Outback Todesriff. Manuela Martini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manuela Martini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742759511
Скачать книгу
das ist doch viel zu weit entfernt. Sie haben doch selbst gesagt, dass der Kopf sonst immer in der Nähe des Körpers war“, sagte er vorsichtig.

      „Dann ist es verdammt noch mal diesmal anders, soll ja vorkommen. Fordern Sie Verstärkung an!“, ordnete Shane an und ging zurück zum Wagen. Paddy stolperte hinter ihm her. „Einen Hut – können Sie mir einen Hut vorbeibringen?“, rief Talbot noch, doch niemand interessierte sich für ihn.

      „Wollen Sie noch die ganze Stadt umgraben lassen?“, japste Paddy, am Auto angekommen.

      „Wenn Sie es genau wissen wollen, Paddy: am liebsten ja!“ Shane ließ sich genervt auf den Beifahrersitz fallen. Paddy schnaubte, als er sich hinters Steuer quetschte.

      „Worauf warten Sie noch, Paddy? Hier im Auto werden Sie den Kopf bestimmt nicht finden.“ Paddy schnaubte wieder und sagte dann:

      „Ich weiß zwar nicht, wie es Ihnen geht, aber ich muss jetzt was zwischen die Kiemen kriegen!“

      „Dann schauen wir doch mal bei unserem Hauptverdächtigen vorbei.“

      Paddy glotzte Shane an und kratzte sich. „Und wer ist ... der Hauptverdächtige?“

      Shane grinste und setzte die Sonnenbrille auf.

      „Ihr Freund Billy.“ Er konnte sehen, wie Paddy die Klappe runterfiel.

      Billy Hendersons Motel lag am anderen Ende des Ortes. Es trug den irgendwie unpassenden Namen Stonewall und war wie eine Ranch im Blockhausstil erbaut.

      Shane erkannte im überdachten Restaurant mit roh gezimmerten Tischen und Bänken, Billys kompakten Rücken. Er schob gerade den Riegel des Kühlraums zurück. Rockmusik kam leise aus den Lautsprechern.

      „Billy!“, brüllte Paddy.

      Shane ließ seinen Blick über die nicht gerade rege besuchte Hotelanlage schweifen. Sie bestand aus einem eingezäunten, ovalen Pool und den üblichen aneinandergereihten Wohneinheiten und den Parkplätzen davor. Kein einziger Wagen parkte dort.

      „Yeah?“ Billy kam mit einem großen, schweren Beutel blutigen Fleischs hinter der Theke hervor. Das enge Muskelshirt machte ihn noch kompakter.

      „Seid ihr zum Helfen gekommen? Hier fällt zum Essen gleich ein ganzes Rudel hungriger Touristen ein“, keuchte er mit heiserer Stimme und drängte sich mit dem Fleisch an Shane vorbei. Im Mundwinkel steckte eine kurze selbstgedrehte Zigarette. Ohne den Akubra erschien sein mächtiger Schädel noch quadratischer. Billy warf den Beutel mit Schwung neben den großen Grill.

      „Ich dachte eher, Sie könnten mir helfen“, erwiderte Shane.

      „Wüsste nicht, wie.“ Shane fiel auf, dass Billy einen schnellen Blick zu Paddy warf, bevor er ein Messer aus dem Messerblock zog und den Beutel aufschnitt. Blut tropfte auf den Steinboden.

      „Wenn Sie noch immer auf diesem verfluchten Stück Land rumhacken wollen, wo die Arbeiter den Toten gefunden haben, und das zufällig mir gehört, dann hab ich nichts Neues für Sie.“ Er drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus und begann dann mit präzisen Bewegungen, das Fleisch in dicke, gleichmäßige Scheiben zu schneiden. „Das hat Ihnen Paddy sicher auch schon gesteckt.“

      „Klar, Billy, ich hab ihm erklärt, dass er bei dir auf dem Holzweg ist“, bei diesen Worten grinste Paddy.

      „Ich sag Ihnen eins, Detective“, Billy hörte auf zu schneiden, seine Hals- und Nackenmuskeln wölbten sich, die Spitze des Fleischermessers zeigte auf Shanes Bauch, „der Busch, der lebt nur, weil Leute wie ich sich abrackern. Ohne uns wär der ganze verfluchte Kontinent nur eine schmale Linie entlang der Küste.“ Er ließ das Messer sinken, „und keiner wäre je bisher gekommen, hätte Gold gefunden, Zinn und Saphire und all die verfluchten Bodenschätze, die Sie nach Asien verscherbeln. Australien wäre ohne uns ein Scheißdreck!“ Er wischte sich die Hände ab. „Und dann kommen so Typen wie Sie aus ihren klimatisierten Büros in den Hochhäusern an der Küste und beschuldigen Leute wie mich, einen umgebracht zu haben, nur weil ich in dieses verschlafene Kaff ein bisschen Leben reinbringen will! Komm schon, Paddy, sag ihm, dass es so ist!“

      Paddy wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      „Sicher ist es so.“

      Shane sah von einem zum anderen.

      „Wenn hier einer Stunk macht“, begann Billy wieder und stemmte die Arme in die Hüften, „dann sind das die verdammten Blackfellows. Die wollen nicht arbeiten. Wir hatten ein Zimmermädchen, das fehlte immer, wenn es was zu tun gab. Die kriegen ihre Unterstützung vom Staat und wir sind blöd und schuften.“ Ein Anfall seines Raucherhustens unterbrach seinen Redefluss. „Das Grundstück gehört mir. Der Native Title wurde nicht beantragt. Es wäre auch nie erfolgreich gewesen. Es leben ja nur noch zwei aus dem Clan.“

      „Ich hab Sie nicht beschuldigt, Billy.“ Shane lächelte. „Warum also regen Sie sich so auf? Und ich frage mich, warum hier alle so aggressiv auf die Aborigines reagieren.“

      Wieder ein schneller Blick zwischen Paddy und Billy. Shane ahnte, dass er doch nicht ganz auf dem Holzweg war.

      „Also, Detective, ich hab ´ne Menge zu tun“, sagte Billy, „in zwei Stunden kippt ein Bus hier sechzig Touristen aus, weil das Restaurant in Charleville geschlossen hat. Wenn das neue Motel steht, dann zieh ich das mit den Barbecues größer auf, da wird viel mehr los sein.“ Er schnitt weiter Steaks und seine Bewegungen erschienen Shane regelrecht zärtlich.

      „Dann wird der gute Morgan auch nicht darum herum kommen, bei dir seine Barbecues zu veranstalten!“, lachte Paddy, doch Billys Blick verdüsterte sich.

      „Morgan?“, hakte Shane nach.

      „Ja“, plapperte Paddy, der Billys Blick nicht gemerkt hatte, gutgelaunt weiter. „Guter Typ von der Whole Nation Party. Sein Bruder führt die Farm weiter. Die größte übrigens hier. Alter Familien ...“

      „Es reicht, Paddy!“, herrschte Billy den Polizisten an, der daraufhin sofort verstummte und entschuldigend grinste.

      „Haben Sie ein Problem mit den Morgans?“, fragte Shane. Billy richtete sich auf. Blut tropfte vom Messer und von seinen Händen.

      „Paddy rührt alte Geschichten auf“, knurrte er.

      „Was für Geschichten?“

      „Bullshit, alles Bullshit. Ich hab jetzt zu tun. Löchern Sie Paddy mit dem Zeug.“ Billy ließ sie einfach stehen und verschwand im Kühlraum.

      Wenn ich nur wüsste, wonach ich suche, dachte Shane, als sie wieder im Auto saßen. Als sie am Pub vorbeifuhren, bemerkte Shane einen massigen Aborigine, dessen Blick sich in Shanes Augen bohrte.

      Kapitel 3

       Moodroo

      Moodroo sah dem Rauch nach. Der Wind der letzten Tage hatte sich gelegt. Jetzt war es fast windstill. Er hatte sie an den Augen erkannt. Als sie plötzlich mit diesem Weißen vor ihm gestanden hatte. Dabei war sie schon nicht mehr dagewesen, als er geboren wurde. Ihre Augen waren Känguru-Augen, groß, braun und ängstlich. Moodroo sah hinauf in den Himmel. Die dicken Wolken hingen über der Stadt. Hinten, wo die kleine Straße von der Hauptstraße abzweigte, war er geboren worden. Dort, wo jetzt der Parkplatz war. Die Minengesellschaft hatte damals doch nichts gefunden. Wenn Moodroo länger hinsah, konnte er sie immer noch erkennen: die Hütten, seine Mutter, die Tanten und die anderen Kinder. Sie waren noch da. Es war Land der Ahnen und damit auch sein Land.

      Warum mussten sie ausgerechnet dort ein Motel mit Spielautomaten hinstellen? Als hätten sie anderswo nicht genug Platz dafür. Der Geist geht dahin zurück, woher er gekommen ist. Der Parkplatz war zum Danger-Platz geworden. Warum war niemand mehr da, der Bescheid wusste?

      Sie war mit dem Weißen gekommen und hatte gefragt, ob sie für ein paar Wochen bei ihm, Moodroo, wohnen könnte. Sie hatte ab und zu gekocht. Sie redete nicht viel, sie war anders. Wie