Baphomets Jünger. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия: Dunkelwaldtrilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750232730
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aufgebrochen. Haymo von Gerbstädt hatte sie schon nach wenigen Meilen verlassen. Er war der Meinung, ein Templer dürfe nicht feige fliehen. Nach einem heftigen Wortwechsel mit Gero war er in Richtung Magdeburg davongeritten.

      Unterwegs kam ihnen ein Trupp bewaffneter Reiter entgegen, und sie hatten sich schon auf einen Kampf eingestellt. Doch wie es sich bald erwies, gehörten die Ritter zu den Männern Graf Alberts von Blankenburg, einem Cousin des Erzbischofs von Magdeburg, der seinem Verwandten allerdings nicht sehr zugetan war. Sie geleiteten die Müchelner nach Beyernaumburg.

      In grauer Vorzeit lebte auf der Burg ein aus Bayern stammender Graf, was dem Ort seinen seltsamen Namen gab. Aber das Geschlecht war längst erloschen und jetzt gehörte die Feste zum Besitz des Magdeburger Erzbistums. Doch lag sie auf Halberstädter Gebiet und stand somit unter der Obhut Bischof Alberts.

      Rudger musste im Stillen lachen, als er daran dachte, mit welcher Unverfrorenheit Albert seinem Erzbischof entgegengetreten war. Denn Burchard war in seinem Eifer, dem Papst zu gefallen, zu weit gegangen.** Obwohl Papst Clemens die Verfolgung der Templer zunächst ausgesetzt hatte, kündigte Burchard die Verhaftung aller Templer im Erzbistum Magdeburg an. Als schließlich Friedrich von Alvensleben, verhaftet wurde, überschlugen sich die Ereignisse. Adelsfamilien aus Sachsen und dem Anhaltinischen schlossen sich zusammen und verschanzten sich in der Burg Beyernaumburg. Letztendlich mischte sich der brandenburgische Markgraf Waldemar noch ein. Denn seiner Familie gehörten einige bedeutende Tempelherren an.

      Die Sonne verschwand gerade hinter dem Bergfried und bald würde sich die Dämmerung über das Land herabsenken. Rudger war zusammen mit Jorge auf der Wehrmauer zur Wache eingeteilt worden. Seit Wochen versuchten die Truppen des Erzbischofs immer wieder bis zur Burg vorzudringen, doch der dichte Pfeilhagel der Verteidiger ließ sie vorsichtig werden und aus der Ferne auf eine bessere Gelegenheit hoffen.

      Seit Stunden hatten die beiden Freunde keinerlei Bewegung auf den Feldern unterhalb der Burg wahrgenommen. Jorge setzte sich hinter einer Zinne auf den Boden und sah missmutig vor sich hin.

      „Meinst du nicht auch, wir hätten vielleicht doch lieber in Mücheln ausharren sollen, anstatt uns hier den Hintern abzufrieren?“, fragte er Rudger. Ein Frösteln durchfuhr ihn. „Ich sage dir, wenn ich nicht vorher an einer Lungenentzündung sterbe, werde ich in meinem Inneren nie wieder warm werden.“

      „Nur mit dem Unterschied, wenn du in Mücheln geblieben wärst, würden dich jetzt bereits die Würmer zerfressen. Bei einer Lungenentzündung hast du eventuell die Chance, zu überleben“, konterte Rudger gelassen. Dabei ließ er seinen wachsamen Blick immer wieder über die Gegend unterhalb der Burg gleiten.

      „Ich hätte den Papstschergen schon gezeigt, was ein Templer ist.“

      „Ja sicher“, antwortete sein Freund mit leicht ironischer Stimme, ohne Jorge dabei anzusehen. „Doch was hätte es genützt? Glaubst du wirklich, wir hätten gegen die Leute des Erzbischofs auch nur den Hauch einer Chance gehabt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Komtur Gero so leicht den Ordenshof aufgegeben hätte, wäre in ihm selbst auch nur ein Funken Hoffnung gewesen.“

      „Und ich hoffe, wir kriegen bald Entsatz, denn nicht nur unsere Vorräte, sondern auch das Wasser gehen bald zu Ende. Ich habe wahrlich keine Lust drauf, meinen Gaul zu fressen.“

      „Der wäre damit auch sicher nicht einverstanden. Doch du hast ja noch deine Stiefel“, witzelte Rudger.

      Jorge wollte den lahmen Witz seines Freundes kommentieren, da ließ sie ein leises Sirren in ihrer Unterhaltung innehalten. Ein Pfeil flog nur wenige Zentimeter an Rudgers Kopf vorbei und prallte von der Mauer hinter ihm ab. Schnell ließ er sich neben Jorge zu Boden fallen.

      „Verdammt. Wo kommt der Pfeil auf einmal her? Ich habe absolut niemanden gesehen.“ Vorsichtig spähte er hinter der Zinne hervor, doch war es in der Zwischenzeit zu dunkel geworden, als dass er wirklich irgendetwas erkennen konnte.

      „Wir sollten die anderen alarmieren“, meinte Jorge. „Vielleicht unternimmt Burchard einen erneuten Versuch, unsere Mauern zu erstürmen.“

      „Du hast recht. Es wäre wirklich an der Zeit, dass Waldemar ein paar seiner Leute zu unserer Verstärkung schickt.“ Langsam kroch Rudger zu einem Einstieg, der sich auf halber Höhe des Bergfrieds befand. Eine hölzerne Stiege führte hinab in die Wachstube. „Warte hier“, sagte er zu seinem Freund „Ich will schauen, ob die da unten schlafen.“ Dann verschwand er im Innern des Turmes.

      „Na toll“, knurrte Jorge vor sich hin. „Jetzt darf ich allein hier im Finstern hocken und muss zusehen, dass mich kein Pfeil dieser elenden Hunde erwischt. Wenn ich wenigstens ein Feuer zum Wärmen hätte.“ Er kroch förmlich in seinen Mantel hinein, doch wurde ihm dadurch auch nicht wärmer. „Wundere dich nicht, wenn ich nachher hier oben an der Mauer festgefroren bin!“, rief er Rudger hinterher, in der Hoffnung, dieser konnte ihn noch hören. Doch der Ritter war bereits die Stiege hinabgeeilt.

      In der Wachstube saßen ein paar Ritter und Waffenknechte, die im trüben Schein eines Talglichtes miteinander würfelten. Bei Rudgers plötzlichem Erscheinen blickten sie verwundert auf.

      „Was ist los?“, fragte Odo, der Anführer der Wachtruppe.

      „Dir ist wohl zu kalt da oben?“, spottete ein dürrer Kerl, dessen strähnige Haare ihm in seine niedrige Stirn fielen. Er stieß ein meckerndes Lachen aus, in das die anderen einfielen. Rudger hatte den Namen des Mannes vergessen, doch war dieser ihm von jeher unsympathisch gewesen. „Jungfer Rudger friert“, höhnte dieser weiter.

      „Dir wird gleich das Lachen vergehen“, spie ihm der Ritter entgegen. „Hebt euren Arsch und nehmt eure Waffen auf, anstatt faul hier rumzusitzen“, wandte er sich jetzt auch an die anderen. „Burchard hat vor der Burg Stellung genommen, und ich glaube nicht, dass er dort nur die Aussicht genießt.“ Ohne sich weiter aufzuhalten, rannte Rudger die Treppen weiter hinab, um Gero zu informieren. Endres und Valten, die ihm, durch den Aufruhr aufmerksam geworden, bereits entgegenkamen, schickte er hinauf auf die Zinnen, wo sie ihrem Freund zur Seite stehen sollten.

      Seine Worte ließen die Ritter erschrocken aufspringen. Sie schnappten sich ihre Waffen und eilten zur Stiege. In ihrer Hast rempelten sie sich gegenseitig an. Ein metallisches Klirren erklang, als eines der Schwerter zu Boden fiel.

      „Was soll das?“, schrie Odo. „Ist das die viel gerühmte Elitetruppe des Abendlandes, vor der sich alle Welt fürchtet? Ihr führt euch auf wie eine Hammelherde, die zur Schlachtbank geführt wird.“

      „Mäh, mäh“, äffte der dürre Kerl. Einige lachten. Doch ihr Hauptmann war nicht zu Späßen aufgelegt.

      „Das hat Folgen, Benno“, zischte Odo. „Und ihr anderen wollt sicher nicht am Tod eurer Kameraden da oben schuld sein, oder?“

      Beschämt kamen die Männer zur Besinnung. Geordnet gingen sie die Stiege hinauf.

      „Endlich“, rief ihnen Jorge leise entgegen. „Ich dachte schon, ihr kommt erst, wenn Burchard schon vor uns auf den Zinnen steht.“ Er sah sich suchend um. „Wo ist Rudger?“, fragte er in die Runde.

      „Warum? Vermisst du ihn?“, stichelte Benno, der den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt hatte, erneut.

      Odo schob den Störenfried grob beiseite, dass dieser ins Straucheln geriet. Laut murrend fing sich Benno mit einer Hand an der Mauer ab. Er reckte das Kinn, schob sich die Kettenhaube aus der Stirn und hob demonstrativ den Kopf an.

      „Nein, er alarmiert unsere Truppe unten“, wandte sich der Hauptmann an Jorge, ohne den anderen weiter zu beachten. Ein heiserer Schrei hinter ihm ließ ihn unmittelbar darauf wieder herumfahren. Benno lag zusammengesunken an der Mauer, die Augen schreckerstarrt ausgerissen. Doch regte er sich nicht mehr. Ein Pfeil hatte seine Stirn direkt durchbohrt.

      „Schnell, verschanzt euch. Es darf keinem gelingen, hier herauf zu kommen, falls sie es versuchen.“ Immer wieder flogen jetzt Pfeile über sie hinweg.

      Inzwischen kamen auch die anhaltinischen und brandenburgischen Ritter und ihre Waffenknechte auf die Mauer und begannen sich geordnet auf der gesamten Runde zu verteilen. Ein erneuter