nieder und erbauten dem Apollo eine Bildsäule, der eine Maus, was in äolischer Mundart Smintha
bedeutet, zu Füßen lag.
Diesem Apollo Smintheus, der seinen Tempel nicht weit von Chryse auf einer Anhöhe stehen hatte,
ward nun unter Palamedes' Anführung von seinem Priester Chryses eine Hekatombe oder
Hundertzahl heiliger Schafe geopfert. Die Ehre, die dem Palamedes durch die Anordnung Apollos
selbst widerfuhr, beschleunigte seinen Untergang. Denn in Odysseus' sonst nicht unedlem Gemüte
gewann jetzt ganz der Neid die Oberhand, und er sann auf eine fluchwürdige List, durch welche er
dem edlen Manne den Untergang bereitete. Er verbarg eigenhändig in tiefster Heimlichkeit eine
Summe Geldes in dem Zelt des Palamedes. Dann schrieb er im Namen des Priamos einen Brief an
den griechischen Helden, in welchem dieser von überschicktem Gelde sprach und dem Palamedes
seinen Dank ausdrückte, daß derselbe ihm das Heer der Griechen verraten habe. Dieser Brief wurde
einem phrygischen Gefangenen in die Hände gespielt, bei demselben sodann von Odysseus entdeckt
und der unschuldige Träger auf seine Veranstaltung sofort auf der Stelle niedergemacht. Den Brief
zeigte Odysseus vor der Fürstenversammlung im griechischen Lager. Palamedes wurde von den
entrüsteten Häuptern der Danaer vor einen Kriegsrat gestellt, welchen Agamemnon aus den
vornehmsten Fürsten zusammensetzte und in welchem Odysseus sich den Vorsitz zu verschaffen
wußte; auf seine Veranlassung ward im Zelte des Beschuldigten geforscht, endlich nachgegraben und
so die Summe Goldes, die der trügerische Odysseus dort versteckt hatte, unter seiner Lagerstätte
aufgefunden. Die Richter, nichts vom wahren Vorgang der Sache ahnend, sprachen einstimmig das
Todesurteil aus. Palamedes würdigte sie keiner Selbstverteidigung: er durchschaute den Trug, aber er
hatte keine Hoffnung, Beweise seiner Unschuld sowie der Schuld seines Gegners vorzubringen. Als
daher das Urteil gefällt war, das auf Steinigung lautete, brach er nur in die Worte aus: »O ihr
Griechen, ihr tötet die gelehrteste, die unschuldigste, die gesangreichste Nachtigall!« Die
verblendeten Fürsten lachten über diese Verteidigung und führten den edelsten Mann im
griechischen Heere zum unbarmherzigsten Tode fort, den er mit heldenmütiger Standhaftigkeit
ertrug. Als ihn schon die ersten Steinwürfe niedergeschmettert hatten, brach er in die Worte aus:
»Freue dich, Wahrheit, du bist vor mir gestorben!« Als er diese Worte gesprochen, fuhr ihm, von
Odysseus' rachsüchtiger Hand geschleudert, ein Stein an die Schläfe, daß er umsank und starb. Aber
Nemesis, die Göttin der Gerechtigkeit, schaute vom Himmel herab und beschloß, den Griechen und
ihrem Verführer Odysseus noch am Ziel ihrer Taten den Frevel zu vergelten.
Taten des Achill und Ajax
Von den nächsten Kriegsjahren vor Troja erzählt die Sage nichts Ausführliches. Die Griechen lagen
nicht untätig vor Troja, da aber die Bewohner dieser Stadt ihre Kräfte schonten und selten Ausfälle
machten, so wandten die Danaer ihre Macht gegen die Umgegend. Achill zerstörte und plünderte
allmählich zwölf Städte mit seiner Flotte, elf nahm er zu Lande ein. Dem Priester Chryses führte er
auf einem Streifzuge nach Mysien seine schöne Tochter Astynome oder Chrysëis gefangen fort. Bei
der Einnahme von Lyrnessos überfiel er den Palast des Königes oder Priesters Brises, der in der
Verzweiflung den Strick um den Hals schlang und sich den Tod gab. Sein holdseliges Kind Brisëis oder
Hippodameia wurde dem Sieger zuteil, und er führte sie als eine Liebslingsbeute ins griechische Lager
mit sich davon. Auch die Insel Lesbos und die Stadt Theben in Kilikien, am Fuße des Berges Plakos
gegründet, unterlagen seinen Angriffen. In der letztern Stadt herrschte der Eidam des Königes
Priamos, der König Eëtion, dessen Tochter Andromache mit dem tapfersten Helden Trojas, mit
Hektor, vermählt war. Sieben blühende Söhne wuchsen noch in seinem Königshause. Da kam Achill,
stürmte die hochragenden Tore der Stadt und erschlug den König mit den sieben Söhnen. Als der
Leichnam des hohen Fürsten, der von herrlicher, Ehrfurcht gebietender Gestalt war, vor dem jungen
Helden ausgestreckt lag, bemächtigte sich desselben ein Grauen und eine Scheu, und er wagte es
nicht, den Liegenden der Waffen zu berauben und sich dieselben als rühmliche Siegesbeute
anzueignen. Er verbrannte daher den Leichnam zur ehrlichen Bestattung im vollen, kunstreich
gearbeiteten Waffengeschmeide und türmte ihm ein mächtiges Denkmal auf, das noch lange, von
hohen Ulmen umschattet, die Gegend schmückte. Die Gemahlin des Königes, die Mutter
Andromaches, führte er mit sich fort in die Sklaverei; doch gab er sie später gegen ein reiches
Lösegeld frei, und sie kehrte nach der Heimat zurück, wo ein Pfeil der Göttin Artemis sie am
Webstuhl traf und tötete. Aus dem Stalle des Königes führte Achill sein treffliches Pferd, Pedasos
genannt, mit sich fort, das, obwohl sterblich gezeugt, es doch an Kraft und Schnelligkeit seinen
eigenen unsterblichen Rossen gleichtat und mit ihnen um die Wette am Wagen einherlief; aus der
Rüstkammer des Königes Eëtion aber nahm er viel andere Herrlichkeiten mit, unter andern auch eine
ungeheure eiserne Wurfscheibe, so groß, daß sie einem Bauer fünf Jahre lang Eisen zu seinem
Ackergeräte würde gegeben haben.
Nächst Achill war der tapferste und riesigste Held unter den Griechen der Telamonsohn Ajax. Auch er
feierte nicht. Er führte seinen Schiffszug nach der thrakischen Halbinsel, wo die Königsburg
Polymnestors prangte. Diesem hatte der König Priamos von Troja seinen jüngsten Sohn Polydoros,
den er mit der Laothoë, einem Kebsweibe, gezeugt hatte, zur Pflege übersandt und dadurch seinen
Liebling dem Waffendienst entzogen, auch dem thrakischen Könige zur Beköstigung des Kindes Gold
und Kostbarkeiten genug übergeben. Dieser Schätze und des ihm anvertrauten Unterpfandes
bediente sich nun der treulose Barbar, als sein Land von dem Helden Ajax überfallen und seine Burg
belagert wurde, den Frieden zu erkaufen; er verleugnete seine Freundschaft mit dem Könige
Priamos, verfluchte ihn, teilte Geld und Getreide, das er zur Nahrung des Knaben von ihm
empfangen, unter die griechischen Streiter aus; dem Ajax selbst aber überlieferte er das Gold und
alle Kostbarkeiten seines Verbündeten und endlich den Knaben Polydoros selbst.
Ajax kehrte mit seiner Beute nicht sogleich zum griechischen Schiffslager zurück, sondern wandte
sich auf seinen Schiffen nach der phrygischen Küste. Dort griff er das Reich des Königes Teuthras an,
tötete den König, der ihm an der Spitze eines Heerhaufens entgegenzog, in der Schlacht und