Beispiel zu folgen. Auch Haymo fügte sich widerwillig. Und bald senkte sich eine Stille über die Knienden, in der wohl jeder für sich selbst über die Geschehnisse der vergangenen Stunde nachdachte.

      Noch am Abend verhörte Gero von Mücheln den verwundeten Ritter des Erzbischofs. Doch ließ er ihn, entgegen der Forderungen seiner Mitbrüder, wieder auf freien Fuß, damit er seinem Herrn berichten konnte, dass sich die Templer nicht einschüchtern ließen. Die Ritter beschlossen, sich zunächst auf die Verteidigung des Ordenshofes einzurichten, auch wenn Rudger und seine drei Freunde dagegen waren. Doch die anderen sahen in einer Flucht vor dem Erzbischof den Verrat an ihrem Orden. Gero schwankte, wem er Gehör schenken sollte. Jedoch wurde ihm die Entscheidung bereits am nächsten Morgen abgenommen.

      Die Sonne sandte gerade ihre ersten Strahlen in den Hof des Ordenshauses, als ein einsamer Reiter im Habit der Ordensbrüder vor dem Tor erschien. Der Mann ließ sich entkräftet vom Rücken seines ungesattelten Pferdes gleiten und wankte auf den Eingang zu. Der Wächter, welcher ihn schon seit einigen Minuten hatte heranreiten sehen, eilte, um ihn einzulassen. Dieser einzelne, erschöpfte Mann sollte wohl keine Bedrohung für den Orden darstellen.

      „Ich muss mit dem Komtur sprechen“, japse der Reiter nach Luft ringend. „Es gibt Nachricht von unserem Ordensmeister, Friedrich von Alvensleben.“ Matt lehnte er sich an seinen Gaul, dessen Zügel er noch immer in den Händen hielt. Bruder Martin rief einen der Laienmönche, die die Pferde der Ritter versorgten, herbei und übergab ihm das Tier. Dann führte er den Mann ins Refektorium, wo sich die Templer versammelt hatten, um das weitere Vorgehen für die nächsten Tage zu besprechen. Rudger und Haymo saßen sich mit kampfeslustigen Mienen gegenüber, jeder den anderen taxierend. Das Gesicht Komtur Geros wirkte verfallen und gealtert. Noch hatte er den verbalen Angriff auf seine Person durch den anhaltinischen Ritter nicht verwunden. Er würde ihn später für seine Respektlosigkeit zur Rede stellen. Aber auch die jüngsten Ereignisse waren nicht spurlos an Gero vorbeigegangen.

      Aller Blicke richteten sich auf die Eintretenden. Der Komtur sprang auf, hatte er in dem Mann einen der Ordensritter aus Wichmannsdorf erkannt.

      „Wolf von Jesnitz!“, rief er voller Erstaunen. „Was führt dich nach Mücheln, Bruder?“ Dann bemerkte er den Zustand des Ritters. „Was ist passiert, Wolf? Bringst du Nachricht von Friedrich?“

      Endres, der den Ritter immer als einen zuverlässigen Kampfgefährten erlebt hatte, rückte schnell einen Stuhl heran, auf den sich der ältere mit einem dankbaren Nicken niederließ. „Verzeiht, wenn ich Euch nicht den gebührenden Respekt erweise, Meister Gero, aber ich bin, so schnell ich konnte, direkt von Wichmannsdorf hierher geritten. Ich bringe schlechte Kunde. Truppen des Erzbischofs von Magdeburg haben unser Ordenshaus angegriffen. Etliche Brüder wurden feige erschlagen. Unseren Ordensmeister haben sie, wie ein Stück Vieh an einem Strick hinter sich her schleifend, zusammen mit den anderen Brüdern, die überlebt haben, mitgenommen.“

      Einer der Mönchsbrüder reichte Wolf einen Becher mit heißem, gewürztem Wein, ein Luxus, den sich die Brüder sonst nur zur kalten Jahreszeit gönnten. Angesichts ihrer bedrohlichen Lage hatte der Küchenmeister beschlossen, ihnen allen etwas Gutes zu tun, denn die Gewürze im Wein würden ihre Lebensgeister wecken.

      Gierig trank Wolf einen Schluck. Resigniert schaute er in die Runde. „Es gelang Friedrich noch, mir zuzuraunen, dass ich Euch warnen soll. ‚Gero darf nicht in die Hände unserer Feinde fallen. Das Tor zum Osten muss geschützt bleiben’, konnte er mir unbemerkt zuflüstern. Ich schaffte es, mich ungesehen davonzuschleichen, der Tumult war zu groß. Die Magdeburger konnten nicht alles im Blickfeld haben. Ich rannte, so schnell es ging, zu den Stallungen, schnappte mir ein