Norbert Feldhoff ist ein rheinischer Katholik. Der rheinische Katholizismus ist eine spezifische, kulturell und mental geprägte Haltung der Frömmigkeit, zu deren DNA das Interesse für und die Sorge um das Gemeinwesen gehört. Rheinische Katholiken suchen keine Nischen, in denen sie gleichsam abtauchen und Sonderwelten begründen. Sie verstehen sich als Teil des Gemeinwesens und gehen von einem positiven Verständnis des Menschen aus. Sie mögen Menschen und sie mögen die Welt. Manchmal unterstellt man ihnen Liberalität oder gar Laxheit. Rheinische Katholiken meinen es aber ernst mit ihrer positiven Grundhaltung zu den Angelegenheiten der Welt, von denen sie wissen, dass die Kirche darin nicht aufgeht, gleichwohl daran Anteil hat.
Norbert Feldhoff ist ein Glücksfall für die Kirche in Deutschland, für das Erzbistum Köln. Er war für uns in der Gemeinde Hl. Dreikönige ein Glücksfall, als er dort als Kaplan eingesetzt war. Auch aus dieser Zeit rühren meine Erinnerungen an ihn. Er war für mich prägend. Er hat in allen Stationen seines beruflichen und öffentlichen Lebens einen großen Gestaltungswillen und so viel Überzeugungskraft gezeigt, wie sie heute schmerzlich in weiten Teilen der Kirche vermisst wird.
1 Norbert Feldhoff, Wie reich ist die Kirche in Deutschland, Stimmen der Zeit 139 (2014)
2 Norbert Feldhoff, Wie reich ist die Kirche in Deutschland, Stimmen der Zeit 139 (2014)
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Gedankensplitter für ein zu erneuerndes Kirchliches Arbeitsrecht
Peter Beer
I. Problematisches
Es gibt sie, die Menschen, die Freude an ihrer Arbeit haben. Sie gehen gerne zur Arbeit, freuen sich auf die Begegnung mit den Kolleginnen und Kollegen und wenn es einmal sein muss, dann schauen Sie auch nicht peinlich genau in immer kürzeren Intervallen auf die Uhr, um auf jeden Fall und auf dem schnellsten sowie erstbesten Weg den Betrieb wieder zu verlassen. Ohne sich von Arbeitgeberseite über den „Tisch ziehen“ lassen zu müssen, identifizieren sie sich so mit ihrer Tätigkeit, dass sie bereit sind, sich persönlich einzubringen. Das ist die eine Seite der Medaille. Denn es gibt auch Arbeitsverhältnisse, die geradezu gegenteilig erlebt und durchlitten werden. Nicht umsonst gibt es dafür einschlägige Bezeichnungen: Schinderei, Plackerei, elende Maloche, Quälerei, Hamsterrad und so weiter und so fort. Man mag es auf kirchlicher Seite so gar nicht recht glauben wollen, weil es doch (immer noch) so viele engagierte Leute gibt und man sich selbst als Wertegemeinschaft definiert oder sich zumindest so verstehen und darstellen will: aber auch im Verantwortungsbereich der Kirche gibt es im Kontext Arbeit Gründe, warum solche kirchlichen Arbeitsverhältnisse mit eher negativen Konnotationen verbunden und mit nicht weniger kritischen Begriffen belegt werden. Als Anlass dafür gilt z. B. nicht Wenigen die gegenwärtige Verfasstheit der Kirche, näher hin ihr dramatischer Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust im Zusammenhang mit dem weltweiten Missbrauchsskandal, der sich auch auf den einzelnen Arbeitnehmer/die einzelne Arbeitnehmerin auszuwirken beginnt. Sie werden angesprochen, werden gefragt, wie sie für einen solchen „Verein“ tätig sein können und man stellt damit gleich ihre eigene moralische Integrität in Frage, obwohl doch eigentlich die derjenigen gemeint sein müsste, die die Verantwortung für den Skandal tragen. Gleichzeitig tun sich die so gescholtenen kirchlichen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen immer schwerer damit, die ihnen auferlegten Loyalitätsobliegenheiten nachvollziehen und somit auch akzeptieren zu können. Sie empfinden diese Obliegenheiten nicht selten als übergriffig und ihrer Eigenverantwortung zuwiderlaufend. Spätestens ab diesem Punkt wird deutlich, dass kirchliches Arbeitsrecht als ein Ausdruck der Organisationsform kirchlicher Arbeitsverhältnisse weit über den rechtlichen Aspekt hinaus in den Bereich der Frage nach dem Sinn, der Bedeutung und dem Deutungshorizont von Arbeit hineinreicht. Damit ist zugleich angezeigt, dass die rechtliche Diskussion über das kirchliche Arbeitsrecht dringend von einer eher theologisch-sozialethischen Diskussion nicht nur peripher sekundiert sondern gleichberechtigt begleitet werden muss. Gerade was letztere angeht, so ist es nachdrücklich auch Sache der Theologie das basal festzulegen, was es denn kirchenspezifisch überhaupt zu regeln gilt, was den Regelungsgegenstand ausmacht, und zu bedenken, ob der Regelungsbestand, also das bestehende Regelwerk kirchlichen Arbeitsrechts, jenem basalen Regelungsgegenstand grundlegend entspricht. Wirft man einen Blick auf das, was Theologie bzw. katholische Sozialethik zum Thema „Arbeit“ sagen und setzt man dies in Beziehung zu dem, wie kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das kirchliche Arbeitsrecht teilweise empfinden, dann können einem da schon gewisse Zweifel kommen, ob die soeben skizzierte Aufgabenstellung in ausreichendem Maße erfasst bzw. erledigt wurde.
II. Theologisches
Wirft man nur einen kurzen Blick in das „Kompendium der Soziallehre der Kirche“ des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden von 2004 (hier besonders das Sechste Kapitel im Zweiten Teil), dann lässt sich dort ein hehr gezeichnetes Bild der menschlichen Arbeit entnehmen.3 Einige wenige Aspekte davon seien nachfolgend exemplarisch kurz angeführt.
Menschliche Arbeit bedeutet Teilhabe am Schöpfungs- und Erlösungswerk Gottes. Durch Arbeit gestalten Menschen die Schöpfung Gottes mit und tragen dazu bei, die gemeinsamen Lebensbedingungen zu verbessern, im gemeinsamen Tun Solidarität zu üben. In und mit der Arbeit entwickeln sie Fähigkeiten und Kompetenzen eine gerechtere Gesellschaft mitzugestalten und schaffen die Bedingungen der Möglichkeit Freiräume für Kunst und Kultur sowie religiöses Leben zu schaffen. Die Arbeit ist Teil der Selbstermächtigung des Menschen, indem er sich selbst als Person entdeckt und seine Stärken und Schwächen, Potenziale und Grenzen erkennt. Gleichzeitig kommt mit der Arbeit die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck. Die Ergebnisse, die Produkte der eigenen Arbeit sind insofern ein Stück weit ins Materielle gebrachte Ideen, Einstellungen, Haltungen zu sich selbst, zu den Mitmenschen, zur Welt als solcher. Wer sorgfältig mit seinem Werkstoff umgeht, nachhaltig Ressourcen verwendet, gewissenhaft Arbeitsziele umsetzt, sich in verantwortungsvoller Weise in den Wirtschaftskreislauf einbringt, sagt genauso viel über sich selbst aus wie diejenigen, die z. B. nur pro forma im Modus der Ehrlichkeit arbeiten, Leistung und Anstrengung vortäuschen. Arbeit bringt aber nicht nur Persönlichkeit zum Ausdruck, sie schafft auch wichtige Grundlagen dafür, sich als eigenständige Person erfahren zu können, indem sie wesentlich zum Selbstwertgefühl beiträgt. In der Arbeit und den dazugehörigen Prozessen können die Arbeitenden erfahren, dass sie – und zwar sie ganz persönlich – gebraucht werden; sie können ihr Können demonstrieren und Anerkennung gewinnen; Sie sind mit der entlohnten Arbeit in der Lage ihre Lebensgrundlagen selbständig zu schaffen und zu erhalten, was die eigene Unabhängigkeit bzw. die Erfahrung von Freiheitsgraden erhöht; mit Lohn und Arbeit können andere unterstützt, kann anderen geholfen werden, sodass sich der Einzelne als starkes Mitglied einer größeren Gemeinschaft verstehen kann. Das Erleben der Teilhabe an einer solchen Gemeinschaft entspricht der Verfasstheit des Menschen als soziales Wesen, das in der unangemessenen Vereinzelung und/oder Isolation Verlorenheit und Unglück erfährt.
III. Praktisches
Damit die Sichtweisen auf und das Verständnis von Arbeit gemäß der Soziallehre der Kirche nicht im Theoretisch-Abstrakten verbleiben, sondern für Arbeitsverhältnisse im Verantwortungsbereich der Kirche praktisch werden, bedarf es einiger wesentlicher Voraussetzungen, die das Fundament für entsprechende arbeitsrechtliche Regelungen darstellen können.
Die schon erwähnte Teilhabe am Schöpfungs- und Erlösungswerk Gottes deutet es bereits an. Es braucht eine grundsätzliche Vision, an der sich das Thema Arbeit verorten lässt und woraus sich Sinn und Zweck menschlicher Arbeit ableiten lassen. Eine solche Vision, ist sie denn klar und kann sie geteilt werden, macht es möglich im positiven Sinne stolz auf das eigene Tun zu sein, weil man sich als Teil von etwas Größerem verstehen kann, das immer wieder neu herausfordert. Arbeit ist in diesem Kontext nicht ein bloß mechanisches Wiederholen bzw. Abspielen festgelegter Abläufe, sondern sinnvolles Tun, das über den Moment hinaus Bestand hat.
Die Selbstermächtigung des Menschen, wie sie sich