4.) Bestimme die direkten bzw. conversen Längen der Signifikatoren aus mundaner Position und direkter bzw. converser RAMC. Das sind diejenigen Ekliptikpunkte, die zur direkten bzw. conversen RAMC die mundane Position des Signifikators haben.
5.) Wenn sich in der Nähe der so gefundenen Längen ein sensitiver Ort befindet, so ist er als Promissor zu nehmen und die exakte Fälligkeit der entsprechenden Direktion gemäß Abschnitt 2.2 zu berechnen.
Für Schritt 5 ist die Anfertigung einer Aspekttafel hilfreich. Das ist eine Auflistung aller sensitiven Ekliptikpunkte des Horoskops, also aller Aspektpunkte (starke und schwache Aspekte), aller Halbdistanzpunkte, der Häuserspitzen sowie eventuell der genauen Positionen der hellsten ekliptiknahen Fixsterne (z.B. wenn ein Fixstern im Radix eine besondere Rolle spielt). Die Sortierung sollte nach der auf 0 bis 30 Grad reduzierten Länge erfolgen, so daß die Kontakte eines convers oder direkt geführten Signifikators bequem abgelesen werden können. Mit einer wie in Abschnitt 3.2 dargestellten Aspekttafel läßt sich schnell ermitteln, welche Aspekte und Halbsummen ein dirigierter Faktor in einem bestimmten Tierkreisbereich gerade durchläuft. Auch zur Korrektur der Geburtszeit ist die Aspekttafel ein geeignetes Hilfsmittel. Einzelheiten zur Erstellung einer solchen Tafel findet man in dem Buch Aspektanalyse von E. C. KÜHR genauer ausgeführt ([EK2]).
2.4 Der Direktionsschlüssel
Der Direktionsbogen ist ein Winkel. Er wird in Zeit umgewandelt nach einem der folgenden Schlüssel:
Der Schlüssel nach Wahrer Zeit und die Proportion Tag:Jahr
Die Analogie zwischen (wahrem) Sonnentag und (tropischem) Jahr ist allgemein anerkannt und wird z.B. von KEPLER wie folgt begründet: Hinwiederum will bei mir die Lehre von den Direktionen ein feines Ansehen gewinnen, wenn ich mit COPERNICUS die Erde umgehen lasse, denn alsdann findet sich die Proportion Tag zu Jahr gleich 1:365 unserem domicilio, unserer Hütte, Wohnung oder unserem Schiff, darinnen wir in der Welt herumgeführt werden, natürlich eingepflanzt. Und es ist deswegen desto glaubhafter, daß in den Direktionen und Nativitäten der Menschen, welche dieses Schiffes Einwohner sind, diese Proportion auch regieren solle: Wie es denn die Astrologen lehren ([Ke], Th. 41).
Der Natur der Analogie entspricht es, daß ein wahrer Tag, das heißt die Zeit zwischen zwei oberen Kulminationen der Sonne, einem tropischen Jahr, d.h. der Zeit zwischen zwei Frühlingsanfängen gleichgesetzt wird. Es ist allerdings für Sekundärdirektionen völlig unerheblich, welchen Tages- und Jahresbegriff man verwendet.
Durch strikte Fortführung der Analogie des wahren Tages mit dem tropischen Jahr gelangten KEPLER ([Ke2]) und nach ihm PLACIDUS([P1]) und Z. WASSILKO-SERECKI([WS]) zu einem vereinheitlichen Direktionssystem. Dabei werden die Achsen nach dem Rektaszensionsfortschritt der sekundären Sonne, die Planeten aber sekundär geführt und in einer Horoskopfigur eingetragen – dies ist das progressive Horoskop. Nach Konstruktion ist also die Meridionaldistanz9 der Sonne in allen progressiven Horoskopen die gleiche – nämlich die der Radix. Das n-te progressive Horoskop ist ein genaues Abbild des Himmels, wie er sich nach Vollendung des n-ten wahren Tages nach der Geburt darbietet. Dies ist auch das Hauptargument, mit dem Wassilko-Serecki dieses Direktionsverfahren begründet: Das einzig Symbolische beim Dirigieren nach Wahrer Zeit ist der Schlüssel 1 Tag = 1 Jahr. Alles Übrige ist konsequent hergeleitet.
Der Nachteil: Wer so argumentiert, bekommt nur eine Begründung für das progressive Häusersystem, nicht aber für die interplanetaren Primärdirektionen. Die Zwischenhausdirektionen und die Sekundärdirektionen bekommen so mehr Gewicht als ihnen traditionell zusteht. Das Direktionsverfahren nach Wahrer Zeit, wie es Wassilko-Serecki propagiert, bedeutet praktisch eine Eliminierung der Primärdirektionen zugunsten der Sekundärdirektionen.
Wesentlicher Gedanke bei den Primärdirektionen ist doch, daß sich dem Menschen nicht nur die ekliptikalen, sondern auch die mundanen Positionen der Faktoren des Geburtshoroskops einprägen, so daß er sensibel wird für die kurz nach (bzw. vor) der Geburt erfolgenden Übergänge anderer Faktoren über diese mundanen Positionen. So wie der Zeitpunkt von Bedeutung ist, wann nach der Geburt ein Planet aufgeht oder kulminiert, so ist es auch wichtig, wann ein Planet die Hausposition eines anderen Planeten erreicht.
Wenn man diesen Gedanken akzeptiert und damit zu dem Direktionsschlüssel noch eine weitere Hypothese hinzufügt, so ist es durchaus möglich, auch interplanetare Direktionen mit dem Wahre-Zeit-Schlüssel zu kombinieren:10 Das läuft darauf hinaus, daß man im progressiven Horoskop für das n. Lebensjahr, das wie üblich auf den Zeitpunkt berechnet wird, zu dem die Sonne n Tage nach der Geburt die radikale Meridionaldistanz erreicht, nicht nur die gerade aktuellen Häuserspitzen und Planetenstände einträgt, sondern auch diejenigen Ekliptikpunkte kennzeichnet, die im progressiven Häusersystem so stehen wie die Planeten im Geburtshoroskop – das sind eben die primären Planetenstände.
Der Wahre Zeit-Schlüssel ist im Gegensatz zu allen anderen Schlüsseln ein gleitender, kein fester. Das heißt, man erhält das Ereignisalter nicht durch Multiplikation des Direktionsbogens mit einem festen Schlüsselwert. Um den Schlüssel graphisch zu veranschaulichen und mit den anderen Schlüsseln vergleichen zu können, berechneten wir den ’best-approximierenden festen Schlüssel’, der 72 Tage nach der Geburt im Mittel die geringsten Abweichungen vom Wahre Zeit-Schlüssel hat. Zu beachten ist, daß dieser feste Schlüssel nur für direkte, nicht für converse Direktionen eine Approximation des Wahre Zeit-Schlüssels darstellt: Mit diesem Schlüssel berechnete Direktionsbögen unter 72 Grad unterscheiden sich um höchstens 1° 11' von den mit dem Wahre Zeit-Schlüssel berechneten Bögen. Gegen die Sonnenlänge in Grad abgetragen, ergibt sich folgendes Bild:
Abbildung 2: Verlauf des Wahre-Zeit-Schlüssels
Der Ptolemäusschlüssel
Die Alternative zu den Direktionen nach Wahrer Zeit ist, wie schon erwähnt, die Auffassung, daß die Primärdirektionen sich kurz vor oder nach der Geburt bilden, hervorgerufen durch die Erddrehung um ihre eigene Achse. Man benötigt also einen Schlüssel, um Zeiträume in der Dimension von Minuten bis einigen Stunden in Jahre umzuwandeln. Der Schlüssel 1 Tag gleich 1 Jahr ist hierfür nicht geeignet. Die älteste Alternative stellt der Schlüssel von PTOLEMÄUS dar, wonach ein Grad des Direktionsbogens einem (tropischen) Sonnenjahr entspricht.
Der PTOLEMÄUS-Schlüssel ist der traditionelle Direktionsschlüssel; er war bis ins 16. Jahrhundert allgemein üblich und wird in neuerer Zeit in den Lehrbüchern von LEO ([HG]), BRANDLER-PRACHT ([BP]), PEARCE ([Pe]) und PARIS ([Pa]) empfohlen.
Die Schlüssel Naibod und diei motu
Die Schlüssel von NAIBOD und diei motu (lat. ’’gemäß der täglichen Bewegung” (der Sonne)) werden folgendermaßen begründet: Wegen der Analogie des Tages mit dem Jahr entspricht der tägliche Lauf der Sonne ihrem jährlichen. Das heißt, der Bogen, den die Sonne an einem Tag am Äquator zurücklegt, muß einem Jahr gleichgesetzt werden. Da dieser Bogen variiert, nimmt NAIBOD den Durchschnittswert von 59' 8” für ein Jahr.
Abbildung 3: Der Schlüssel diei motu
Eine andere Rechtfertigung für den NAIBODschlüssel gibt KÜHR ([EK]):
Nimmt man hier statt des mittleren Tages den wahren Tag, so erhält man stattdessen den Schlüssel diei motu der durch den tatsächlichen Rektaszensionsbogen