Baphomets Jünger. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия: Dunkelwaldtrilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750232730
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verhaltener Stimme. Er sah sich im Raum um. Die zwei Ordensbrüder trugen gerade das benutzte Geschirr hinaus. Hinter ihnen schloss sich die Tür, dann zog Ruhe ein.

      „Ich glaube“, begann er, „ihr habt es bereits gemerkt. Aber der heutige Morgen ist alles andere als normal verlaufen. Mich wundert es, dass niemand offen gefragt hat, was los ist.“

      „Haben wir ja auch nicht“, meinte Endres grinsend. Doch Rudger schaute ihn ernst an.

      „Und was ist los?“, fragte der Ritter, durch die betroffene Miene des anderen stutzig geworden. Doch bevor sein Freund zu einer Antwort ansetzen konnte, wurde die Tür leise geöffnet und der Kopf Bruder Anselms erschien.

      „Hast du nichts zu tun?“, herrschte ihn Valten an.

      Rudger, der sich herumgedreht hatte, gebot Valten mit einer Geste seiner Hand Einhalt.

      „Nein, Anselm. Komm rein. Du sollst hören, was ich erfahren habe. Anselm war der erste, der mir heute am frühen Morgen eine ungeheuerliche Neuigkeit zugetragen hat“, wandte er sich an seine Freunde. „Erst wollte ich ihm nicht glauben. Aber vorhin war ich bei unserem Meister. Und was ich da gehört habe, das ahnt ihr nicht einmal.“

      Anselm setzte sich zu ihnen und sah Rudger gespannt an.

      „Nun mach schon, lass uns nicht solange schmoren. Was gibt es so furchtbar Geheimnisvolles, dass ihr zwei euch ständig verstohlen umschaut, aus Angst, es könnte einer zuhören?“ Jorge wurde wie die anderen langsam ungeduldig. Die Geheimniskrämerei seines Freundes mutete ihm etwas seltsam an.

      „König Philipp hat im Namen des Papstes alle Templer in Paris und ganz Frankreich zur gleichen Zeit verhaften und einsperren lassen“, platzte Rudger heraus. Aber anstatt ihn sofort mit Fragen zu löchern, starrten die anderen ihn entsetzt an.

      „Du machst Witze“, fand Endres endlich seine Stimme wieder. Doch ein Blick in die Gesichter von Rudger und Anselm belehrten ihn eines Besseren. „Erzähle“, meinte er nur kurz und die anderen nickten.

      In knappen Worten schilderte Rudger, was er am frühen Morgen von Friedrich von Alvensleben und seinen beiden Besuchern erfahren hatte. „Ich möchte, dass ihr mit mir kommt“, schloss er seinen Bericht. „Auch du, Bruder Anselm. Hier ist niemand mehr sicher.“

      Anselm hob abwehrend die Hände. „Oh nein, Rudger. Ich bleibe hier. Ich kann hier nicht einfach fort. Immerhin stehe ich dem Wirtschaftshof der Komturei vor. Und selbst wenn es gefährlich ist. Wie könnte ich meine Brüder hier im Stich lassen, nur um mich selbst in Sicherheit zu bringen.“

      „Willst du damit sagen, dass wir die anderen im Stich lassen?“, fragte Valten ungehalten und funkelte den Mönch böse an. Er hatte schon immer ein Problem mit dem Priesterbruder gehabt. Ganz in seinem Innern nagte ein Gefühl der Eifersucht.

      „Nein, will er nicht“, fuhr ihn Rudger an. „Ich verstehe dich ja“, wandte er sich wieder Anselm zu. „Aber ich könnte dich gut gebrauchen auf unserer Mission. Du kannst wesentlich besser lesen und schreiben als wir alle, von unserem Latein gar nicht erst zu sprechen.“ Er lächelte kurz.

      „Ach, ich schätze, darin seid ihr ebenso gut wie ich“, schmeichelte ihnen Anselm. „Doch ich bin kein Kämpfer, Rudger. Ich würde euch nur behindern. Ohne mich seid ihr wesentlich besser dran. Und wer weiß, wenn Gott will, sehen wir uns alle bald wieder.“

      „Nun gut, aber ich versuche, mit dir in Kontakt zu bleiben, Anselm.“

      „Ich schätze, eure Mission wird keine Zeit dazu lassen. Aber ich werde für euch beten, dass ihr heil und gesund bleibt. Möge Gott unseren Brüdern in Frankreich beistehen. Und euch.“ Anselm erhob sich. In seinen Augen schimmerten Tränen. Kurz legte er seine Hand auf Rudgers Schulter, dann drehte er sich wortlos um, und verschwand genauso leise durch die Tür, wie er hereingekommen war.

      „Gott sei auch mit dir, Bruder“, sagte Jorge leise. Doch Anselm hörte es bereits nicht mehr.

      Immer noch mit Bestürzung in ihren Mienen schauten sich die Freunde an.

      „Und nun?“, fragte Endres.

      „Friedrich erwartet uns in einer halben Stunde im Hof. Also packt schnell euer Zeug und eure Waffen zusammen und dann kommt raus. Proviant besorgt uns Friedrich.“

      „Da gibt es nicht viel zusammenzupacken“, meinte Valten trocken.

      „Vielleicht willst du ja noch mal in die Kirche gehen, um zu beten. So kriegst du die halbe Stunde auch rum“, meinte Jorge zynisch.

      „Ich weiß, was du meinst“, antwortete Valten, auf den Spott des anderen nicht eingehend, mit Unmut in der Stimme. „Wie kann Gott zulassen, dass unseren Brüdern solch Unrecht widerfährt? Haben wir IHM nicht immer nach bestem Wissen und Gewissen gedient?“

      „Vielleicht nicht alle“, konterte Jorge trocken.

      „Brüder, für derlei Disput haben wir jetzt keine Zeit“, ermahnte Rudger die beiden. „Also bis gleich.“ Er erhob sich und rannte förmlich aus dem Refektorium. Bevor er sich zu den anderen im Hof gesellte, musste er unbedingt noch einmal einen Versuch starten und kurz mit Bruder Anselm sprechen. Niemals würde er den Freund freiwillig seinem Schicksal überlassen.

      Kapitel 4

       Mücheln

       20. Oktober 1307

      Die letzten schrägen Strahlen der Abendsonne bahnten sich ihren Weg in das kleine Gotteshaus, das direkt in der Mitte des Templerhofes in Mücheln stand. Rudger kniete vor dem Altar mit der Mutter Gottes. Doch war es nicht das Gebet, was er suchte, sondern eher die Stille und Einsamkeit, um seine wirren Gedanken ordnen zu können.

      Ein verirrter Strahl verfing sich in seinen Haaren, die er schon seit einiger Zeit nicht mehr geschnitten hatte. Das Licht ließ seine dunkelblonden Locken bronzen schimmern. Unter seiner Tunika zeichneten sich seine kräftigen Schultern deutlich ab und das Spiel seiner angespannten Muskeln zeugte vom täglichen Umgang mit den Waffen.

      Fast drei Tage waren sie ununterbrochen im Sattel gewesen, immer gegenwärtig, von den Häschern des Magdeburger Erzbischofs aufgehalten zu werden. Doch ihre Reise nach Mücheln war ohne Zwischenfälle verlaufen. Am frühen Morgen hatten sie unter Umwegen das Ordenshaus erreicht. Das Tor war fest verschlossen gewesen und es dauerte eine ganze Weile, bis der Bruder Schließer auf ihr lautes Klopfen hin eine kleine Tür einen Spalt weit öffnete.

      Vollkommen erschöpft ließen sich die Männer aus dem Sattel gleiten, Rudger strauchelte leicht. Die Müdigkeit drohte ihn zu überwältigen. Seit vier Nächten hatte er fast nicht geschlafen.

      Der alte Ordensbruder erkannte den jungen Ritter sofort. Bereits nach wenigen Minuten war Gero im Hof erschienen. Erstaunen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Mit knappen Worten hatten ihm die jungen Templer von den Geschehnissen in Frankreich berichtet. Bestürzt bat Gero sie in seine Kammer, wo sie ihm dann nochmals in allen Einzelheiten Rede und Antwort stehen mussten, soweit sie überhaupt dazu in der Lage waren.

      Später hatten sie sich einige Stunden im Schlafsaal der Ritter niedergelegt. Doch schon bald erwachte Rudger wieder aus einem unruhigen Schlaf. Er hatte seinen Mantel übergeworfen und sich in die Kapelle geschlichen.

      Leise Schritte erklangen hinter ihm. Rudger wandte den Kopf nach hinten. Als er Gero auf sich zukommen sah, erhob er sich. Der alte Bruder lächelte ihn wohlwollend an. Seine ergrauten Haare waren immer noch erstaunlich dicht, auch wenn er sie sehr kurz geschnitten trug. Hochgewachsen und hager war er nur wenige Zentimeter kleiner als sein jüngerer Ordensgefährte. Um seinen Mund und seine Augen zeichneten sich sichtbare Falten ab, die von einem entbehrungsreichen Leben kündeten. Trotz seiner scharf geschnittenen Züge strahlte sein Gesicht eine ruhige Würde aus und sein offener, freundlicher Blick brachte ihm die Sympathien der meisten seiner Mitbrüder ein.

      „Es ist wahrlich schreckliche Kunde, die ihr uns gebracht habt, mein junger Bruder. Doch längst habe ich dieses Schicksal für unseren Orden kommen