41
Die Beschaffenheitsgarantie iS des § 443 Abs. 1 muss vor allem von der Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 unterschieden werden, durch die die Sollbeschaffenheit der verkauften Sache – als Maßstab für das Vorliegen eines Mangels – festgelegt wird (s. o. § 4 Rn 13 ff). Der Unterschied zwischen beiden Abreden liegt vor allem in der strengeren, weil verschuldensunabhängigen Haftung des Verkäufers bei einem Verstoß gegen eine Beschaffenheitsgarantie iS des § 443[119].
42
Bedeutung besitzen Beschaffenheitsgarantien insbesondere im Kraftfahrzeughandel, weil hier der Käufer typischerweise besonders schutzbedürftig ist, so dass die Gerichte hier oft eine besondere Großzügigkeit bei der Annahme von Garantien an den Tag legen. So enthält z. B. der Verkauf eines „Neuwagens“ gewöhnlich die Garantie der Fabrikneuheit des Fahrzeugs[120]. Macht der Käufer den Abschluss ausdrücklich vom Vorhandensein bestimmter Eigenschaften des Fahrzeugs abhängig, so werden ihm diese ebenfalls in der Regel (konkludent) garantiert[121]. Besonders großzügig verfährt die Rechtsprechung schließlich bei der Annahme von Garantien vielfach mit Rücksicht auf die hier nochmals gesteigerte Schutzbedürftigkeit des Käufers im Gebrauchtwagenhandel. So wird etwa häufig bereits in der bloßen Marken- oder Typbezeichnung eine Garantie zumindest derjenigen Eigenschaften des Fahrzeugs gesehen, von denen die abstrakte Betriebserlaubnis abhängt[122]. Dasselbe gilt für Angaben des Verkäufers über die bisherige Fahrleistung des Wagens, über dessen Alter oder über die Art der Vorbenutzung, vorausgesetzt, dass die Angaben von gewerblichen Gebrauchtwagenhändlern stammen, da die Käufer auf deren Angaben vertrauen können müssen.[123]
43
Von der Beschaffenheitsgarantie (Rn 42) muss, wie § 443 Abs. 2 zeigt, die Haltbarkeitsgarantie unterschieden werden, durch die der Verkäufer oder ein Dritter wie insbesondere der Hersteller (dieser im Wege einer selbstständigen Garantie, o. Rn 39) verspricht, dass die Sache für eine bestimmte Dauer die vereinbarte Beschaffenheit behält, dass z. B. während der ganzen Garantiefrist kein Sachmangel auftritt. In diesem Fall haftet der Verkäufer oder der Hersteller bereits, sofern nur der fragliche Mangel während der Garantiefrist auftritt, gleichgültig wann und deshalb gegebenenfalls auch erst nach Gefahrübergang. Hierher gehören vor allem die üblichen Herstellergarantien bei Kraftfahrzeugen. Für diese Fälle enthält das Gesetz in § 443 Abs. 2 ergänzend eine Regelung der Beweislast. Der Käufer muss danach nur beweisen, dass der fragliche Mangel unter die Garantie fällt und während der Garantiefrist aufgetreten ist, während es anschließend Sache des Verkäufers oder des Herstellers ist zu beweisen, dass der Sachmangel ausnahmsweise von der Garantie nicht gedeckt wird, etwa, weil er vom Käufer verschuldet ist[124]. Zusätzlich zu beachten bleibt in jedem Fall die besondere Formvorschrift für Garantien bei dem Verbrauchsgüterkauf in § 479 Abs. 1 und Abs. 2 von 2017, von deren Einhaltung indessen – im Interesse des Käuferschutzes – nicht die Wirksamkeit der Garantie abhängt (§ 479 Abs. 3).
Teil I Veräußerungsverträge › § 5 Rechte des Käufers › VIII. Verjährung
1. Nacherfüllung und Schadensersatz
44
Die Regelverjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers aus § 437 Nr 1 und Nr 3, insbesondere also für die Ansprüche auf Nacherfüllung und Schadenersatz bei Lieferung einer mangelhaften Sache, beträgt grundsätzlich zwei Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr 3).[125] Das gilt indessen allein für die Mängelansprüche des Käufers (s. die Überschrift des § 438). Bei allen anderen Ansprüchen der Parteien verbleibt es somit bei der Anwendbarkeit der §§ 195 und 197. Hervorzuheben sind die Erfüllungsansprüche beider Parteien sowie die auf andere Anspruchsgrundlagen gestützten Ersatzansprüche des Käufers wie z. B. Ansprüche aus cic, wegen der Verletzung von Nebenpflichten oder aus Delikt (s. auch Rn 47).
45
Von der regelmäßigen Verjährungsfrist von zwei Jahren für Mängelansprüche (§ 438 Abs. 1 Nr. 3; Rn 44) gibt es vor allem zwei Ausnahmen: Eine besonders lange Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt zunächst nach der Nr. 1 des § 438 Abs. 1, wenn der Mangel in dem dinglichen Recht eines Dritten besteht, aufgrund dessen der Dritte Herausgabe des Grundstücks verlangen kann (lit. a des § 438 Abs. 1), sowie bei sonstigen im Grundbuch eingetragenen Rechten (lit. b des § 438 Abs. 1); gleich steht der Fall, dass der Verkäufer gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, dem Käufer das Eigentum an der verkauften Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S. 1 und dazu schon o. § 4 Rn 35). Fünf Jahre beträgt die Verjährungsfrist dagegen mit Rücksicht auf die werkvertragliche Regelung der Verjährung (s. § 634a Abs. 1 Nr 2 von 2017) bei Bauwerken und in einer Reihe gleichstehender Fälle (§ 438 Abs. 1 Nr 2).
45a
Die Verjährungsfrist beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe und sonst (im Anschluss an § 477 aF) mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2. Man versteht darunter den Zeitpunkt, in dem die Kaufsache dergestalt in den unmittelbaren Besitz des Käufers gelangt, dass er sie untersuchen kann. Bei Hol- und Bringschulden ist dafür in aller Regel die Übergabe der Sache an den Käufer erforderlich[126], während es bei Schickschulden genügt, wenn die Sache dem Käufer am Bestimmungsort vertragsgemäß zur sofortigen Abholung zur Verfügung gestellt wird[127]. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen (dazu o. Rn 32 ff), so tritt außerdem nach Abs. 3 des § 438 an die Stelle der besonderen Verjährungsfristen des § 438 Abs. 1 Nrn 2 und 3 die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 (drei Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Käufer von der arglistigen Täuschung Kenntnis erlangt, § 199 Abs. 1 Nr 2).
46
Die geschilderte gesetzliche Regelung wirft besondere Probleme im Falle der Nacherfüllung auf. Zum Teil wird angenommen, dass die Nacherfüllung in Gestalt der Nachlieferung oder der Ablieferung der reparierten Sache eine neue Verjährungsfrist auslöse. Dagegen spricht indessen, dass die Folge eine Verdoppelung der Verjährungsfrist für den Verkäufer wäre. Auf der anderen Seite läuft der Käufer Gefahr, in eine „Verjährungsfalle“ zu geraten, wenn der Verkäufer bewusst die Nacherfüllung verschleppt. In dem zuletzt genannten Fall hilft dem Käufer wohl nur rechtzeitige Klageerhebung (§ 204 Nr 1). Treten die Parteien in Verhandlungen über die Nacherfüllung ein oder macht der Verkäufer sogar Versuche der Nacherfüllung, wenn auch möglicherweise vergeblich, so sollte außerdem zum Schutze des Käufers eine Hemmung der Verjährung analog