Outback Todesriff. Manuela Martini. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manuela Martini
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742759511
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schnauzte Billy und begann, sich eine neue Zigarette zu drehen.

      „Aber davon habt ihr in der Stadt ja keine Ahnung! Ihr seid fein raus, habt einfach beschlossen, dass eure Städte, Gärten und Häuser von den Aborigines nicht wieder zurückverlangt werden dürfen. Clever! Aber uns lasst ihr hängen! Scheißregierung!“

      „Billy, ich erwarte Sie morgen um zehn in der Polizeistation. Da erklären Sie mir das nochmal.“

      Billy Henderson neigte den Kopf und sah Shane aus schmalen Augen an.

      „Hören Sie, ich erkläre es Ihnen auch gern hier und jetzt.“ Er stand jetzt breitbeinig vor Shane. „Hier kommt ´n Bowling Club hin, mit Spielautomaten, Bar, Restaurant und ´n paar schicken Zimmern. Und das alles auf meinem Grundstück.“ Er sah Shane noch kurz in die Augen, dann stapfte er zu einem Toyota Landcruiser, neuestes Modell.

      „Gehört die Stadt ihm?“ Shanes Laune näherte sich dem Nullpunkt.

      „Nein, nur das Motel“, knurrte Paddy.

      „Etwa ein Fünf-Sterne-Schuppen?“ Er hörte nicht mehr, ob Paddy etwas erwiderte.

      „Sind Sie der Detective?“ Er sah auf dunkelrote ungeschminkte Lippen. Die Gerichtsmedizinerin hatte ihr Arme in die Hüften gestemmt. Für eine Asiatin war sie groß.

      „Eliza Lee.“

      „Shane O’Connor“, erwiderte er so desinteressiert wie möglich, „habe Sie noch nie gesehen.“ Er schaute an ihr vorbei, doch ihm entging nicht, dass sie ihren Mund spöttisch verzog.

      „Tja, ich Sie auch noch nicht.“ Ihre Stimme fiel ihm auf, samtig, dunkel. „Sind Sie gestürzt?“ Sie deutete auf seine aufgeplatzte Lippe. Das hatte er schon vergessen.

      „Nein.“

      „Haben Ihre Augen auch was abgekriegt?“

      „Wieso?“ fragte er irritiert.

      „Was verstecken Sie denn sonst hinter ihren schwarzen Panzergläsern?“

      Reflexartig nahm Shane die Sonnenbrille ab und hätte sich im gleichen Moment dafür ohrfeigen können.

      „Ah“, sie lächelte spöttisch und Shane setzte hastig die Sonnenbrille wieder auf.

      „Wie ich schon nach Brisbane berichtet habe“, sagte sie nun sachlich, „handelt es sich nicht wie in den vorangegangen Fällen um eine weibliche, sondern um eine männliche Leiche, die enthauptet wurde. Außerdem fehlt wahrscheinlich der Stich in den Bauch. Das Opfer hatte übrigens einen Waden- und Schienbeinbruch links.“ Sie drehte sich um.

      „Wieso sollte plötzlich ein Frauenmörder einen Mann umbringen“, warf Paddy ein, „und wo ist der verdammte Kopf? Wie ich mitbekommen habe, waren Kopf und Klamotten bei den anderen Fällen immer in der Nähe vergraben, hab ich Recht? Also, ganz ehrlich, ich würde Ihnen nicht raten, den ganzen Platz aufreißen zu lassen. Da hat Billy Henderson sicher was dagegen.“

      Shane ärgerte sich, dass die Gerichtsmedizinerin ihn so einfach hatte stehen lassen. Er wandte sich zu Paddy:

      „Eins merken Sie sich: Ob Billy oder sonst irgendjemand irgendetwas gegen die Art meiner Ermittlungen hat, ist mir verdammt egal. Der Parkplatz wird aufgerissen. Und zwar der ganze!“ Er sah sich um. „Und wo kann ich hier wohnen? Ich kann mich nicht entscheiden, Paddy, ob im Hilton oder im Hyatt. Was würden Sie mir empfehlen?“

      „Die Zimmer im Pub sind ganz in Ordnung“, antwortete Paddy Dunegal trocken. Bestimmt, dachte Shane. Er konnte sie sich schon vorstellen.

      Paddy drückte die Schwingtür des Coocooloora-Pubs auf. Countrymusik jammerte aus den Boxen, Spielautomaten fiepten, Männer mit Hüten lehnten an der Theke. Die Luft roch nach Fett, Zwiebeln, Zigaretten und Bier. Genauso hatte es sich Shane vorgestellt.

      „Hi, Paddy! Das ist ja ´ne Geschichte, und das bei uns!“, rief die Frau hinter der Theke, eine blasse Mittfünfzigerin mit fettigem Haar.

      „Der Frauenkiller hier bei uns! Ich hab schon den ganzen Tag ´ne Gänsehaut!“

      „Hi, Kate!“ Dunegal hob die Hand zum Gruß. „Das war nicht der Frauenkiller, diesmal hat es einen Mann erwischt.“

      „Oh, Gott, jetzt ist ja keiner von uns mehr sicher!“, Kate stieß einen lauten Seufzer aus, um dann gleich wieder sachlich zu fragen:

      „Was darf es sein? Steaks oder Hamburger?“

      „Für mich ´en Steak und ´en Bier, Kate. Den Hamburger hatte ich die letzten beiden Male. Man soll sich ja schließlich abwechslungsreich ernähren.“ Paddy klopfte auf seinen Bauch.

      „Und für Sie?“, wandte sich Kate an Shane. „Sie sehen so aus, als hätten Sie was Kräftiges nötig. Die Steaks sind zart.“

      „Das will ich hoffen!“, meinte Paddy lachend und ging zu einem Tisch, „letztes Mal sind mir beinahe die Zähne drin stecken geblieben. Das ist übrigens Detective Shane O’Connor, direkt aus Brisbane! Benehmt euch ´en bisschen, Leute, damit er keine schlimmen Gerüchte von uns Bushies in die Welt setzt.“

      „Hallo, Detective!“, schnurrte Kate. „Also?“

      „Ich nehm auch das Steak“, sagte Shane und Kate strahlte ihn an, „und eine Cola.“ Er setzte sich zu Dunegal an den Tisch.

      „Diese ganze Stimmungsmache gegen das Cholesterin!“, fing Paddy an, „ich sag immer, an irgendwas muss man ja sterben! Dann doch lieber an ´nem Herzschlag als an Krebs.“ Kate brachte die Getränke und Paddy nahm einen Schluck.

      „Meine Frau hat stets drauf geachtet, dass ich nichts Falsches gegessen habe. Paddy, keine Steaks mehr!, hat sie gesagt, und die Pommes sind auch tabu!“ Er lachte kurz. „Dann ist sie zuerst gestorben – vor mir. Dabei war sie nie krank. Lungenkrebs.“ Er trank das Bier aus, „hat ihr Leben lang keine Zigarette angerührt.“ Er sah ins leere Glas und Shane fürchtete eine Lebensbeichte.

      „Es hat nicht so lange gedauert, aber, wissen Sie, danach bin ich aus der Kirche ausgetreten. Wenn es einen Gott gibt, dann kann er so ein Leid nicht zulassen.“ Paddy schüttelte den Kopf. „Ach, reden wir von was anderem! Von fremden Toten. Fällt leichter.“

      „Sind Sie schon lang hier?“, fragte Shane.

      „Das kann man wohl sagen. Letztes Jahr hatte ich mein fünfunddreißigjähriges Jubiläum.“

      „Nie ´ne Versetzung?“

      „Doch! Bin schon rumgekommen, aber nachdem meine Frau tot war, wollte ich hierhin zurück. Tja, und seit sieben Jahren bin ich wieder hier. Gefällt mir hier. Ist alles meine Familie. Meine Tochter ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mein Sohn studiert in Melbourne Literatur. Haben Sie Kinder? Kate, noch ´n Bier – zwei Bier!“

      „Nein, für mich noch ´ne Cola“, sagte Shane und antwortete schneller als er wollte: „Ich habe eine Tochter, aber sie lebt bei ihrer Mutter.“ Shane registrierte Widerwillen, Paddy etwas über sein Leben zu erzählen.

      „Hm, ja, ja, das ist schon was mit den Kindern. Da freut man sich, wenn sie größer werden und man ihnen was beibringen kann, und dann wollen sie nichts mehr von einem wissen, werden einem ganz fremd.“ Paddy schwitzte. Er wischte sich die Stirn und den Nacken mit einem Taschentuch ab, das fast so groß wie ein Handtuch war.

      „So, Achtung, heiß!“ Kate brachte die Steaks. „Guten Appetit!“ Sie senkte die Stimme: „Weiß man denn schon, wer der Tote ist?“ Schnell warf sie ein paar Blicke um sich, und sprach noch leiser: „Und der Mörder – meinen Sie etwa, es war jemand von hier?“

      Bevor Shane etwas sagen konnte schüttelte Paddy den Kopf.

      „Ich wette, dass der Kerl mit der Leiche im Auto durch den Ort gefahren ist und gedacht hat, das ist ´n guter Platz, da am Ende der Stadt. Da wird nie jemand was finden. Reiner Zufall, dass der da vorbeigekommen ist. Der Mörder ist keiner von uns. Ich kenne hier alle in- und auswendig.“ Dunegal kaute und schwitzte. „Kate, das