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III. Nebenpflichten
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Aus jedem Vertrag können sich für die Parteien unterschiedliche Neben- und Nebenleistungspflichten ergeben (§§ 241 Abs. 2, 242). Die Haftung für die Verletzung dieser Pflichten richtet sich auch beim Kauf nach den allgemeinen Vorschriften (s. § 3 Rn 3). Gesetzlich geregelte Beispiele finden sich in den §§ 446 S. 2, 448 und 453 Abs. 2. Den Verkäufer treffen danach insbesondere die Übergabekosten (§ 448 Abs. 1) sowie beim Rechtskauf die Kosten der Begründung und der Übertragung des Rechts (§ 453 Abs. 2). Dagegen muss der Käufer ab Übergabe die Lasten tragen (§ 446 S. 2); dasselbe gilt für die Beurkundungs- und Grundbuchkosten (§ 448 Abs. 2) sowie beim Versendungskauf für die Versandkosten (§ 448 Abs. 1). Weitere Nebenpflichten können sich für beide Parteien je nach den Umständen des Falles aus den §§ 241 Abs. 2 und 242 ergeben. Besondere Bedeutung haben insoweit neben den mit jedem Vertrag verbundenen Schutz- und Fürsorgepflichten die Aufklärungs- und Informationspflichten des Verkäufers, etwa bei dem Verkauf komplizierter und gefährlicher Gerätschaften (s. u. § 5 Rn 46).
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IV. Rechtskauf
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Nach § 453 Abs. 1 finden die Vorschriften über den Kauf von Sachen (§§ 433 ff; o. Rn 1 ff) auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen wie z. B. Unternehmen entsprechende Anwendung. Ist ein Recht verkauft, das zum Besitz einer Sache berechtigt, so ist der Verkäufer außerdem verpflichtet, dem Käufer diese Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben (§ 453 Abs. 3; s. u. Rn 11). Beispiele für derartige Rechte sind das Wohnungsrecht (§ 1093), der Nießbrauch (§§ 1036, 1059), das Erbbaurecht sowie das Mietrecht, sofern ausnahmsweise übertragbar (§§ 535, 540).
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Die Haftung des Verkäufers für den Bestand des Rechts bei Vertragsabschluss richtet sich nach § 311a Abs. 2, sodass ihn heute (anders als früher, s. § 437 aF) keine Garantiehaftung mehr für den Bestand des Rechts trifft. Besteht das Recht zwar, ist es aber nicht übertragbar oder mit Rechten Dritter belastet, so handelt es sich um einen Rechtsmangel (§§ 453 Abs. 1, 435), sodass nach Übertragung des Rechts die besonderen Gewährleistungsregeln der §§ 437 ff eingreifen, während in der Zeit vor Übertragung des Rechts die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen anwendbar bleiben (s. u. § 4 Rn 33 ff).
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In besonderen Fallgestaltungen kommt ergänzend eine Anwendung der Vorschriften über Sachmängel in Betracht. Den ersten Fall hebt das Gesetz bereits selbst in § 453 Abs. 3 hervor, nach dem bei Verkauf eines Rechts, das zum Besitz einer Sache berechtigt (Rn 9), der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Kann z. B. der Erwerber eines Erbbaurechts infolge öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen nicht wie bei Vertragsabschluss vorausgesetzt bauen, so stehen ihm die Rechte wegen Sachmängeln zu (§§ 453 Abs. 3, 434, 437 ff)[6].
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Raum für die Anwendung der Vorschriften über Sachmängel ist ferner, wenn sich hinter dem Rechtskauf in Wirklichkeit ein Sachkauf verbirgt. Paradigma ist der Unternehmenskauf. Ein Unternehmen stellt im Regelfall eine Sachgesamtheit dar, d. h. einen Inbegriff von beweglichen und unbeweglichen Sachen, Rechten und Chancen. Solche Sachgesamtheiten können ebenso wie einzelne Sachen oder Rechte Gegenstand des Rechtsverkehrs sein (§ 453 Abs. 1; s. o. § 1 Rn 7 f). In der Praxis haben sich dafür zwei unterschiedliche Fallgestaltungen herausgebildet, je nachdem, ob Gegenstand des Vertrages das Unternehmen selbst („asset deal“) oder eine maßgebliche Beteiligung an der als Unternehmensträger fungierenden Gesellschaft ist („share deal“). Gleichgültig, welchen Weg die Parteien wählen, auf jeden Fall finden auf derartige Verträge nach § 453 Abs. 1 die §§ 434 ff über die Haftung des Verkäufers für Rechts- und Sachmängel „entsprechende Anwendung“ (s. o. Rn 11), soweit nicht die Parteien – wie in der Praxis weithin üblich – in dem Kaufvertrag umfangreiche abweichende Regelungen über die beiderseitigen Garantien und Haftungsausschlüsse getroffen haben.
Anmerkungen
BGHZ 174, S. 61 (69 f, Tz 32 f) = NJW 2007, 3777 (3779).
Vgl RGZ 118, S. 101; BGH (vorige Fn).
Wohl aber jenseits des Verbrauchsgüterkaufs (s. § 474 Abs. 2 und dazu u. § 3 Rn 24) gemäß § 447 für den Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache auf dem Transport (BGHZ 1, S. 4 [6 ff] = NJW 1951, S. 109).
BGHZ 89, S. 126 = NJW 1984, S. 429 = JuS 1984, S. 302 Nr 3; BGHZ 175, S. 286 (290, 292, Tz 12, 16) = NJW 2008, S. 2028.
OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1505 (1506).
S. BGHZ 96, S. 385 (387) = NJW 1986, S. 1605.
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§ 3 Haftung des Verkäufers bei Verletzung der Pflichten aus § 433 Abs. 1 S. 1
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