b) Käufer und interne Beeinflusser
Um Marketingmassnahmen in sinnvoller Weise planen und gestalten zu können, muss man wissen, wer bzw. welche Person als Käufer, Verbraucher oder Anwender in seinem Verhalten beeinflusst werden soll. Es reicht deshalb nicht, bestimmte Haushalte oder Unternehmen als Produktverwender und damit als mögliche Kunden zu identifizieren. Um das Marktgeschehen wirklich zu verstehen, muss man offensichtlich herausfinden, wer als Person oder Personengruppe effektiv den Kaufentscheid fällt und welche weiteren Personen diesen gegebenenfalls beeinflussen.
Um die Rollen, die verschiedene Personen in Kaufentscheidungen spielen, präziser erfassen zu können, wird in Abbildung 2-1 vorgeschlagen, zwei Personengruppen auseinander zu halten:
Als Käufer werden alle Personen bezeichnet, die effektiv den Kaufentscheid treffen, d.h. zwischen den Marktleistungen der verschiedenen Anbieter wählen.
Den Käufern zugeordnet sind die internen Beeinflusser, die dem gleichen Haushalt oder dem gleichen Unternehmen angehören und beeinflussend auf den Kaufentscheid einwirken.2
In Konsumgütermärkten werden häufig die den Haushalt führenden Personen (die „Hausfrau“ oder der „Hausmann“) die einzukaufenden Produkte wählen und damit die Rolle des Käufers übernehmen. Die übrigen Familienmitglieder reden jedoch, je nach Interesse am zu kaufenden Produkt, mit und werden damit wichtige interne Beeinflusser. So konstatiert man z.B. eine steigende Bedeutung der Kinder, wenn es um den Einkauf von Dessertprodukten oder Soft-Drinks geht. Bei Gebrauchsgütern, wie z.B. Hifi-Geräten oder Kameras, können verschiedene Familienmitglieder die Rolle des Käufers übernehmen oder es kann auch zu Kollektiventscheidungen kommen, bei denen verschiedene Personen mehr oder weniger gleichgewichtig „mitreden“. Daneben existieren aber natürlich – wenn auch seltener als man meinen könnte – Märkte, in denen im Allgemeinen Einzelpersonen allein, ohne wesentlichen Einfluss durch andere Haushaltsmitglieder die Kauf- und Konsumentscheide fällen. Man denke etwa an Zigaretten, Pausensnacks oder Coiffeurdienstleistungen.
In Industriegütermärkten ergeben sich besondere Schwierigkeiten, da häufig eine Vielzahl von Personen am Kaufentscheid teilnimmt und der sogenannte Einkäufer zuweilen nur die Aufträge der wirklich kaufentscheidenden Person ausführt. In solchen Fällen bedarf es oft eingehenderer Untersuchungen, um festzustellen, wer in Tat und Wahrheit die Kaufentscheide fällt und wer sonst noch als Beeinflusser von Bedeutung ist. In der Literatur zum Industriegütermarketing wird der Ausdruck „buying center“ gebraucht, um die spezielle Art des Zusammenwirkens der kaufbeeinflussenden Personen zu bezeichnen.
c) Marktsegmente
Es gibt nur wenige Märkte, in denen die Bedürfnisse der Produktverwender sich nicht oder nur unwesentlich unterscheiden. Man spricht in diesen Märkten von einer homogenen Nachfrage, d.h. alle Produktverwender entscheiden nach gleichen Kriterien, welche Angebote sie kaufen und bilden demgemäss eine aus Marketingsicht nicht weiter zu unterteilende Zielgruppe. Als Beispiele für solche Situationen werden etwa der Zementmarkt sowie gewisse Rohstoffmärkte aufgeführt. Im Allgemeinen gilt in derartigen Märkten der Preis als kaufentscheidendes Marketinginstrument.
In der übergrossen Mehrzahl der Märkte ist die Nachfrage dagegen mehr oder weniger heterogen. Oder anders ausgedrückt, es existieren Gruppen von Produktverwendern mit unterschiedlichen Bedürfnissen, die als Marketingzielgruppen auf bestimmte Marketingmixes verschieden reagieren. Derartige Produktverwendergruppen werden in der Marketingfachsprache als Marktsegmente bezeichnet.
Präziser werden Marktsegmente definiert als
Gruppen von Personen oder Organisationen,
die in Bezug auf die Marktleistungen unterschiedliche Bedürfnisse haben und
deshalb auch ein verschiedenartiges Kauf- und Verbrauchsverhalten aufweisen.
So lassen sich z.B. im Markt für Bürostühle folgende Marktsegmente unterscheiden:
das Segment der vorwiegend designbewussten Produktverwender, das unter anderem Architekten, Berater, Ärzte und weitere freie Berufe umfasst, für die ein repräsentativ eingerichtetes Büro wichtig erscheint
das Segment der vorwiegend qualitätsbewussten Produktverwender, zu dem die meisten mittleren und grossen Dienstleistungs- und Industrieunternehmen sowie die Verwaltungen zu zählen sind
das Segment der vorwiegend preisbewussten Käufer, in dem viele Kleinbetriebe und Handwerker, aber auch Leute, die sich im Privathaus ein Büro einrichten, zu finden sind
Die Beschreibung dieser Segmente ist nicht vollständig – weder bezüglich der notwendigen quantitativen Informationen pro Segment noch bezüglich weiterer qualitativer Merkmale der für die Segmente typischen Unternehmen/ Personen. Sie soll lediglich veranschaulichen, was mit dem Begriff Marktsegment in der Praxis gemeint ist. Für eine problemgerechte Umschreibung der Segmente eines Marktes benötigt der Marketingfachmann meist eine ganze Reihe soziodemographischer, individual- und sozialpsychologischer, im Investitionsgütersektor auch unternehmensspezifischer Merkmale der unterschiedenen Produktverwendergruppen.
Im einfachsten Fall werden Marktsegmente unter Anwendung von wenigen, möglichst leicht erfassbaren „Segmentierungskriterien“ definiert. So ist es z.B. in Konsumgütermärkten üblich, mit Hilfe sogenannter Kaufkraftklassen drei Segmente von Haushalten mit hohem (Kaufkraftklasse I und II), mittlerem (Kaufkraftklasse III) und niedrigem Einkommen (Kaufkraftklasse IV) zu unterscheiden. Oder es werden im Industriegütermarketing die Unternehmensgrösse der Kunden herangezogen, um Segmente wie „Grossunternehmen“ (ab 1000 Mitarbeiter), „mittelgrosse Unternehmen“ (100 bis 999 Mitarbeiter), „Kleinunternehmen/ Gewerbebetriebe“ (bis 99 Mitarbeiter) zu bilden.
Derartige, auf einfache Art definierte Segmente werden auch, da die Marketingfachleute die Segmentierungskriterien normalerweise ohne spezifische Untersuchungen selbst definieren, a priori Segmente genannt. In diesem Buch werden sie als Grobsegmente bezeichnet, da sie nur ein extrem grobes Abbild von den im Markt real existierenden Bedürfnisunterschieden und entsprechenden Produktverwendergruppen vermitteln. So dürften z.B. die Kaufkraftklassen nur beschränkte Hinweise dafür bieten, ob bestimmte Personen bereit sind, für modische Jeans einen höheren Preis zu zahlen. Auch in der höchsten Kaufkraftklasse wird es Leute geben, die sich mit einfachen markenlosen Produkten begnügen, und in den niedrigeren Kaufkraftklassen werden „Modefans“ bereit sein, für ihre Marke einen Aufpreis zu zahlen.
Mit Hilfe von wenigen Segmentierungskriterien bestimmte Grobsegmente stehen offensichtlich nur in einem losen Zusammenhang mit dem Kauf- und Verbrauchsverhalten. Sie enthalten zudem zu wenige Informationen für eine gezielte segmentorientierte Ausgestaltung des Marketingmix. Deshalb wird heute vermehrt empfohlen, zur Ermittlung der real existierenden Marktsegmente eine Marktforschung (normalerweise eine Befragung bei einer grösseren Personenstichprobe) durchzuführen, die es erlaubt, die Segmente mit Hilfe einer grösseren Zahl von Kriterien als Ergebnis einer multivariaten statistischen Analyse (meist in Form einer Clusteranalyse) zu ermitteln. Da die Segmente nach der Untersuchung aufgrund der Untersuchungsresultate