245
Im Allgemeinen hat der Eigentümer, der nicht zugleich Partei des Sicherungsvertrages mit dem Gläubiger ist, aber aus dem im Deckungsverhältnis begründeten Sicherungsauftrag (oben Rn. 67) Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den persönlichen Schuldner, wenn er den Gläubiger befriedigt. Die Grundschuld gebührt weder diesem noch dem persönlichen Schuldner. Aus dem Sicherungsauftrag erwächst deshalb die Pflicht des persönlichen Schuldners, den Anspruch auf Rückübertragung an den Eigentümer abzutreten, der auf diesem Wege zu einer Eigentümergrundschuld kommt. Ein solcher Anspruch kann auch entstehen, wenn der Eigentümer ein bereits grundschuldbelastetes Grundstück erwarb (nachf. Rn. 381).
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(3) Die Rechte aus dem Sicherungsvertrag nützen dem Eigentümer ebenfalls zunächst nichts, auch wenn er zwar selbst und nicht der persönliche Schuldner, aber der Grundschuldgläubiger nicht zugleich Partei des Sicherungsvertrages ist. Dieser Fall tritt ein (vorst. Rn. 223), wenn der ursprüngliche Gläubiger die Grundschuld auf einen anderen übertragen hatte und der neue Gläubiger nicht in schuldrechtliche Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag eingetreten war[28]. In diesem Fall ist nur der ursprüngliche Gläubiger noch Partei des Sicherungsvertrages. Gleichwohl muss der Eigentümer nicht fürchten, trotz Leistung auf die Forderung vom neuen Gläubiger aus der Grundschuld in Anspruch genommen zu werden. Das folgt aus §§ 1169, 1157 Satz 1, 1192 Abs. 1 BGB. In § 1169 ist bestimmt, dass der Eigentümer vom Gläubiger Verzicht auf das Grundpfandrecht dann verlangen kann, wenn dem Eigentümer eine Einrede zusteht, durch die die Geltendmachung des Grundpfandrechts dauernd ausgeschlossen ist (nachf. Rn. 368, statt des Verzichts kann der Eigentümer auch hier – vorst. Rn. 196 – nach seiner Wahl Löschung oder Rückgewähr der Grundschuld an sich selbst verlangen). Eine derartige peremptorische Einrede aber besteht im Verhältnis zwischen ursprünglichem Gläubiger und Eigentümer aus dem Sicherungsvertrag bzw. aus § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB (condictio causa data causa non secuta). Sie liegt darin, dass gegenüber dem Grundschuldzedenten der Rückübertragungsanspruch besteht, den dieser aber nicht mehr erfüllen kann, weil er die Grundschuld nicht mehr hat, sodass das an sich dilatorische Zurückbehaltungsrecht des Eigentümers (nachf. Rn. 286) gegen den Verwertungsanspruch peremptorisch geworden ist. Diese gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger, dem Grundschuldzedenten, begründete Einrede kann gem. § 1157 Satz 1 auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden[29], sogar dann, wenn er bezüglich der Einrede gutgläubig war, da § 1157 Satz 2 BGB gem. § 1192 Abs. 1a Satz 1, 2. Halbsatz BGB keine Anwendung findet (dazu nachf. Rn. 283 ff. und 333). Der Eigentümer braucht also nicht an den neuen Grundschuldgläubiger zu leisten (zur Unanwendbarkeit von § 1157 für den Ersteher eines Grundstücks mit bestehen gebliebener Grundschuld unten Rn. 486).
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Die gegenüber dem Grundschuldzessionar bestehende peremptorische Einrede aus dem Rechtsverhältnis des Eigentümers zum Grundschuldzedenten begründet nunmehr den Anspruch auf Verzicht aus § 1169 gegenüber dem Grundschuldzessionar[30].
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Der Anspruch auf Verzicht aus § 1169 ist ebenso wie der Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld (vorst. Rn. 215) abtretbar[31].
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(4) Der die Drittschuld sichernde Eigentümer braucht nicht der einzige Sicherungsgeber zu sein. Vielmehr kann der persönliche Schuldner noch andere Verbindlichkeiten beim Gläubiger haben, die nicht durch die Grundschuld gesichert sind. In diesem Fall kann der Grundeigentümer im Allgemeinen nicht verlangen, dass eine Leistung des Schuldners an den Gläubiger gerade auf die durch die Grundschuld gesicherte Forderung angerechnet wird und nicht auf andere, nicht durch die Grundschuld gesicherte Forderungen[32]. Anders gewendet: Der Grundeigentümer kann nicht verlangen, dass die Leistung des Kreditnehmers als persönlichem Schuldner den Fortfall des Sicherungszwecks der ihn belastenden Grundschuld bewirkt und den Rückübertragungsanspruch auslöst[33], vielmehr hat der Sicherungsnehmer unter mehreren Sicherheiten bis zur Grenze von § 242 BGB die Wahl (so auch Nr. 17 Abs. 1 AGB-Banken, Nr. 22 Abs. 2 AGB-Sparkassen; s. auch unten Rn. 1321). Deshalb bedarf es auch keines Deckungsgesamtplans[34] (näher unten Rn. 1219). Gleichermaßen kann der Gläubiger die Grundschuld, wenn sie mehrere Forderungen verschiedener Schuldner sichert, für eine dieser Forderungen verwerten, ohne auf die anderen Schuldner Rücksicht nehmen zu müssen, vorbehaltlich einer entgegenstehenden Vereinbarung[35].
250
(5) Die Interzession kann durch die Grundsätze über Darlehen des Gesellschafters einer GmbH oder einer anderen Kapitalgesellschaft, gleichermaßen einer GmbH & Co.KG[36] überlagert sein[37] (vorst. Rn. 148 und unten Rn. 1135 ff. zur kapitalersetzenden Bürgschaft). Bestellt der Gesellschafter an seinem Grundstück eine Grundschuld für ein Darlehen an die GmbH, ist diese Rechtshandlung gem. § 135 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 InsO in der Insolvenz der Gesellschaft anfechtbar mit der Folge, dass der Gesellschafter die Valuta, soweit das Grundstück dafür haftete, gem. § 143 Abs. 3 InsO an die Masse zu erstatten hat (siehe auch unten Rn. 520). Gem. § 143 Abs. 3 InsO kann der Gesellschafter statt dessen die Grundschuld zur Verfügung stellen, indem er seinen Rückübertragungsanspruch an die Gesellschaft abtritt.
251
(6) Ist streitig, wer Partei des Sicherungsvertrags ist, trägt derjenige die Beweislast, der aus der Parteistellung Rechte für sich herleitet. Erhebt der Eigentümer beispielsweise gegenüber einem klagenden Grundschuldzessionar die Einrede des Verzichts nach §§ 1157 Satz 1, 1169, hat er darzulegen und im gegebenen Falle zu beweisen, dass der Grundschuldzedent und nicht der Zessionar Partei des Sicherungsvertrags ist (vorst. Rn. 246); bei einem non liquet wäre an eine Widerklage auf Rückübertragung der Grundschuld (Rn. 241) zu denken.
252
(7) Wer ein grundschuldbelastetes Grundstück erwirbt, aber nicht in den Sicherungsvertrag eintritt oder nicht weitergehende Absprachen im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb trifft oder sich den Rückübertragungsanspruch – typischerweise stillschweigend – nicht abtreten lässt[38] und die gesicherte Forderung tilgt, hat keinen Rückübertragungsanspruch. Sein Grundstück bleibt folglich grundschuldbelastet; er ist auf Regressansprüche verwiesen (nachf. Rn. 266).
253
(8) Es gibt Wege, die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich aus der Übertragung der Grundschuld ohne Eintritt in den Sicherungsvertrag ergeben. Der Eigentümer kann seinen Rückübertragungsanspruch dadurch sichern, dass er mit der Bank das Verbot vereinbart, über die Grundschuld zu verfügen; dieses Verfügungsverbot wirkt aber gem. § 137 BGB nur schuldrechtlich unter den Parteien[39] (unten Rn. 1507). Allerdings wird vertreten, dass die Abtretbarkeit von Grundpfandrechten als Inhaltsänderung nach § 877 BGB mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen