Die Blutfinca
Von Jorge de la Piscina
Das Buch
Ein geheimnisvoller Azteke, grausam entstellte Leichen und ein Haus, in dem vor rund 500 Jahren ein Mord geschah …
Der ehemalige Kriminalbeamte und Profiler Marc Renner hat gerade sein Restaurant eröffnet, als das Grauen den malerischen Küstenort Cala Pi heimzusuchen scheint. Ein Leichenfund folgt dem nächsten und immer wieder erscheint kurz zuvor der Azteken-Prinz auf der Klippe. Renners Erfahrung ist gefragt und schon bald befindet sich der bodenständige Profiler auf den Spuren einer uralten Legende – der Legende um die Blutfinca. Aber wer ist sein Gegner? Kämpft er gegen einen Geist, ein Haus oder doch gegen einen brutalen Killer aus Fleisch und Blut? – Ein Mallorca-Thriller um ein mysteriöses Haus, das vor langer Zeit verschwand.
Über den Autor
Jorges Leben begann schon, wie ein guter Roman beginnt: Als Findelkind auf den Treppen der Kapelle Santa Maria de la Piscina in einem kleinen Ort namens Pecina im Norden Spaniens aufgefunden, wuchs er letztlich in Deutschland bei seinen Adoptiveltern auf und lebte und arbeitete dort jahrelang als Wirtschaftsredakteur. Heute lebt Jorge auf Mallorca in einem kleinen Dorf namens Cala Pi nahe der kleinen Stadt Llucmayor und schreibt von dort aus Fachbeiträge für ein überregionales deutsches Wirtschaftsmagazin. Sein erster Roman, die Blutfinca, erschien am 1. Juli im Epyllion Verlag.
Die Blutfinca
Ein Mallorca-Thriller
Jorge de la Piscina
Epyllion
Coverdesign: Pro_ebookcovers
Cover-Foto: ©vulcanus - stock.adobe.com / ©nejron - depositphotos.com
Lektorat: Nicole Zöllner
Korrektorat: Jonas Katzenberger, pingelkopf.de
ISBN 978-3-947805-01-3 (E-Book)
ISBN 978-3-947805-00-6 (Print)
1. Auflage, 2018
© Jorge de la Piscina – alle Rechte vorbehalten.
Epyllion Verlag
Ludwigstraße 23
76709 Kronau
Herausgeber Jochen G. Fuchs
www.epyllion.de
In Liebe für meine Frau Caroline,
die den Familienbetrieb aufrecht erhält, während ich schreibe. Ich bin dankbar, dich an meiner Seite zu haben.
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Königreich Aragon. Mallorca, Bucht von Cala Pi
August 1530, mittags
Der Junge schulterte das Gepäck seines Herrn, dessen Gewicht so schwer auf ihm lastete, wie der Fluch, der auf seinem ganzen Volk lag. Ein stetiger Strom von Schweißtropfen floss über seine olivbraune Haut, vom Kopf den Nacken entlang und dann den nackten Rücken hinunter. Fliegen umschwirrten ihn. Er atmete schwer und gequält und schaute kurz von dem steilen Pfad auf, um einen Blick auf das türkisblaue Wasser des Torrent de Cala Pi zu werfen. „Beweg dich endlich, du kleine, nutzlose Kröte!“, schrie ein kräftiger, stämmiger Mann mittleren Alters über seine Schulter nach hinten. Der Mann stapfte grimmig vor dem südamerikanischen Indio den Weg entlang und trieb zwei vollbepackte Esel mit einer Gerte vor sich her. Auf dem Rücken trugen die Tiere zwei Seekisten und einige Säcke aus geteertem Segeltuch. Sie gingen an einigen flachen Aleppokiefern vorbei, die den Weg säumten. Der harzige Duft der kleinen Bäume vermischte sich mit dem beißenden Geruch des Esels. Verbunden mit dem Geschmack des Staubes auf seiner Zunge, brachte ihn das dazu, in hohem Bogen auszuspucken. Der Junge stolperte und riss sich seinen nackten rechten Fuß an einem scharfkantigen Stein auf. Er verzog keine Miene und hinkte stoisch weiter. Von klein auf hatte er gelernt, dass er über allem zu stehen hatte. Über dem Schmerz, der Freude und über jedem anderen aus seinem Volk. Da würde er vor diesem hellhäutigen Teufel nicht anfangen, Schwäche zu zeigen. Über den beiden einsamen Figuren, die einen staubtrockenen Pfad entlang trotteten, thronte der strahlend blaue mallorquinische Himmel. Ein sanfter Wind blies frische Meeresluft um ihre Nasen. Der Junge atmete befreit tief ein und innerlich seufzte er auf. Der Geruch der Meeresluft erinnerte ihn an die Ausflüge, die seine Tante mit ihm als kleiner Junge unternommen hatte. An die Grenze ihres Reichs, bis an das endlose Wasser, das bis zum Himmel reichte. Nur die große Himmelsschlange wusste, wohin das Wasser ging. Stundenlang war er in das warme Wasser getaucht und hatte bis spät in die Nacht am Feuer gesessen, kräftig gewürzten, gegrillten Fisch mit Maisfladen gegessen und dem Rauschen der Wellen gelauscht. Nie wieder war er in seinem Leben so glücklich gewesen. Die Stimme des weißen Teufels riss ihn aus seinen Tagträumen. „Ich zieh dir das Fell über die Ohren, wenn du nicht schneller gehst, du räudiger Hund.“ Ein Funken Zorn flammte in den Augen des Jungen auf, um vorsichtig wieder zu erlöschen. Er beschleunigte seine Schritte und holte rasch wieder auf. Plötzlich drehte sich der Mann um und zog ihm die Gerte einmal quer über das Gesicht. Der Peitschenhieb hinterließ einen brennenden Striemen. Der Junge schaute seinem Peiniger unbewegt ins Gesicht. Die Gelassenheit des Indios fachte die Wut des Mannes nur noch an. Der alte Seefahrer verzog sein wettergegerbtes Gesicht und er steigerte sich in eine Raserei hinein. Er zog die Gerte immer wieder brutal über die Brust des dreizehnjährigen Jungen. Der Mann knirschte mit den Zähnen, als der Junge weiter stoisch nach vorne schaute, aber er riss sich zusammen. Er deutete nach oben, zur Finca, die sich langsam am Horizont abzeichnete. Und grinste grausam, als wolle er sagen: „Warte, bis wir dort sind.“
Als die Last abgeladen war, packte der Seefahrer den jungen Indio an den Haaren und riss ihn hinter sich her, in die Finca, schleuderte ihn auf den gefliesten Boden und begann auf ihn einzutreten. „Ich. Werde. Dich. Lehren. Mir Respekt zu erweisen!“ Als er mit seinen Gamaschen die Nase des Jungen traf, spritzte Blut auf und der Nasenrücken brach knirschend. Der Junge wurde ohnmächtig. Als er wieder zu sich kam, schien Alejandro Gomez da Puntajero wieder zur Besinnung gekommen zu sein. Das vor Raserei rot angelaufene Gesicht hatte wieder eine hellere Farbe und er schnaufte mehrmals tief ein und aus. In der Zwischenzeit musste er die erste Kiste ausgepackt haben, denn Kleidung und Geschirr lagen herum. Der Seemann ging gerade an den grob behauenen Tisch, der noch vom vorherigen Besitzer der Finca stammte, und griff nach der bronzenen Besitzplakette, die ihm Cortés überreicht hatte. Er griff sich Hammer und Nagel und nagelte sie stolz an dem Holzbalken fest, der über dem Kamin verlief. „Für seinen treuen Dienst auf den Schiffen seiner Majestät, dem König von Spanien“, stand dort neben der Kennzeichnung seiner Land-Parzelle zu lesen. Der Schlächter Cortés hatte Puntajero die Finca samt Land und den jungen Indio als Sklaven überlassen, als er sich zur Ruhe setzte. Der alte Seefahrer