Anatomie des Handy-Menschen. Matthias Morgenroth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Morgenroth
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783429064891
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Blindflug: Multitasking

       Offene Arbeitsfenster: Wandernde Aufmerksamkeit

       Scheingeschwindigkeiten: Missverständnisse des Schnellen

       Suchtpotential: Viele Dinge im Griff haben

      4. Der Uhr-Instinkt

       Polaritäten: Der Rhythmus der Naturzeit

       Einteilungen: Der Takt der Uhrzeit

       Handyzeit: Immer auf dem Punkt statt pünktlich

       Zeitkollaps: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen

       Verspielt: Das Glück des Fließens

       Wunschmaschinen: Der Jagdinstinkt

      5. Weltvergesslichkeit

       Ewig on: Verlässlich bunt

       Ortlos: Alles in Reichweite

       Trost und Sicherheit: Rasender Stillstand

       Verloren: Die bessere Welt

       Die Grenzen des Zoombaren: Tiefe spüren

      6. Das Vertrauensseelchen

       Unser Freund: Unser Helfer

       Selbsttäuschung: Berechnet, nicht gemeint

       Was wir nicht sehen: Verraten und verkauft

       Stolz und Vorurteil: Teil der erlösten Welt

       Auslesbar: Die Metadaten sind die Botschaft

       Ende der gemeinsamen Welt: Microtargeting und Filterblasen

       Überwachung und Steuerung: Social Credit System

       Profiling: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß

       Meine Daten: Das Erdöl der digitalen Welt

       Durchsichtig: Gen-Code plus Daten-Bild

       Das Missverständnis: Ich habe nichts zu verbergen

       Menschengemachte Rechenregeln: Algorithmen sind nicht wie das Wetter

      7. Der Wisch-Welt-Daumen

       Im Großen und Gleichen: Alles hat sein Recht

       Wisch und weg: Mensch und Bot

       Emotionsmotor Handy: Die große Sorge

       In Wallung: Kampfmodus an

      8. Die Dunkellinse

       Was Schlagzeilen macht: Instinkt der Negativität

       Medien haben Regeln: Annäherungen an die Wahrheit

       Smarte Nachrichten: Wenn die Geschichte und die Erzähler verschwinden

       Der entfesselte Skandal: Jeder mischt mit

       Meditation der Hölle: Der Sog der isolierten Nachricht

       Gemeine-Welt-Syndrom: Ach ist es nicht schrecklich

       Aushalten: Schlecht und besser

       Informationstremolo: Wir sind überall, nur nicht bei uns

      9. Hornhaut auf der Seele

       Tausend Bilder: Kein Augenblick

       Nachlese in der Galerie: Reflexion statt Erleben

       Für dich geschossen: Dokumentation als Selbstzweck

       Unendlich viel: ist nichts

       Hinter Panzerglas: Ich und Du

      10. Der Daten-Virus

       Tief in uns: Die Motorisierung der Fortbewegung

       Die Enteignung der Straße: nicht mehr kreuz und quer, sondern rechts vor links

       Weiterfahren: Die Nähe ist zerstört

       Smart-Home: Das Handy als Cockpit

       Internet der Dinge: Komfort, Sicherheit, Nachhaltigkeit

       Ohne uns: Wir können uns rausrechnen

       Praktisch: Apps nehmen uns das Leben ab

       Verrechnungen: Transformator Smartphone

       Ende der Verantwortung: Vermessung des Körpers

       Der Vergleich des Unvergleichlichen: Alles verrechenbar

      11. Die Schäm-dich-Backe

       Die vierte Kränkung der Menschheit: die Antiquiertheit

       Rückzugsgefechte: Was ist das Humanum?

      Nebenwirkungen: Spiegel im Spiegel

      Anmerkungen

      Literaturverzeichnis

      Beipackzettel: Liebe macht blind

      Du hast eine Anatomie des Handy-Menschen in der Hand. Ein kleines anatomisches Lehrbuch. Eine Momentaufnahme. Manches ist noch unscharf. Manches versteckt sich noch. Manches wird sich wieder verwachsen. Aber schon der erste Blick zeigt: Wir sind nicht mehr dieselben. Wir sind über uns hinausgewachsen.

      Wir haben einige neue Organe entwickelt, die unsere medizinischen Lehrbücher und Gesundheitslexika nicht kennen. Darum ist die bevorstehende Tomographie des smarten Menschen eine Entdeckungsreise. Ein echtes Forschungsgebiet. Mit Risiken und Nebenwirkungen. Wir sind mehr oder minder auf uns allein gestellt, aber wir müssen da durch, wenn wir uns weiterhin selbst verstehen wollen. Wenn wir freie Menschen bleiben wollen.

      Einige Spezialisten haben wir natürlich bereits an unserer Seite. Ein wenig seelsorgerliche Begleitung aus den Fachbereichen Philosophie, Ethik, Soziologie, Medienkunde, Kommunikationswissenschaft, aus der Mathematik, der Hirnforschung und verschiedenen therapeutischen Disziplinen, dazu Wissenschaftsjournalisten und Feuilletonisten. Denn natürlich versuchen gegenwärtig viele, das Neue zu fassen, was uns umgibt, prägt und was wir mit unserem Handyleben wiederum mitprägen. „Fassen“ ist in diesem Zusammenhang das richtige Wort, denn irgendwie scheinen uns die Gedanken und Gefühle rings um das Neue sofort wieder zu entgleiten, weil die digitale Revolution keine Rücksicht auf menschliches Zeitempfinden nimmt. Sie ist „disruptiv“, sprengt mit großer Macht vieles auf, ohne Rücksicht auf Verluste. Wir sind nicht mehr dieselben – und diese Veränderung geht auf der einen Seite so rasend schnell, dass im Alltag kaum einer dazu kommt, darüber mit Sinn und Verstand zu reflektieren. Auf der anderen Seite geht sie so unbewusst und selbstverständlich vonstatten, dass wir oft gar kein klar umrissenes Bild davon haben, worüber denn zu reflektieren wäre, sollten wir doch einmal vom Display aufschauen und innehalten. Wir bemerken nur dieses diffuse Gefühl, dass wir uns verändert haben und uns ständig weiterverändern, gemeinsam mit der Zeit, in der wir leben. Und mit dem Smartphone in der Hand. Die Corona-Krise hat dabei die Entwicklung der vergangenen Jahre noch einmal radikalisiert – aber auch manches wieder neu in Frage gestellt.

      Man kann die Folgen dessen, was Digitalisierung genannt wird, technisch, mathematisch, biologisch, psychologisch, wirtschaftswissenschaftlich, soziologisch, philosophisch, ethisch und sicher noch auf ein Dutzend andere Weisen beschreiben. Wir werden es in diesem etwas anderen Anatomie-Lehrbuch im umfassenden Sinne des Wortes menschlich angehen. Wir gehen nicht vom „User“ aus, sondern vom Menschen. Vom ganzen Menschen, den ich als lebendiges, vielschichtiges, prinzipiell weltoffenes Wesen verstehe. Es geht um uns. Um dich und mich.

      Wie jede bahnbrechende kulturelle Errungenschaft ist auch das Smartphone sowohl Ausdruck als auch Motor des Neuen. Es ist Konzentrationspunkt