Kulturgeschichte der Überlieferung im Mittelalter. Oliver Jens Schmitt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Jens Schmitt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846345542
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Zuneigung entgegen, wobei sie den Kaisern der Römern als Diener untertan waren und von ihnen Wohltaten erhielten. Unter der Herrschaft Vlastimirs überzog Presiam, der Herrscher Bulgariens, die Serben, die er unterwerfen wollte, mit Krieg; nach dreijährigem Krieg hatte er nicht nur nichts vollbracht, sondern auch viel Volk verloren. Nach dem Tod des Herrschers Vlastimir übernahmen die Herrschaft über Serbien seine drei Söhne, Mutimir (griech. Muntimeros), Strojimir (griech. Stroimeros) und Gojnik (griech. Goinikos), die das Land aufteilten. Gegen diese zog der Herrscher Bulgariens, Michael/Boris, der die Niederlage seines Vaters Presiam rächen wollte; gegen diesen eilten die Serben und nahmen schliesslich dessen Sohn Vladimir (griech. Vladimeros) zusammen mit zwölf großen Bojaren gefangen. Da schloss Boris in Trauer um seinen Sohn und unwillig Frieden mit den Serben. Er wollte nach Bulgarien zurückkehren, fürchtete aber einen Hinterhalt der Serben auf dem Weg, weswegen er als Sicherheit die Söhne Mutimirs verlangte, Bran (griech. Borenas) und Stefan, die ihn sicher bis zur Grenze bei Rase (Raška) brachten. Und für diesen Gunsterweis machte ihnen Michael/Boris große Geschenke, und sie schenkten ihm als Gegengabe zwei Sklaven, zwei Falken, zwei Hunde und achtzig Pelze, was die Bulgaren als Abkommen (griech. Pakton, von lat. Pactum) ansahen.

      Constantine Porphyrogenitus, De administrando imperio, ed. Gyula Moravcsik/Romilly Jenkins (Washington D. C. 1967), S. 154, dt. Übersetzung Oliver Schmitt.

      Der Text gibt den Anfang der Chronik wieder. Dieser zerfällt erkennbar in zwei Teile: eine knappe Herrschergenealogie, die erst in der Zeit von Mutimirs Söhnen mit erzählenden Elementen ergänzt wird. Der Text beschreibt die Serben in ihrem Verhältnis zu ihren [<<139] östlichen Nachbarn, den Bulgaren, und dem Byzantinischen Reich. Hervorgehoben werden die Abhängigkeit von Serben wie Bulgaren sowie der serbisch-bulgarische Gegensatz, der sich durch die erfolglose Expansionspolitik des bulgarischen Herrscher Presiam (in anderen Quellen: Persian) ergab. Schon hier kann gezeigt werden, auf welche Schwierigkeiten die Quellenkritik stößt: Denn Presiam kann selbst mit Hilfe von heute im nordgriechischen Philippi aufbewahrten Inschriften nur mit Mühe identifiziert werden. Einige Forscher setzen ihn mit dem Chan Malamir gleich, andere sehen zwei getrennte Personen, wobei Persian zwischen 836/37 bis 852 geherrscht habe. Dessen Sohn Boris-Michail scheiterte bei einem Rachefeldzug gegen Serbien. Doch auch dessen Herrscher lassen sich nur mit Mühe auf der Zeitachse verorten, denn Hauptbezugspunkt sind die bulgarischen Herrscher, von denen nur Boris-Michails Regierungszeit sicher bekannt ist. So verlegt die Forschung Vlastimir in die Mitte, Mutimir und seine Brüder in die zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts. Unter Mutimir, der seine Brüder verdrängte, nahmen die Serben, so die überwiegende Forschungsmeinung, das Christentum an. 890/91 folgte ihm sein Sohn Pribislav.

      Das DAI bietet nicht nur Angaben zu der schwer rekonstruierbaren bulgarischen Herrscherliste des früheren 9. Jahrhunderts, zu bulgarischen Adeligen (Bojaren) sowie einen freilich vagen Hinweis zur Grenzzone zwischen dem Bulgarenreich und dem als Serbien bezeichneten Gebiet, sondern gibt auch Hinweise auf Geschenk- und Jagdkultur der serbischen Anführer. Die genaue Datierung des Feldzugs (860 oder 863/64) ist umstritten. Letztere Datierung steht in Zusammenhang mit der Bekehrung der Bulgaren unter Boris-Michail, die unter dem Eindruck militärischer Misserfolge der Bulgaren gegen Byzanz beschlossen wurde. Die Schwierigkeiten der Deutung dieser Textstelle sind nicht zuletzt durch das weitgehende Fehlen von Parallelquellen für die serbische Frühgeschichte (auch die Archäologie hilft mangels umfangreicher Grabungen kaum weiter) und selbst für die Geschichte des bekannteren bulgarischen Reichs zu erklären.

      Eine kurze, nicht dieser Chronik zugehörige Bemerkung rundet das Kapitel ab: Der Herrscher von Serbien ist von Anfang an, das heißt von der Kaiserherrschaft des Kaisers Herakleios, dem Kaiserreich der Römer als Diener untertan und war nie dem Herrscher Bulgariens unterworfen. [<<140] In dem getauften Serbien gibt es sechs bewohnte Burgen: Destinikon, Tzernabuskei, Megyretus, Dresneik, Lesnik, Salines und im Lande Boson Katera und Desnik (ebd. S. 160).

      Keine dieser Ortschaften konnte bisher zweifelsfrei lokalisiert werden; am wahrscheinlichsten ist die Gleichsetzung von Salines mit Tuzla (heute in Bosnien-Herzegowina), dessen Name ebenfalls mit Salz zu tun hat (türk. Tuz, Salz; der mittelalterliche Name Tuzlas vor der osmanischen Eroberung war Soli).

      Kapitel 32 des DAI unterscheidet sich in seinem Kompilations-, d. h. Zusammenstellungscharakter nicht von anderen Kapiteln. Brüche in ein und demselben Kapitel und die Verwendung unterschiedlicher Quellen sind mehrfach erkennbar. Da es sich um ein didaktisches Werk handelte, das nicht zur Verbreitung durch Abschriften gedacht war, fehlt eine literarische Abrundung, die für byzantinische Geschichtsschreiber, die gezielt für eine breitere höfische Öffentlichkeit schrieben, zur gleichen Zeit in hohem Maße charakteristisch war. Datiert werden kann das Serbenkapitel auf die Zeit vor 944, da die Chronik nicht über die Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Romanós I. Lakapenós († 944) hinausgeht.

      Der Quellenwert des DAI wurde lange kontrovers diskutiert, zumal es widersprüchliche Angaben und legendenhaft wirkende Erzählungen enthält. Kapitel 32 ist die einzige zeitnah entstandene Textquelle zur serbischen Herrschaft im inneren Balkan (sog. Raška, heute Gebiet von Novi Pazar). Im Gegensatz zur kroatischen Frühgeschichte, zu der zahlreiche epigraphische Quellen vorliegen (→ Kap. 2.4.3), können die Angaben des DAI kaum mit anderen Schriftquellen abgeglichen werden, und archäologische Befunde liegen für die frühe Geschichte der Serben kaum vor.

      Die überragende Bedeutung des Textes für die ansonsten dunklen Anfänge der serbischen Geschichte geht auch aus der Tatsache hervor, dass selbst für das Jahrhundert, das nach der in Kapitel 32 beschriebenen Zeit liegt, keine Schriftquellen vorliegen. [<<141]

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