Peter, du kannst mit der Formel nicht viel anfangen. Dich stört das Wort Liebe. Versuche es mit Anerkennung.
Ag = As + Af
Anerkennung gesamt = Selbstanerkennung + Fremdanerkennung
Gefällt dir das besser? Ja? Dir auch, Rainer. Ich kann diese Formel noch einmal modifizieren.
SW = As + Af
Selbstwert = Selbstanerkennung + Fremdanerkennung
Damit tut ihr euch leichter. Das ist gewohnter. Liebe verwenden wir selten. Selbstwert und Wertschätzung hingegen sind gelernte Begriffe. Vielleicht sollten wir das Neue Testament umschreiben: Schätze deinen Nächsten wert wie dich selbst. Nach so vielen Jahren ist das Urheberrecht von Jesus schon erloschen. Wir können damit machen, was wir wollen. Gut, tun wir eh.
Ich mag Wertschätzung nicht. Peter, wenn ich dich wertschätze, dann schätze ich deinen Wert. Ich beurteile dich und berechne irgendwie deinen Wert. Für wen? Für mich oder für dich? Ich finde, mir steht es nicht zu, deinen Wert zu schätzen. Das ist doch anmaßend. Ich mag dich einfach. Das tue ich gerne. Rainer mag ich auch. Das ist dir egal, Rainer? Dir geht dieses Harmoniegesülze auf die Nerven. Du willst endlich deine zehn Tipps und Tricks zur richtigen Motivation. Nicht für dich, sondern für deine Mitarbeiter. Aus denen muss noch mehr rauszuholen sein. Rainer, du machst dich gerade ein bisschen unbeliebt bei mir und den anderen. Weißt du was, ich ziehe dich für eine Zeitlang aus dem Verkehr. Letzter Aufruf für Herrn Rainer. Bitte begeben Sie sich umgehend zu Gate 17. Jetzt aber schnell, Rainer. Ich schicke dich nicht nach London. So gemein bin ich nicht. Ich lass dich eh nach Hause nach Nürnberg fliegen. Melde dich wieder, wenn du dort angekommen bist. Rainer, da hast du noch etwas zum Zeitvertreib.
[WIEN-QUIZ] Frage 1
Neben der Pestsäule am Graben findet man den Abgang zur ältesten intakten öffentlichen Toilette Wiens aus der Zeit des Jugendstils. Was bot die Toilette ursprünglich an?
A. Eine Trennung in 1. und 2. Klasse
B. Rosenblüten im Urinal
C. Duschen
D. Eine Hundewaschanlage
Auflösung kommt schon noch.
UNTERLIEBT ♥ Ihre persönliche Liebesformel
Rainer ist jetzt einmal ruhig gestellt.
Ich wende mich wieder Ihnen zu, liebe Leserin, lieber Leser. Oder ist Ihnen wertgeschätzte Leserin, wertgeschätzter Leser lieber?
Wie sieht die Formel bei Ihnen aus?
Setzen Sie einmal in die Gleichung Ihre Werte ein:
LG = (Ihre gefühlte, geschätzte LS) + (Ihre gefühlte, erlebte LF)
Schreiben wir die Gleichung in drei Variablen auf.
mLG = X + Y
wobei mLG meine Liebe gesamt, X Ihre Selbstliebe und Y Ihre Fremdliebe ist. Meine Liebe meint hier Ihre Liebe, nicht meine. Das ist schon verwirrend mit der Liebe, finden Sie nicht?
Patrizia, die Aufgabe überfordert deinen Verstand jetzt ein bisschen. Die Formel ist zwar klar, nur wie kommst du zu X und Y? Wie berechnet man diese Werte? Gar nicht, Patrizia. Auf diese Werte kommst du nur über dein Bauchgefühl, über deine Emotion. Wie hoch fühlt sich deine Selbstliebe für dich an? Trag den Wert einmal ein. Du brauchst ein bisschen Unterstützung. Vielleicht hilft dir ja eine klassische Coaching-Skalierungsfrage:
»Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 bedeutet, dass du dich überhaupt nicht liebst, dass du gerne jemand anderer wärst, und zwar immer, und 10 bedeutet, dass du dich voll und ganz liebst, dass du dich einfach annimmst, so wie du bist, dass du dich bedingungslos liebst, wo würdest du deine Selbstliebe denn ansetzen?«
Hier ist die Skala. Trage deinen jetzt gefühlten Wert für deine Selbstliebe ein.
»Was tue ich dann mit der Zahl, auf die ich gekommen bin?«
Siehst du, diese Frage überrascht nun wieder meinen Verstand. Ich dachte, das wäre klar. Gut. Ist offensichtlich nicht so. Diese Zahl trägst du bitte statt des Wertes X in deine Liebesgleichung mLG = X + Y ein.
mLG = + Y
Bei der Fremdliebe gehe die diversen Beziehungsbereiche durch: Eltern, Partnerin und Partner, Kinder, Geschwister, Freunde, Gemeinde, Vereine, Beruf, die Gesellschaft. Ja, das ist das große Fremdliebe-Angebot, das wir so haben. Daraus können wir schöpfen. Wie groß fühlt sich die Fremdliebe an, die du bekommst?
Trage deinen Wert für deine Fremdliebe auf dieser Skala ein.
Damit hast du den Y-Wert, die Fremdliebe. Den Wert trägst du auch in deine Liebesgleichung ein.
dLG = +
Jetzt noch ein bisschen kopfrechnen und du hast deine Gesamtliebe.
= +
Patrizia, wie hoch ist bei dir die mLG, deine Liebe gesamt? Wie geht es dir mit dem Ergebnis? Bist du definitiv unterliebt, weit unter 10? Welcher Wert ist höher: der Selbstliebe- oder der Fremdliebewert? Ja, das habe ich befürchtet. Du bist ja oben selbst schon erschrocken. Dein Selbstliebewert ist unter 4. Da braucht es wohl Entwicklungshilfe. Und deine Fremdliebe ist auch ganz schwach. Und die Proseccoflasche ist jetzt leer.
Vielleicht ist ja gerade jemand von euch darauf gekommen, dass sie oder er viel besser dasteht als er oder sie sich das täglich selbst einredet beziehungsweise ihr oder ihm eingeredet wird. Das ist bei gar nicht so wenigen von uns der Fall. Wir fühlen uns oft viel stärker unterliebt als wir es tatsächlich sind. Das wäre jetzt ein optimaler Zeitpunkt zu entscheiden, ob Sie dieses Buch weiterlesen wollen oder glücklich lächelnd aussteigen.
Claudia, deine mLg ist weit über 10. Das wundert mich nicht. Du bleibst trotzdem. Danke.
Rudi, du hast keinen Bezug zu deiner Selbstliebe herstellen können. Das Thema ist dir einfach zu fremd. Das ist fast eine andere, dir unbekannte Sprache. Du bist ratlos. Aber das Funktionieren nimmst du schon. Das ist dir verständlich. Dir ist das schon lange irgendwie zu viel. Du willst den Jakobsweg gehen. Irgendwann.
Ich bin ihn schon gegangen. Nicht aus religiösen oder spirituellen Gründen, sondern einfach, um mich zu Entfunktionalisieren und um Zeit für mich zu haben. Wandern ist eine sehr noble Art zu sagen: »Leckt mich doch alle am Arsch.« Nordspanien ist mir da entgegengekommen, weil ich das Land und diese Region kenne und liebe. Am ersten Tag hatte ich schon 28 Kilometer, es war aber erst fünf Uhr nachmittags. Also wollte ich noch die nächste Etappe, acht Kilometer, dranhängen. Genau in der Mitte, nach vier Kilometern, kam der Zusammenbruch. Der völlige Zusammenbruch. Ich hab mich dann noch mühsam die vier Kilometer ins Etappenziel geschleppt und wollte dort nur mehr sterben. Wünsche gehen nun mal nicht alle in Erfüllung und so war ich am nächsten Tag, halbwegs gehfähig, wieder auf der Piste. An diesem Tag machte ich 17 lockere Kilometer und vier große Blasen. Und da hat der Camino, der Weg mit mir gesprochen: »Diga, hombre, was machst du eigentlich auf mir? Du gehörst da gar nicht her. Schleich dich heim!« Ich sagte: »Muchas gracias, senor camino!« und nahm die nächste Maschine von Bilbao heim. Heim zu meiner Frau. Ich freute mich auf ihr unglaubliches, wunderschönes Lächeln und auf ihre zärtliche Umarmung. Auf die Geborgenheit meines Zuhauses,