Die Schlüssel von Cardano und Wöllner
Die Schlüssel von CARDANO und WÖLLNER ersetzen mit verschiedener Genauigkeit das tropische Jahr durch das siderische Jahr. Dem liegt wohl der Gedanke zugrunde, daß das Geburtshoroskop im Menschen relativ zum Fixsternhintergrund erinnert werde – eine Hypothese, die der stets auf die Sonnenbahn bezogenen klassischen Astrologie eher widerspricht.11
Der Schlüssel nach Sonnenlänge
Beim Schlüssel Sonnenlänge entspricht der ekliptikale Längenfortschritt der Sonne am Geburtstag einem Jahr. Er wird von H. BESSLER aufgrund von empirischen Forschungen bevorzugt ([Bel]).
Dieser Schlüssel enthält ein symbolisches Element, indem auf der Ekliptik gemessene Längen auf dem Äquator abgetragen werden – was strenggenommen nicht ohne vorherige Übersetzung in Rektaszension geschehen dürfte.
Die Abhängigkeit dieses Schlüsselwerts von der Länge der Geburtssonne hat folgende Gestalt:
Abbildung 4: Der Sonnenlänge-Schlüssel
Der Schlüssel nach Kündig
Beim KÜNDIG-Schlüssel werden die vollen Gradzahlen, die die Position der Radixsonne umgrenzen, in Rektaszension übertragen. Die Differenz dieser Rektaszensionswerte ist der Direktionsschlüssel. Beträgt z.B. die Position der Sonne 10° 12'
Der Schlüssel hat über das Jahr den folgenden Verlauf (die x-Achse mißt wie immer die Länge der Geburtssonne).
Abbildung 5: Direktionsschlüssel nach KÜNDIG
Vergleich der Direktionsschlüssel
In einem einzigen Diagramm zusammengefaßt, ergeben diejenigen Schlüssel, die von der Position der Geburtssonne abhängen, folgendes Bild:
Abbildung 6: Alle Direktionsschlüssel im Vergleich
Die Schlüssel Wahre Zeit, diei motu und Kündig verlaufen demnach ungefähr gleichsinnig, haben ungefähr gleichzeitig ihre Maxima und Minima, wobei allerdings der Kündigschlüssel bei einer Sonnenlänge von ca. 0° Krebs eine besonders große Abweichung zeigt.
Der Schlüssel Sonnenlänge verläuft in einem entgegengesetzten Zyklus, mit viel kleineren Schwankungen. Maximal- und Minimalwert des Sonnenlängeschlüssels werden natürlich in Perihel- und Aphelstellung (rund 11° Krebs/Steinbock) erreicht.
2.5 Das Verfahren von Goldmayer
Das Direktionssystem von GOLDMAYER unterscheidet sich vom Standardverfahren dadurch, daß es geometrisch statt zeitlich arbeitet: Es wird nicht die zeitliche Entwicklung des Horoskops untersucht, sondern die mundane Geometrie des Horoskops. Dabei verschwindet auch die Asymmetrie von Signifikator und Promissor. In GOLDMAYERS System sind beide völlig gleichwertig. Eine Direktion kann im Standardverfahren sowohl direkt als auch convers geführt werden (wobei man die Rollen von Signifikator und Promissor und die Zeitrichtung vertauscht). Dabei ergeben sich, wie schon in 1.2 bemerkt, im allgemeinen unterschiedliche Direktionsbögen. Im Verfahren von GOLDMAYER verschwindet dieser Unterschied.
Will man einen Horoskopfaktor nach GOLDMAYER zu einem anderen führen, so sind die mundanen Positionen der beiden Faktoren zu berechnen und die Differenz zu bilden. Diese Differenz gibt den Direktionsbogen!
Die unübertreffliche Einfachheit dieses Systems ist besonders dann erkenntlich, wenn man – wie GOLDMAYER – das regiomontanische System verwendet. Dann sind die mundanen Positionslinien ja Großkreise durch den Nord- und Südpunkt des Horizonts. Der Direktionsbogen ist dann einfach der (auf dem Äquator gemessene) ’Klappwinker, um die Positionskreise der beiden Faktoren ineinander zu überführen.
Die GOLDMAYER-Methode ist aber auch im Rahmen eines beliebigen anderen mundanen Positionskonzepts anwendbar. Es sei darauf hingewiesen, daß die erhaltenen Direktionsbögen sehr stark von den mit dem Standardverfahren gerechneten Werten differieren (siehe die Beispiele in Abschnitt 3.6).
2.6 Mundane Direktionen
Ein Mundanaspekt zwischen zwei Himmelspunkten entsteht, wenn die Differenz ihrer mundanen Positionen eine Aspektzahl ist. So steht z.B. immer der Aszendent im mundanen Quadrat zum MC, Spitze III im Trigon zum ASC etc.
Eine mundane Direktion wird fällig, wenn ein Horoskopfaktor einen mundanen Aspekt zu einem radikalen Horoskopfaktor erreicht.
Die Berechnung der mundanen Direktionen ist die gleiche wie für die zodiakalen: Man verwendet nur statt der mundanen Position des Signifikators diejenige seines mundanen Aspektpunkts. Hat der Signifikator z.B. die mundane Position μ = 113°, so haben seine Mundansextile die mundanen Positionen μ = 53° und μ = 173°, und die Direktion eines Promissors zum Mundansextil des Signifikators wird fällig, wenn er eine dieser mundanen Positionen erreicht.
Das Verfahren der Mundandirektionen ist nicht sehr verbreitet. In manchen Lehrwerken werden einige Beispiele nach diesem Verfahren gerechnet – in keiner Veröffentlichung ist mir jedoch die systematische Untersuchung auch nur eines Horoskops mit der Methode der Mundandirektionen begegnet.
2.7 Direktionen nach RA und OA
Hier werden Direktionsbögen einfach als Differenzen der geraden oder schrägen Aufsteigung (mit der Polhöhe des Geburtsortes) der beteiligten Horoskopfaktoren berechnet.
Gleich mit welchem mundanen Positionskonzept man arbeitet, sind Direktionen zum Aszendenten stets Direktionen nach OA, Direktionen zum MC stets nach RA. Einige Autoren glauben, daß man auf diese Weise auch für andere Signifikatoren gültige Direktionsbögen erhält.
ULRIKE VOLTMER, die mit dem vereinheitlichten Direktionssystem arbeitet (siehe 2.4), erweiterte das progressive Horoskop um die interplanetaren Direktionen nach RA, die nach ihren Erfahrungen oft gute Ergebnisse bringen ([UV]).
Direktionen nach RA entsprechen in natürlicher Weise dem Häusersystem des ALCABITIUS, während man die OA-Direktionen als Standardverfahren mit KOCH-Häusern interpretieren kann. Tatsächlich empfahl Koch Direktionen nach OA ([KK]).
2.8 Näherungsweise Direktionsberechnung
Mit Hilfe einer Häusertafel, die die RAMC als Winkelgröße auflistet, lassen sich Direktionen näherungsweise berechnen. Die mundane Position eines Planeten kann mit einem simplen Dreisatz abgeschätzt werden: Man setzt die Länge des Hauses, in der er sich befindet, 30 Mundangraden gleich und fragt, wieviel Mundangrade er sich von der Hausspitze entfernt befindet.
Hat man auf diese Weise die mundane Position des Signifikators ermittelt, ist in einem zweiten Schritt festzustellen, wann der ekliptikale