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Nicht erforderlich ist der Nachweis, dass das arglistige Verschweigen des Mangels für den Kaufentschluss des Käufers kausal war; Arglist des Verkäufers führt vielmehr in jedem Fall zur Unanwendbarkeit des Haftungsausschlusses[109]. Davon unberührt bleibt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen (s. § 444: „… soweit …“)[110]. Die Beweislast für die Arglist des Verkäufers trägt an sich der Käufer, der sich auf die Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses beruft.[111] Gleichwohl ist es bei einem entsprechenden Einwand des Käufers zunächst einmal Sache des Verkäufers darzulegen, ob und wie er gegebenenfalls seiner Aufklärungspflicht nachgekommen ist[112]. Bei Arglist des Verkäufers kann der Käufer außerdem anfechten (§ 123 Abs. 1) sowie Schadensersatz aus cic und aus Delikt verlangen (§§ 311 Abs. 2, 823 Abs. 2 und 826; s. u. Rn 50 ff). Zwischen den genannten Rechtsbehelfen hat der Käufer die Wahl; keiner schließt den anderen aus (s. u. Rn 50, 54).
3. Kenntnis des Käufers (§ 442)
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Nach § 442 Abs. 1 S. 1 hat der Verkäufer einen Sach- oder Rechtsmangel (ausnahmsweise) nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel schon bei Abschluss des Vertrages kennt. Dies deshalb, weil der Käufer widersprüchlich handelte, wenn er trotz des Vertragsabschlusses in Kenntnis des Mangels (mit dem er den Mangel im Grunde in Kauf nimmt) gleichwohl anschließend Gewährleistungsrechte geltend machte. Gleich steht nach § 442 Abs. 1 S. 2 der Fall, dass dem Käufer der Mangel nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, außer wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat (s. dazu schon o. Rn 32 ff) oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache, d. h. für ihre Freiheit von Sach- oder Rechtsmängeln übernommen hat (s. Rn 39). Weist die Sache mehrere Mängel auf, so ist die Haftung des Verkäufers nur hinsichtlich derjenigen Mängel ausgeschlossen, auf die sich tatsächlich die Kenntnis des Käufers erstreckt; wegen weiterer Mängel bleibt es bei der gesetzlichen Mängelhaftung des Verkäufers.[113] Außerdem beschränkt sich auch hinsichtlich der dem Käufer bekannten Mängel der Haftungsausschluss zum Schutze des Käufers auf dessen Rechte aus den §§ 437 ff, sodass sein Erfüllungsanspruch sowie die Rechte aus den §§ 320 bis 322 trotz seiner Kenntnis grundsätzlich unberührt bleiben[114].
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Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 442 ist der Umstand, dass den Käufer nach dem BGB anders als beim Handelskauf (s. § 377 HGB) weder eine Untersuchungs- noch eine Rügepflicht bei Mängeln trifft. Deshalb wird Kenntnis des Käufers iS des § 442 Abs. 1 S. 1 nur angenommen, wenn er den Mangel positiv kennt, während eine leicht fahrlässige Unkenntnis ebenso wenig wie – im Falle von Rechtsmängeln – die bloße Kenntnis der den Mangel begründenden Tatsachen ausreicht; der Käufer muss sich vielmehr, wenn § 442 Abs. 1 S. 1 anwendbar sein soll, über das Vorliegen eines Mangels und dessen Reichweite im klaren sein[115]. Gleich stehen grundsätzlich grobe Fahrlässigkeit des Käufers (§ 442 Abs. 1 S. 2) sowie der Fall, dass der Käufer bewusst das Risiko eingeht, es könne ein Mangel vorliegen[116]. Grobe Fahrlässigkeit schadet dem Käufer nur dann nicht, wenn der Verkäufer eine Beschaffenheitsgarantie iS des § 443 Abs. 1 übernommen hat (s. dazu u. Rn 39 ff) oder wenn er den Mangel arglistig verschwiegen hat (s. dazu schon o. Rn 32 ff). § 442 enthält eine den § 254 ausschließende Sonderregelung, sodass dem Käufer bei einfacher Fahrlässigkeit auch kein mitwirkendes Verschulden entgegengehalten werden kann[117].
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Abweichend von § 442 Abs. 1 BGB hat der Verkäufer Grundpfandrechte selbst dann zu beseitigen, wenn der Käufer diese Belastung kennt (§ 442 Abs. 2). Die Parteien können jedoch etwas anderes vereinbaren (§ 311 Abs. 1). Verbreitet ist insbesondere die Abrede, dass der Käufer die auf dem Grundstück ruhenden Grundpfandrechte in Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen soll.
4. Garantien
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Die Haftung des Verkäufers kann vertraglich nicht nur beschränkt, sondern auch erweitert werden (s. §§ 276 Abs. 1 S. 1, 311 Abs 1). Der wichtigste Fall ist die Übernahme einer Garantie im Sinne des § 443 durch den Verkäufer. Für den Verbrauchsgüterkauf findet sich aufgrund der Vorgaben der Richtlinie eine besondere Formvorschrift in § 479 (o. Rn 43). Die Reichweite von Garantien hängt ganz von den Abreden der Parteien ab (§ 311 Abs. 1). Man muss insbesondere selbstständige und unselbstständige Garantien sowie – unter einem anderen Aspekt – Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien unterscheiden. Der Unterschied zwischen selbstständigen und unselbstständigen Garantien besteht darin, dass die einen Bestandteile des Kaufvertrages sind, während die anderen selbstständig neben dem Kaufvertrag stehen. Dagegen geht es bei der Unterscheidung zwischen Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantien um den Zeitpunkt oder Zeitraum, auf den sich die Garantie bezieht: Während eine Beschaffenheitsgarantie dem Käufer die vertragsgemäße Beschaffenheit der Kaufsache gerade (und nur) bei Übergabe gewährleisten soll (Rn 41 f), bedeutet eine Haltbarkeitsgarantie nach § 443 Abs. 2, dass der Verkäufer oder ein Dritter eine Garantie dafür übernimmt, dass die Kaufsache für eine bestimmte Dauer, die so genannte Garantiefrist, eine bestimmte Beschaffenheit behält, dass maW in dieser Zeit keine Mängel auftreten (Rn 43). Eine besondere Rolle spielen derartige Garantien im Handel mit hochwertigen Gebrauchsgütern, insbesondere im Kraftfahrzeughandel. Die Verjährung von Ansprüchen aus einer Garantie richtet sich nach den §§ 195 und 197 und nicht etwa nach § 438.[118]
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Die Vorschrift des § 443 ist eine unnötig umständliche und wortreiche Regelung (nur) einzelner Aspekte der genannten Garantien. Der Sache nach besagt die komplizierte Regelung folgendes: Als Garantiegeber kommen nach § 443 Abs. 1 gleichermaßen der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in Betracht, wobei insbesondere an weitere Vertriebsunternehmen zu denken ist. Als Garantie bezeichnet das Gesetz in diesem Zusammenhang Erklärungen einer der genannten Personen, durch die sie zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung des Verkäufers nach den §§ 437 ff weitere Verpflichtungen für den Fall eingehen, dass die Kaufsache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung beschrieben sind (sog. Garantiefall). Gleich steht nach § 443 Abs. 1 HS 1 derartigen